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Mehrere Erben

Erbenge­mein­schaft: Vereint im Streit?

Bei Erbengemeinschaften gilt meistens: je mehr Erben, desto mehr Meinungen. © Quelle: Walter/gettyimages.de

Es können mehrere Kinder sein, die ein Vater hinterlässt, oder eine Gruppe von Nichten und Neffen, die von ihrer Tante im Testament begünstigt werden: Wenn mehrere Menschen eine Person beerben, bilden sie eine Erbenge­mein­schaft. Die sogenannten Miterben verfügen dann gemeinsam über das geerbte Vermögen. Nicht selten kommt es in einer Erbenge­mein­schaft zu Meinungs­ver­schie­den­heiten und Streit.

„Eine Erbenge­mein­schaft ist ein Club, in dem man sich die Mitglied­schaft nicht ausgesucht hat“, bringt Prof. Dr. Andreas Frieser, Fachanwalt für Erbrecht und Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) den Konflikt auf den Punkt. Zu der Trauer über den Tod eines Angehörigen komme dann womöglich noch der Streit mit den anderen Miterben darüber, wie mit dem Erbe verfahren werden soll.

…bis dass die Ausein­an­der­setzung uns scheidet

Eine Erbenge­mein­schaft besteht solange, bis das Erbe aufgeteilt beziehungsweise – im juristischen Fachjargon – ausein­an­der­gesetzt wird. Hat ein Erblasser kein Testament gemacht, kann das Erbe sofort unter den Miterben aufgeteilt werden. Soll das Erbe laut Testament zunächst nicht aufgeteilt werden, ohne dass der Erblasser einen konkreten Zeitraum festgelegt hat, darf die Erbmasse 30 Jahre lang nicht ausein­an­der­gesetzt werden.

„Erblasser können im Testament auch ein längeres sogenanntes Ausein­an­der­set­zungs­verbot festsetzen“, informiert Anwalt Prof. Frieser. Dies müsse keine in Jahren bemessene Frist, sondern könne auch an ein Ereignis gebunden sein. So könnten Erblasser zum Beispiel verfügen, dass eine Immobilie bis zum Tod des jüngsten Kindes nicht verkauft werden dürfe. „Das kann sinnvoll sein, wenn dieses Kind im Haus wohnt oder seine Interessen aus anderen Gründen besonders geschützt werden sollen“, erklärt der Erbrechts­experte.

Verfügung versus Verwaltung

Solange das Erbe nicht ausein­an­der­gesetzt ist, gilt: In allen Entschei­dungen, die mit Blick auf das Erbe getroffen werden, müssen sich die Miterben zumindest mehrheitlich einig sein. Bei einigen Dingen ist auch eine einstimmige Entscheidung nötig. Entscheidend ist, ob es sich um eine Verwaltung oder eine Verfügung handelt.

Für Fragen, die die Verwaltung betreffen, genügt meist ein Mehrheits­be­schluss. Voraus­gesetzt, es geht nicht um eine völlige Umgestaltung des betroffenen Nachlass­ge­gen­standes. Die Verwaltung umfasst alle Maßnahmen laufender Geschäfte. Das heißt, alle Handlungen, die dazu beitragen, das Vermögen zu erhalten.

Anders bei Verfügungen: „Verfügungen sind mit einer Rechts­än­derung verbunden – hierzu bedarf es der Zustimmung aller Miterben“, erklärt Rechts­anwalt Frieser. Wie der Erbrechts­experte weiter erläutert, gelte das unter anderem, wenn ein Grundstück oder eine Immobilie verkauft werden soll.

Im Fall unserer Beispiel­familie würde das bedeuten: Wenn die Frau und die beiden Kinder gemeinsam ein Haus geerbt haben, müssen sie es regelmäßig renovieren und sanieren. Wenn nun die Fenster saniert werden sollen, braucht es keine einstimmige Beschluss­fassung, um eine Sanierung in Auftrag zu geben. Es genügt, wenn eines der Kinder und die Mutter dafür sind und sich auf das Angebot eines Handwerks­be­triebs einigen können.

Möchte nun einer der Miterben das Haus verkaufen, zum Beispiel weil die Mutter einen Platz im Pflegeheim und dafür Geld braucht, müssen damit alle einver­standen sein. Das gilt auch bei einer Belastung des Hauses. Wichtig: Wer nicht damit einver­standen ist, muss seinen Entschluss nicht begründen. Es besteht keine Verpflichtung, zu den Motiven Auskunft zu geben.

Verwaltung kann Verfügung schlagen

Verwaltung und Verfügung sind im Gesetz zwar klar voneinander abgegrenzt. Dennoch sind Fälle denkbar, in denen sich Verfügung und ordnungs­gemäße Verwaltung überschneiden. So gelten Kündigungen von Verträgen, die die Erbenge­mein­schaft abgeschlossen hat, zwar in der Regel als Verfügungen.

Einen Vertrag zu kündigen, kann aber auch unter ordnungs­gemäße Verwaltung fallen – mit entspre­chenden Folgen für die erforderliche Zustimmung. So hat das Oberlan­des­gericht Brandenburg kürzlich entschieden, dass Bankkonten mit der Mehrheit einer Erbenge­mein­schaft gekündigt werden können, wenn das Geld auf einem anderen Konto zinsgünstiger anlegt werden kann.

„Jeder Miterbe ist verpflichtet, ordnungs­gemäßen Maßnahmen zur Verwaltung des Erbes zuzustimmen – auch gegen den Willen einiger anderer Miterben“, informiert der Rechts­anwalt. Das besage § 2038 des Bürger­lichen Gesetz­buches. In Ausnah­me­fällen könne sogar der Verkauf eines Hauses als Verwal­tungs­maßnahme durchgehen, wenn die Erbenge­mein­schaft mehrere Häuser verwaltet und den Verkaufserlös in die Instand­haltung der anderen Häuser investieren möchte.

Drei Miterben, drei Meinungen?

Es wird klar: Einigkeit in einer Erbenge­mein­schaft kann den Umgang mit dem Erbe sehr erleichtern. In der Praxis gibt es jedoch häufig so viele Meinungen wie Miterben. Das ist nicht verwun­derlich. Zum einen geht es um ein hochemo­tionales Thema und sachliche Diskus­sionen sind häufig durch Trauer erschwert. Zum anderen sind vor allem bei großen Vermögens­werten viele Interessen im Spiel. Streit ist dann vorpro­grammiert.

In unserem Beispiel wäre folgender Fall denkbar: Die Mutter möchte das Haus sofort verkaufen, weil der Umzug ins Pflegeheim eilt. Der Sohn möchte das Haus auch verkaufen, aber noch etwas warten, weil er sich eine Preisstei­gerung erhofft. Und die Tochter möchte es aus emotionalen Gründen im Famili­en­besitz behalten. In diesem Fall muss das Haus versteigert werden, was lange dauern kann.

Erbenge­mein­schaft: heilsamer Einigungsdruck

Erbrechts­experte Frieser sagt: „Die schwierigen Ausein­an­der­set­zungs­regeln des Gesetzes sollen einen sogenannten heilsamen Einigungsdruck erzeugen.“ Solange sich die Miterben nicht geeinigt hätten, könne man mit dem Erbe schließlich nichts anfangen. Proble­matisch werde es aber, wenn sich der Streit um das Erbe lange hinzieht. Oft dauert es solange, dass einzelne Miterben versterben. Dann vergrößere sich die Erbenge­mein­schaft um deren Erben und damit die Anzahl potenziell anderer Meinungen.

Sie haben geerbt und können sich mit den anderen Miterben nicht einigen? Ein Rechts­anwalt kann helfen, Lösungswege aufzuzeigen, die richtigen Entschei­dungen zu treffen – und wichtige Fristen einzuhalten. Mit unserer Anwaltssuche finden Sie Ihre Rechts­an­wältin oder Ihren Rechts­anwalt für Erbrecht in Ihrer Nähe.

Datum
Aktualisiert am
24.02.2016
Autor
vhe
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1617
Themen
Erbschaft Erbstreit Familie Testament Tod

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