
Was versteht man unter Gewerbeschein?
Ein Gewerbeschein ist ein amtliches Dokument, das bescheinigt, dass eine natürliche Person ein Gewerbe betreibt. „Mit dem Gewerbeschein wird die Gewerbeanmeldung beim zuständigen Gewerbeamt bestätigt und sichergestellt, dass der oder die Gewerbetreibende eine zur Ausübung des angemeldeten Gewerbes ggf. erforderliche gesonderte Erlaubnis besitzt“, erklärt Rechtsanwalt Helmut Müller, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Mit Gewerbe ist eine selbstständige Tätigkeit gemeint, die auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Der Gewerbeschein ist also ein wichtiger Nachweis für die Legitimität einer Geschäftstätigkeit und wird beispielsweise oft von Geschäftspartnern, Kunden oder Behörden angefordert. Darüber hinaus ist er Grundlage für die Anmeldung von Geschäftskonten, zur Beantragung von Gewerbeversicherungen und Fördermitteln.
In § 14, Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) heißt es: „Wer den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle anfängt, muss dies der zuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen.“
Mit „stehendem“ Gewerbe ist jeder Gewerbebetrieb gemeint, der seinen Standort an einer ständigen Niederlassung hat.
Wer kann einen Gewerbeschein beantragen?
In Deutschland gilt der Grundsatz der Gewerbefreiheit (§ 1, GewO). Dieser gestattet allen Bürgerinnen und Bürgern den Betrieb, sofern keine gesetzlichen Ausnahmeregelungen Anwendung finden. In der Regel kann jeder, der ein Betrieb aufnehmen möchte, dieses Dokument beantragen. Dabei ist es unerheblich, ob man als Einzelperson oder als Unternehmen agiert. Allerdings kann es je nach Art des Gewerbes und dem Ort der Betriebsstätte Unterschiede geben, welche Behörden für die Erteilung des Gewerbescheins zuständig sind und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen. (Ihr Kind ist Youtube-Star? Was das für die Beantragung eines Gewerbescheins bedeutet, erfahren Sie hier.)
Keinen Gewerbeschein beantragen müssen Freiberufler, dazu zählen beispielsweise Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Land- und Forstwirte, sowie freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten. Für diese Berufe muss lediglich eine Steuernummer beim Finanzamt beantragt werden.
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Wo kann man einen Gewerbeschein beantragen?
In Deutschland kann der Gewerbeschein bei der zuständigen Gewerbebehörde beantragt werden. Die Zuständigkeit liegt in der Regel beim Gewerbeamt oder Ordnungsamt der Stadt- oder Gemeindeverwaltung, in der das Gewerbe angemeldet werden soll. In manchen Fällen kann es auch erforderlich sein, weitere Genehmigungen oder Erlaubnisse bei anderen Behörden einzuholen, je nach Art des Gewerbes. Zum Beispiel kann es notwendig sein, eine Baugenehmigung oder eine Gaststättenerlaubnis zu beantragen.
Es ist empfehlenswert, sich vor dem Antrag auf einen Gewerbeschein bei der zuständigen Behörde über die genauen Anforderungen und Unterlagen zu informieren, die für den Antrag benötigt werden. Oftmals können Informationen auch online auf der Website der zuständigen Behörde abgerufen werden. Ein Muster-Formular für die Gewerbeanmeldung finden Sie hier.
(Hier erfahren Sie, warum Sie Scheinselbstständigkeit vermeiden sollten.)
Wie viel kostet die Beantragung eines Gewerbescheins?
Die Kosten sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und hängen von verschiedenen Faktoren wie der Art des Gewerbes und der Größe des Unternehmens ab. Im Durchschnitt betragen die Kosten zwischen 15 und 60 Euro. Zusätzliche Kosten können unter anderem für ein polizeiliches Führungszeugnis entstehen, wenn das Amt dies verlangt.
Welche Informationen beinhaltet der Gewerbeschein?
Im Einzelnen enthält der Gewerbeschein folgende Informationen:
- Name und Anschrift des Gewerbetreibenden
- Art des Gewerbes, für das der Gewerbeschein ausgestellt wurde
- Rechtsform des Unternehmens: Hier wird angegeben, ob das Unternehmen als Einzelunternehmen, Personengesellschaft (z.B. GbR) oder Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) betrieben wird
- Datum der Anmeldung
- Ort, an dem das Gewerbe angemeldet wurde
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Gewerbetreibenden
- Handelsregisternummer oder Gewerbenummer (je nach Gewerbeart)
- Zuständige Gewerbebehörde
Welche Vorteile hat der Gewerbeschein?
Folgende Vorteile bringt das amtliche Dokument mit sich:
- Legitimität: Der Gewerbeschein dient als offizieller Nachweis, dass das Gewerbe ordnungsgemäß angemeldet wurde und man somit berechtigt ist, Geschäftstätigkeiten auszuüben. Das bietet gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Behörden eine höhere Glaubwürdigkeit und Seriosität.
- Steuern: Durch den Gewerbeschein wird man automatisch als Gewerbetreibender erfasst und muss Gewerbesteuer entrichten. Diese kann als Betriebsausgabe steuermindernd geltend gemacht werden.
(Erfahren Sie, wie kleine Unternehmen Umsatzsteuer sparen.) - Rechtssicherheit: Der Schein gibt rechtliche Sicherheit, dass alle Vorschriften und Regelungen erfüllt wurden, die für das jeweilige Gewerbe gelten. So lassen sich Bußgelder oder andere Sanktionen vermeiden.
- Förderungen: Mit einem Gewerbeschein besteht Zugang zu verschiedenen Förderprogrammen, die von der öffentlichen Hand oder privaten Organisationen angeboten werden. Diese können bei der Gründung oder Erweiterung des Gewerbes helfen. (Weitere Informationen zu Förderprogrammen.)
- Bankkonto: Für die Eröffnung eines Geschäftskontos bei einer Bank benötigt man in der Regel das Dokument.
Steuerliche Vorteile
Mit einem Gewerbeschein können bestimmte Ausgaben im Rahmen des Unternehmens steuerlich geltend gemacht und somit Steuern gespart werden. Dabei handelt es sich um Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen.
Zu den absetzbaren Ausgaben gehören beispielsweise die Kosten für die Anschaffung von Waren und Materialien, Büro- und Geschäftsausstattung, Miete und Pacht, Telefon- und Internetkosten, Fahrtkosten sowie Fortbildungskosten. Allerdings sollte bei der Absetzbarkeit von Ausgaben beachtet werden, dass diese tatsächlich betrieblich veranlasst sind und durch Belege nachgewiesen werden können. Die Ausgaben werden in der Steuererklärung angegeben. Es ist empfehlenswert, sich von einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass alle Möglichkeiten der steuerlichen Absetzbarkeit im Rahmen des Gewerbes fehlerfrei genutzt werden können.
Was passiert, wenn ich keinen Gewerbeschein beantrage?
Wer eine gewerbliche Tätigkeit ausübt und keinen Gewerbeschein beantragt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Wenn Sie trotzdem gewerblich tätig sind, können Bußgelder oder andere Sanktionen verhängt werden. Im schlimmsten Fall kann dies zur Schließung Ihres Geschäfts führen oder zu einem Verbot, in Zukunft ein Gewerbe auszuüben. Es kann auch sein, dass Sie rückwirkend Steuern oder Sozialabgaben zahlen müssen, die Sie bei ordnungsgemäßer Anmeldung entrichtet hätten.
Daher ist es wichtig, dass Sie sich im Vorfeld informieren, ob für Ihre Tätigkeit eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist, und diese dann auch fristgerecht durchführen. Auf diese Weise vermeiden Sie unnötige rechtliche und finanzielle Risiken. In § 15 der GewO ist festgehalten, dass die zuständige Behörde den Betrieb ohne Zulassung stoppen darf.
Das so genannte „Gewerbezentralregister“ speichert Informationen zu Vergehen von Unternehmen, wie zum Beispiel Bußgeldentscheidungen oder Gewerbeuntersagungen. Eine Auskunft über mögliche Einträge kann beim zuständigen Amt beantragt und als Vorlage genutzt werden.
„Hobbyhotellerie“ nennen einige die Anbieter von Privatunterkünften wie AirBnB. (Lesen Sie hier, was Sie wissen müssen, wenn Sie Ihre Ferienwohnung vermieten wollen.)
Wie lange ist der Gewerbeschein gültig?
Es besteht keine festgelegte Gültigkeitsdauer. Sobald er ausgestellt ist, bleibt er grundsätzlich unbefristet gültig. Allerdings können sich Änderungen ergeben, die eine Aktualisierung des Gewerbescheins erfordern, zum Beispiel bei einer Namensänderung, die Verlegung des Firmensitzes oder einer Erweiterung der Geschäftstätigkeit.
Was muss ich tun, wenn ich mein Gewerbe aufgebe?
Wenn Sie Ihr Gewerbe aufgeben möchten, müssen Sie dies der zuständigen Gewerbebehörde mitteilen. Hierzu reicht in der Regel eine formlose schriftliche Erklärung aus, in der Sie angeben, dass Sie Ihr Gewerbe abmelden möchten und ab welchem Zeitpunkt dies geschehen soll. Bei einer Gewerbeabmeldung sind in der Regel noch weitere Schritte zu beachten, je nachdem, ob Sie beispielsweise eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID) besitzen, Mitarbeiter beschäftigen oder eine Gewerbeimmobilie nutzen.
Wenn Sie eine USt-ID besitzen, müssen Sie diese ebenfalls abmelden. Wenn Sie Mitarbeiter beschäftigen, müssen Sie diese abmelden und gegebenenfalls auch Abmeldungen bei der Krankenkasse und anderen Sozialversicherungsträgern vornehmen.
Die Gewerbeabmeldung ist wichtig, da Sie dadurch keine Gewerbesteuer mehr zahlen müssen und auch keine weiteren Verpflichtungen im Zusammenhang mit Ihrem Gewerbe haben. Wenn Sie es nicht ordnungsgemäß abmelden, kann dies dazu führen, dass Sie weiterhin Gewerbesteuer zahlen müssen oder dass Ihnen Bußgelder oder andere Sanktionen drohen.
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Berufskrankheit - Was Betroffenen zusteht

- Datum
- Aktualisiert am
- 20.04.2023
- Autor
- red/dav