Rente

Wenn der Körper nicht mitmacht: Wer Erwerbs­min­de­rungsrente bekommt

Wann erhalten Arbeitnehmer eine Erwerbsminderungsrente? © Quelle: HeroImages/gettyimages.de

Krankheit oder ein Unfall können einem Arbeitsleben ein plötzliches Ende setzen. Und dann? Wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, seinen Job zu machen, kann er Erwerbs­min­de­rungsrente beantragen.

Ein Erwerbsleben dauert rund 40 Jahre - je nach Ausbildung oder Studium ein paar Jahre kürzer oder länger. Wegen einer Krankheit oder eines Unfalls müssen aber jedes Jahr mehrere Zehntausend Menschen ihren Job aufgeben, bevor sie das Rentenalter erreichen. Die Hauptur­sachen dafür sind nach Angaben des Bundes­mi­nis­teriums für Arbeit und Soziales (BMAS) Krankheiten oder Probleme mit Gelenken und Wirbelsäule, innere Krankheiten oder psychische Beschwerden.

„Der Körper fängt oft gerade dann an zu streiken, wenn man auf dem Höhepunkt der beruflichen Laufbahn ist“, sagt Christian Westhoff, stellver­tre­tender BMAS-Presse­sprecher. Damit aber etwa durch eine Krankheit und mit der vermin­derten Erwerbs­fä­higkeit - mit der oft der Verlust des Arbeits­platzes einhergeht - kein persön­liches Drama entsteht, gibt es die Erwerbs­min­de­rungsrente.

Die wichtigsten Informa­tionen:

Gesetzlich Versicherte: Wer hat Anspruch auf Erwerbs­min­de­rungsrente?

Die volle Erwerbs­min­de­rungsrente erhält, wer weniger als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann. Das kann wegen einer schweren oder chronischen Krankheit oder infolge eines Unfalls der Fall sein. Den Anspruch auf diese Leistung hat jeder, der vor Eintritt der Erwerbs­min­derung mindestens fünf Jahre lang Beiträge entrichtet und in den fünf Jahren vor Beginn der Rente drei Jahre lang eingezahlt hat.

Berufs­an­fänger sind im Falle eines Arbeits­unfalls vom ersten Arbeitstag an geschützt, wie Dirk von der Heide erläutert, Sprecher der Deutschen Renten­ver­si­cherung Bund. Ein privater Unfall ist unter bestimmten Voraus­set­zungen bereits nach einem Jahr Beitrags­zahlung abgesichert. Wichtig ist bei der Erwerbs­min­de­rungsrente, dass die Regelal­ters­grenze noch nicht erreicht ist. Zudem gilt bei der Erwerbs­min­de­rungsrente laut von der Heide der Grundsatz „Reha vor Rente“: „Zunächst wird geprüft, ob die Erwerbs­fä­higkeit durch medizi­nische oder berufliche Rehabi­li­tation wieder hergestellt werden kann.“ Das Ziel der Rehabi­li­tation ist klar: Der Arbeit­nehmer soll selbst seinen Lebens­un­terhalt bestreiten können.

Die Höhe der Erwerbs­min­de­rungsrente wird individuell berechnet, auf Grundlage der Versiche­rungsjahre in der Renten­ver­si­cherung und den Entgelt­punkten. Oft reicht das nicht, um den Lebens­un­terhalt zu bestreiten. Eine Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­cherung kann diese Lücke unter Umständen füllen.

Erwerbs­min­de­rungsrente für Versicherte: Gibt es eine Staffelung?

Es wird zwischen der Erwerbs­min­de­rungsrente wegen voller und teilweiser Erwerbs­min­derung unterschieden. Wer zwischen drei und unter sechs Stunden pro Tag arbeiten kann, kann eine Erwerbs­min­de­rungsrente wegen teilweiser Erwerbs­min­derung bekommen. Zusammen mit einer regulären Arbeit sollte das Geld dann zum Leben reichen. Wer weniger arbeiten kann, soll mit der Rente das Einkommen oder den Lohn ersetzen. Erwerbs­min­de­rungs­renten sind prinzipiell befristet auf drei Jahre, können aber verlängert werden.

Erwerbs­min­de­rungsrente: Gibt es Mindest­vor­aus­set­zungen beim Alter oder bei den Berufs­jahren?

Fünf Jahre lang müssen Beiträge entrichtet worden sein. „Zusätzlich müssen in den fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbs­min­derung drei Jahre mit Pflicht­bei­trägen für eine versicherte Beschäf­tigung oder selbst­ständige Tätigkeit belegt sein“, erläutert von der Heide. Eine Ausnahme gibt es für all jene, die bereits vor dem 1. Januar 1984 fünf Jahre lang Beiträge entrichtet hatten: Sie können auch ohne die drei Jahre Pflicht­beiträge renten­be­rechtigt sein - sofern sie lückenlos weiter­gezahlt haben.

Erwerbs­min­de­rungsrente: Darf man noch arbeiten, wenn man Erwerbs­min­de­rungsrente erhält?

Im Rahmen seiner eingeschränkten Möglich­keiten darf man bei der Erwerbs­min­de­rungsrente durchaus noch arbeiten oder auch selbst­ständige Einkünfte erzielen. Wer den vollen Satz erhält, darf im Monat 450 Euro dazuver­dienen und zweimal im Jahr sogar das Doppelte. Bei Selbst­ständigen werden häufig auch gleitende Sätze akzeptiert – in diesem Fall ist aber der zweimalige doppelte Verdienst nicht gestattet. Ist das Einkommen höher, wird laut von der Heide die Rente gekürzt oder nicht mehr gezahlt.

Mehr Geld darf zusätzlich zu seiner Erwerbs­min­de­rungsrente man verdienen, wenn teilweise Erwerbs­min­derung vorliegt. Die Grenzen werden individuell ermittelt, unter anderem sind sie von den erzielten Brutto­ar­beits­ent­gelten in den drei Kalender­jahren vor der Rente abhängig. „Reicht die Rente zum Lebens­un­terhalt nicht aus, können ergänzende Sozial­leis­tungen beantragt werden“, sagt von der Heide. Nicht zum Zuverdienst gehören Pflegegeld, Einkünfte als Behinderter und Einkünfte aus Kapital­vermögen oder Mietein­nahmen.

Übrigens: Die Rente wegen Erwerbs­min­derung wird während der gesund­heit­lichen Beeinträch­ti­gungen gezahlt. Die Erwerbs­min­de­rungsrente endet spätestens mit Erreichen der Regelal­ters­grenze. Die Altersrente wird dann unter Berück­sich­tigung der Renten­zeiten berechnet - ist diese aber niedriger als die bisherigen Zahlungen, greift ein Besitz­schutz.

Was muss man bei der Erwerbs­min­de­rungsrente steuerlich beachten?

Wie bei der Altersrente wird beim Bezug einer Erwerbs­min­de­rungsrente der Besteue­rungs­anteil nach dem Kalenderjahr ermittelt, in dem die Erwerbs­min­de­rungsrente beginnt. Weil die Erwerbs­min­de­rungs­renten oft schon in jüngeren Jahren bezogen werden, fallen sie entsprechend gering aus.

Dadurch werde ein Allein­ste­hender, soweit er keine anderen Verdienste hat, meist von der Steuer nicht behelligt. Bei Eheleuten hingegen besteht häufig die Pflicht zur Einkom­men­steu­er­erklärung.