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Selbst­ständig tätig?

Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht eines im Krankenhaus tätigen Honorar­arztes

Wann unterliegen selbstständige Ärzte der Sozialversicherungspflicht? © Quelle: Westend61/gettyimages.de

Ob jemand abhängig beschäftigt ist oder selbst­ständig bzw. freibe­ruflich arbeitet, ist für die Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht entscheidend. Ist jemand angestellt, muss sich der Arbeitgeber an den Sozial­ver­si­che­rungs­bei­trägen beteiligen. Sonst trägt der Betroffene diese allein. Können sich Arbeitgeber vor ihrer Pflicht drücken?

Arbeitgeber müssen die Hälfte der Sozial­ver­si­che­rungs­beiträge ihrer Mitarbeiter zahlen. Doch wie sieht die Rechtslage bei Honorar­kräften aus? Zunächst muss man wissen, dass Gerichte Kriterien entwickelt haben, um genau zu prüfen, ob jemand selbständig oder abhängig beschäftigt ist.

So sind beispielsweise Honorarärzte, die entsprechend ihrer ärztlichen Ausbildung in den klinischen Alltag eingegliedert sind und einen festen Stundenlohn erhalten, in der Regel abhängig beschäftigt. Damit unterliegen sie der Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht. Die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert in diesem Zusammenhang über eine Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Nieder­sachsen-Bremen vom 16. Dezember 2015 (AZ: L 2 R 516/14).

Honorararzt des Kranken­hauses selbst­ständig?

Im zugrun­de­lie­genden Fall hatte das Krankenhaus mit einer Gynäkologin einen „Honorar­arzt­vertrag" geschlossen. Die Ärztin sollte für die Dauer von einem Monat Patienten in der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe betreuen und behandeln. Nach dem Wortlaut des abgeschlossenen Vertrags sollte sie als Selbst­ständige tätig sein, sich also selbst versichern. Der Vertrag kam über eine Onlinever­mittlung zustande.

Als Stundenlohn wurden 60 Euro vereinbart. Die Patienten wurden der Ärztin zugewiesen. Die Behandlung erfolgte entsprechend der Ausbildung selbst­ständig, das Letztent­schei­dungsrecht hatte der Chefarzt. Die Gynäkologin arbeitete im Team mit den im Krankenhaus tätigen weiteren Ärzten und dem nichtärzt­lichen Personal.

Das Krankenhaus beantragte bei der Renten­ver­si­cherung die Feststellung des sozial­ver­si­che­rungs­recht­lichen Status der Gynäkologin. Die Renten­ver­si­cherung stellte fest, dass die Ärztin im Krankenhaus im Rahmen eines abhängigen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses tätig war und daher Versiche­rungs­pflicht in der Kranken-, Pflege­ver­si­cherung und nach dem Recht der Arbeits­för­derung bestehe (von der gesetz­lichen Renten­ver­si­che­rungs­pflicht war die Frau befreit).

Gericht: keine Selbst­stän­digkeit – Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht!

Das Krankenhaus muss sich an den Sozial­ver­si­che­rungs­bei­trägen beteiligen. Nach Auffassung des Landes­so­zi­al­ge­richts in Celle ist die Gynäkologin in dem Krankenhaus abhängig beschäftigt und damit sozial­ver­si­che­rungs­pflichtig.

Beurtei­lungs­maßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäf­tigung sei § 7 Abs. 1 SGB IV. Dabei kommt es auf folgende Punkte besonders an:

- Einglie­derung in den Betrieb

Dabei ist die jeweilige Tätigkeit zu beurteilen, nach der der einzelne Dienst angetreten wurde. Die Ärztin hat im Team mit anderen Mitarbeitern des Kranken­hauses gearbeitet.

- Weisungs­ge­bun­denheit

Sofern der Chefarzt ihr keine konkreten Vorgaben erteilte, konnte die Ärztin zwar selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge sie die ihr jeweils zugewiesenen Patienten behandelte. Dies entspricht jedoch dem Ablauf auf Station. Es kommt dabei nicht darauf an, wie häufig der Chefarzt tatsächlich Weisungen erteilt.

- Unterneh­me­risches Risiko

Die Gynäkologin hat kein unterneh­me­risches Risiko getragen. Als Gegenleistung für die von ihr erbrachte Tätigkeit erhielt sie eine Stunden­ver­gütung – typisch für Beschäftigte – von 60 Euro. Bezogen auf die Dienste hat die Ärztin – wie jeder andere Beschäftigte auch – allein das Risiko des Entgelt­ausfalls bei einer Insolvenz des Arbeit­gebers zu tragen. Eine Gewinn- und Verlust­be­tei­ligung, die für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spräche, waren im Vertrag nicht vorgesehen.

- Kein Einsatz eigenen Kapitals

Eigene Betriebs­mittel – bis auf die Arbeits­kleidung – setzte die Ärztin nicht ein. Es gab auch keine „eigene Betriebs­stätte“. Die Ärztin wurde in der Abteilung für Gynäkologie und im Kreißsaal eingesetzt. Die erforder­lichen Arbeits­mittel dort wurden gestellt.

Für die Betroffenen ist ihr sozial­ver­si­che­rungs­recht­licher Status entscheidend. Letztlich hängt davon ab, wie man abgesichert ist und wer die Kosten trägt. Im Zweifel sollte man sich durch einen Sozial­rechts­anwalt beraten lassen.

Datum
Aktualisiert am
24.09.2018
Autor
red/dpa
Bewertungen
158
Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Freelancer Freibe­rufler Sozial­ver­si­cherung

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