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Ausbildungsfragen

Azubis: Gleiche Rechte wie andere Arbeit­nehmer?

Auszubildende haben teilweise andere Rechte als andere Arbeitnehmer - außer, sie sind minderjährig. © Quelle: saxlerb/fotolia.com

Vom Urlaubs­an­spruch bis Überstunden: Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt, welche Rechte Auszubildende haben.

Fast 1,5 Millionen junger Menschen waren Ende 2012 in einem Ausbil­dungs­ver­hältnis – so steht es im Berufs­bil­dungs­bericht 2014 des Bundes­in­stituts für Berufs­bildung. 1,5 Millionen also, die meist zum ersten Mal Geld verdienen und sich mit Dingen wie der eigenen Kranken­ver­si­cherung beschäftigen – aber auch dem ersten Arbeits­vertrag.

Da Auszubildende aber ihren Beruf erlernen und oftmals noch nicht volljährig sind, gelten teilweise andere Regeln als in regulären Arbeits­ver­hält­nissen zwischen Angestellten und ihren Chefs.

Arbeitszeit und Überstunden 

Grundsätzlich gilt: Zeitlich dürfen Azubis nur so viel eingebunden werden, wie es für ihre Ausbildung und zur Erlernung des Berufs notwendig ist – und vor allem nicht mehr. Für volljährige Auszubildende gelten dabei die gleichen Bestim­mungen, wie für andere Arbeit­nehmer: Mehr als 48 Stunden wöchentliche Arbeit sind nicht erlaubt; geregelt im Arbeits­zeit­gesetz.

Etwas anderes ist es bei Azubis unter 18 Jahren. Hier gilt das Jugend­ar­beits­schutz­gesetz, erklärt Dr. Johannes Schipp, Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Jugendliche dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich arbeiten.“ Wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt werde, dürften Jugendliche an den übrigen Werktagen derselben Woche aber auch mal achteinhalb Stunden eingesetzt werden, so der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Umkehr­schluss bedeutet das aber auch: Wer etwa tariflich vereinbart 35 Stunden in der Woche arbeitet, darf auch mal Überstunden machen müssen – bis die Schwelle der 40 Stunden erreicht ist.

Probezeit und Kündigung

Erst nach einer sechsmo­natigen Probezeit genießen Arbeit­nehmer einen gesetz­lichen Kündigungs­schutz – zuvor kann beidseitig und ohne Angaben von Gründen innerhalb von mindestens zwei Wochen gekündigt werden.

Bei Auszubil­denden gilt letzteres auch, allerdings darf die Probezeit nur zwischen einem und vier Monaten betragen. Sollte die Ausbildung in dieser Zeit um mehr als ein Drittel unterbrochen werden, verlängert sich die Probezeit um diesen Pause – bei kürzeren Unterbre­chungen geschieht das aber nicht.

Arbeits­leistung

Theoretisch kann eine Ausbildung verkürzt werden, sich aber auch verlängern. Wann das der Fall ist? „Diese Frage lässt sich schematisch nicht beantworten“, sagt Johannes Schipp. In Ausnah­me­fällen könne die zuständige Behörde auf Antrag Auszubil­dender die Ausbil­dungszeit verlängern, wenn das erforderlich sei, um das Ausbil­dungsziel zu erreichen. „Eine Verlän­gerung steht dann im Ermessen der Behörde und soll nur in Ausnah­me­fällen erfolgen“, so Rechts­anwalt Johannes Schipp.

Das Berufs­bil­dungs­gesetz sieht gleichermaßen eine Verkürzung vor. Sowohl der Auszubildende als auch der Ausbilder können sie bei der Behörde beantragen. Schipp: „Das wird von den Behörden regelmäßig nur dann zugelassen, wenn die Ausbildung überdurch­schnittlich gut verläuft und die Auszubil­denden in der Berufs­schule Noten erzielen, die nicht unter 2,5 beziehungsweise 2,2 liegen.“

Vergütung

Geht es ums Gehalt, gibt es so viele unterschiedliche Regelungen, dass sich keine allgemein gültige Aussage dazu treffen lässt. Das Berufs­bil­dungs­gesetz legt aber zumindest fest, dass Auszubildende eine „angemessene Ausbil­dungs­ver­gütung“ erhalten müssen, die mit der Dauer – mindestens jährlich – steigt. Als Orientierung dient hier das Ausbildungs- und nicht das Kalenderjahr. Und das Gehalt muss sowohl auch dann gezahlt werden, wenn die Auszubil­denden in der Berufs­schule sind, als auch bei unverschuldetem Fehlen, etwa aufgrund einer Krankheit – zumindest bis zu sechs Wochen. Anschließend besteht nach sozial­recht­lichen Vorschriften ein Anspruch auf Krankengeld.

Über die konkrete Höhe macht das Gesetz jedoch keine Angaben. Das hängt damit zusammen, dass die Vergütung Auszubil­dender meist in den Tarifver­trägen der jeweiligen Branche festgelegt wird.

So kein Tarifvertrag existiert, gibt es aber dennoch einen Richtwert, den das Bundes­ar­beits­gericht in einem Urteil von 2008 festgelegt hat (AZ.: 9 AZR 1091/06): Als Orientierung dienst das Tarifniveau der jeweiligen Branche. Auszubildende dürfen nicht weniger als 80 Prozent dieses Niveau erhalten – und das ab dem ersten Ausbil­dungsjahr. Bei einer außerbe­trieb­lichen Ausbildung, also einem Ausbil­dungs­ver­hältnis, das vollständig oder nahezu vollständig durch staatliche Programme finanziert wird, sollte die Vergütung 55 Prozent der branchen­üb­lichen tariflichen Vergütung betragen.

Was aber, wenn es weder einen Tarifvertrag für den Azubi gibt, noch ein Tarifvertrag für die Branche existiert? Dann legen die zuständigen Kammern die Vergütung fest.

Im Umkehr­schluss bedeuten diese vielen verschiedenen Regelungen aber auch, dass Auszubildende im selben Beruf unterschiedlich entlohnt werden können. Wenn sie beispielsweise zwar den gleichen Beruf ergreifen wollen, das aber bei unterschied­lichen Gewerben tun, für die andere Tarife in den Verträgen festgelegt sind. Gleiches kann auch ja nach Bundesland der Fall sein. Johannes Schipp von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im DAV, versteht, wenn dies als Ungerech­tigkeit empfunden wird, gibt aber zu bedenken: „Die Anforde­rungen an die Auszubil­denden in den verschiedenen Ausbil­dungs­zweigen sind ebenso unterschiedlich wie die wirtschaftliche Leistungs­fä­higkeit der Ausbil­dungs­be­triebe.“

Urlaub und Pausen

So der Auszubildende bereits volljährig ist, steht ihm der gleiche Erholungs­urlaub zu, wie jedem anderen Arbeit­nehmer, mindestens sind das 24 Werktage. Bei Tarifver­trägen kann die Tageanzahl aber auch höher liegen.

Hier muss allerdings zwischen Werk- und Arbeitstagen unterschieden werden. Werktage implizieren auch den Samstag. Auf eine Fünf-Tage-Woche gerechnet sind es also 20 Arbeitstage, die jedem Arbeit­nehmer – und volljährigem Azubi – zustehen.

Etwas kompli­zierter gestaltet sich die Regelung für minder­jährige Auszubildende, denn hier gilt das Jugend­ar­beits­schutz­gesetz. Wer unter 16 Jahre alt ist, hat mindestens 30 Werktage Erholungs­urlaub (unter 17 = 27, unter 18 = 25). Und auch hier gilt: Samstage mit einberechnet.

Bleibt die Frage: wann? Bei Auszubil­denden eine insofern mitunter knifflige Frage, da neben der praktischen Ausbildung auch die Berufs­schule zu absolvieren ist. Bleiben zwei Möglich­keiten: Entweder in den Berufs­schul­ferien, oder aber in der Berufs­schulzeit, wobei man an diesen Tagen trotzdem zur Schule muss. Der Arbeitgeber darf diese Tage dann nicht als Urlaub abrechnen. Übrigens dürfen Azubis mindestens zwei Wochen am Stück Urlaub nehmen – solange dieser in der berufs­schul­freien Zeit liegt.

Volljährigen Auszubil­denden kann aber – wie anderen Arbeit­nehmern auch – der Urlaub zumindest temporär verwehrt bleiben, sollten dringende betriebliche Erfordernisse dagegen sprechen – auch, wenn der Urlaubs­wunsch in der berufs­schul­freien Zeit liegt. „Dann muss gemeinsam ein nächst möglicher Zeitpunkt gefunden werden“, so Johannes Schipp.

Auch die Pausen­re­gelung unterscheidet sich je nach Alter. Auch hier gilt für Volljährige das gleiche wie für andere Arbeit­nehmer: Ab sechs Stunden Arbeit müssen 30 Minuten Pause gemacht werden, ab neun Stunden 45 Minuten. Als minder­jähriger Auszubil­dender muss die Arbeit bei mehr als viereinhalb Stunden 30 Minuten ruhen, ab sechs Stunden 60 Minuten. Was für alle gilt: Die Pausen müssen im Voraus festgelegt werden.

„Sollte ein Vorgesetzter die Ruhepausen mit der vorgeschriebenen Mindestdauer von 15 Minuten nicht oder nicht rechtzeitig zulassen, droht ihm ein Bußgeld, denn es handelt sich hierbei um eine Ordnungs­wid­rigkeit“, erklärt der Arbeits­rechts­experte Schipp.

Datum
Aktualisiert am
22.10.2015
Autor
ndm
Bewertungen
8423
Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Ausbildung Gehalt Urlaub

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