Nur wer erkennbar als Verbraucher online Waren bestellt, hat ein Widerrufs- und Rückgaberecht. Auf diese Formel lässt sich eine Entscheidung des Amtsgerichts München bringen. Die Folge in der Praxis: Bei Rechnungsstellung auf Betrieb oder Praxis gelten diese Rechte nicht.
Die Waschmaschine des Physiotherapeuten
Ein Münchner Physiotherapeut bestellte im Februar 2013 über das Internet bei einer Firma eine Waschmaschine zum Preis von 599 Euro. Hinzu kamen eine Garantieverlängerung in Höhe von 89 Euro sowie Versandkosten in Höhe von 39,90 Euro.
In der Eingabemaske gab er als Kundeninformation an „Physiotherapiepraxis“ und darunter seinen Namen mit der Adresse der Praxis im Zentrum von München. Als Lieferadresse nannte er seine Privatadresse. Für die Bestellung verwendete er die E-Mailadresse der Praxis. Die Rechnung bezahlte er per Sofortüberweisung von seinem privaten Konto. Nachdem die Waschmaschine im März 2013 an die Privatadresse ausgeliefert war, erklärte der Mann den Widerruf des Geschäfts. Er habe als Privatperson und Verbraucher die Waschmaschine online bestellt und daher ein Widerrufs- und Rückgaberecht.
Die Firma wollte die Maschine nicht zurücknehmen. Sie war der Meinung, dass dem Käufer kein Widerrufsrecht zustehe, da er nicht als Verbraucher und Privatperson, sondern in seiner Eigenschaft als Inhaber einer Physiotherapiepraxis die Maschine bestellt habe.
Aktuelle Rechtssprechung des Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof hat den Rechten der
Verbraucher beim Internet-Shopping Grenzen gesetzt. Wer im Internet bestellte Produkte
ausführlicher testet, als das im Geschäft möglich gewesen wäre, und sie dabei
beschädigt, bekommt nicht den vollen Kaufpreis zurück.
Online-Verträge
können grundlos widerrufen, der Kaufpreis muss dann erstattet werden. Zuvor
dürfen Verbraucher die «Eigenschaften und Funktionsweise» der Sachen testen.
Das soll ausgleichen, dass man Waren nicht wie im Laden anfassen kann, sagte
die Vorsitzende Richterin Karin Milger bei der Verhandlung. Mehr Rechte sollen
daraus nicht entstehen. (Az.: VIII ZR 55/15)
Rechnung auf Praxis – kein Widerrufs- und Rückgaberecht
Die Richterin gab dem Waschmaschinenlieferanten Recht: Der Physiotherapeut habe als Kundennamen nicht seinen Namen, sondern die Physiotherapiepraxis sowie darunter seinen Namen angegeben. Dies sei so zu verstehen, dass der Vertrag mit der Praxis abgeschlossen werden solle, deren Inhaber der Kläger sei. Hierfür spreche auch, dass die E-Mailadresse der Praxis für die Bestellung verwendet wurde.
Da der Käufer bei der abweichenden Lieferadresse die Namensangaben nicht geändert habe, sei für die Firma nicht erkennbar gewesen, dass es sich nicht um eine weitere Praxisadresse, sondern um die Privatwohnung gehandelt habe. Auch durch die Bezahlung vom Privatkonto hätten keine Zweifel an dem Handeln des Käufers als Selbstständiger aufkommen können. Für die Beurteilung, ob der Käufer Verbraucher sei, komme es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an, so dass Vorgänge nach dem Vertragsschluss, hier also die Zahlung kurze Zeit darauf, ohne Belang seien (Amtsgericht München, Urteil vom 10. Oktober 2013; AZ: 222 C 16325/13)
Fazit
Wer als Selbstständiger oder Gewerbetreibender – vielleicht aus steuerlichen Gründen – etwas online bestellt, kann sich nicht auf die Rechte eines Verbrauchers berufen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 13.10.2016
- Autor
- red