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Rentenversicherung

Musikschul­lehrer versiche­rungs­pflichtig beschäftigt

Selbstständig oder angestellt? Das einscheidet über die Rentenversicherungspflicht von Beschäftigten. © Quelle: Artranq/fotolia.com

Auf vielen Ebenen wird – zum Nachteil der Betroffenen – versucht, Kosten zu drücken und eine Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht zu umgehen. Dabei dient diese dem Schutz des Betroffenen. Dies passiert auch Musiklehrern an städtischen Musikschulen.

Die Stadt Essen scheiterte mit ihren Sparplänen zu Lasten der Betroffenen: Obwohl die städtische Musikschule mit dem Musiklehrer Honorar­verträge abgeschlossen hatte, muss sie für ihn  Sozial­ver­si­che­rungs­abgaben abführen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 2016 (AZ: L 8 R 761/14), wie die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitteilt.

Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht trotz Honorar­ver­trägen?

Der Fall: Der Musiklehrer war bereits von 2005 bis 2007 angestellter Musiklehrer an einer städtischen Musikschule. Die Stadt wollte aber auf Kosten des Nachwuchses sparen. So beschloss der Rat der Stadt Ende 2008, zur Einsparung von Kosten Musiklehrer so weit wie möglich durch Honorar­kräfte zu ersetzen. Also wurde der Gitarrist in den Jahren 2011 bis 2014 bei der Stadt im Rahmen von Honorar­ver­trägen an der gleichen Musikschule tätig.

Sein Stunden­umfang lag zwischen sieben und zwölf Unterrichts­stunden pro Woche und wurde dem jeweiligen Unterrichts­bedarf angepasst. Schule und Lehrer verein­barten ausdrücklich eine „selbständige Tätigkeit als freier Mitarbeiter". Dem Unterricht war laut Honorar­vertrag das Lehrplanwerk des Verbandes deutscher Musikschulen zugrun­de­gelegt.

Die Deutschen Renten­ver­si­cherung Bund erließ einen Bescheid. Demnach sei der Gitarren­lehrer an einer städtischen Musikschule versiche­rungs­pflichtig in allen Zweigen der Sozial­ver­si­cherung – somit hinsichtlich der Kranken­ver­si­cherung und bei der Rente.

Urteil: Stadt muss Sozial­abgeben für Musiklehrer bezahlen

Die Stadt unterlag in zwei Instanzen. Nachdem das Sozial­gericht bereits die Ansicht der Renten­ver­si­cherung bestätigt hatte, wurde die Berufung der Stadt in zweiter Instanz zurück­ge­wiesen.

Nach Auffassung des Landes­so­zi­al­ge­richts liegt eine Einglie­derung in die Arbeits­or­ga­ni­sation der Musikschule und damit ein Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis vor. Somit müssten die Abgaben zur Krankenkasse und zur Renten­ver­si­cherung Bund sowie zur Pflege­ver­si­cherung gezahlt werden.

Es kam auf die Ausgestaltung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses an:

-    Weisungs­ge­bun­denheit

Der Gitarren­lehrer ist bei seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang vertrag­lichen Vorgaben unterworfen und insbesondere durch die Rahmen­lehrpläne gebunden. Die trotzdem immer noch vorhandene pädago­gische Freiheit ist auch bei angestellten Lehrkräften üblich. Sie ändert nichts daran, dass der Gitarren­lehrer als Beschäf­tigter anzusehen ist.

-    Keine Wahlfreiheit

Auch hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsorts sowie der Auswahl der Schüler ist er nicht wie ein typischer Selbständiger ‚frei’ gewesen.

-    Kein unterneh­me­risches Risiko

Der Lehrer trägt kein Unterneh­mer­risiko, dem gleich­wertige unterneh­me­rische Chancen gegenüber­stehen.

Das Urteil hat grundsätzliche Bedeutung für den Status von Lehrern an Musikschulen, so die DAV-Sozial­rechts­anwälte. Das Urteil zeigt auch, dass man sich nicht alles gefallen lassen muss. Auch der Mann hätte gegen diese Einstufung vorgehen können. Mit der Entscheidung ist seine Absicherung wesentlich verbessert worden.

Datum
Aktualisiert am
15.08.2016
Autor
red/dpa
Bewertungen
615
Themen
Arbeit­nehmer Freelancer Freibe­rufler Renten­ver­si­cherung

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