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Arbeits­zeugnisse

Was der Chef bescheinigen muss

Wer kündigt, sollte möglichst schon vor dem letzten Arbeitstag ein Zeugnis verlangen. © Quelle: DAV

Gestritten, gekündigt, gewartet: Arbeit­nehmer haben es oft schwer, ein angemessenes Arbeits­zeugnis zu bekommen – gerade nach einem Abschied im Unfrieden. Sich gegen ein schlechtes Zeugnis zu wehren, kann sich durchaus lohnen.

Als Alina Wehmann den Briefkasten öffnete, war sie erleichtert. Ihr Arbeits­zeugnis war endlich da. Die PR-Beraterin hatte nach langem Zögern bei ihrem Arbeitgeber gekündigt. Der Job hatte ihr Spaß gemacht, aber es gab persönliche Differenzen mit einem Vorgesetzen. Obwohl sie nach der Kündigung immer wieder um ein Arbeits­zeugnis bat, ließ die Firma sie wochenlang warten.

„Glück“ statt „Erfolg“: Was tun bei negativen Formulie­rungen im Arbeits­zeugnis?

Alina Wehmann las das lang ersehnte Schreiben – und war entsetzt. Bei der Beschreibung ihrer Aufgaben fehlten wichtige Projekte. In der Abschieds­formel wünschte der Arbeitgeber ihr „Glück“ statt „Erfolg“ auf ihrem weiteren Berufsweg – in der Sprache der Arbeits­zeugnisse ein negatives Urteil. Denn wer in der Berufswelt „Glück“ benötigt, hat offensichtlich wenig Talent.

Ganz am Ende des Schreibens stand der Satz, der Alina Wehmann am meisten traf: „Sie hat die ihr übertragende Aufgaben zu unser vollen Zufrie­denheit erledigt.“ Im Arbeits­zeugnis-Deutsch keine gute Note, sondern eine glatte 3. „Das konnte ich nicht akzeptieren, weil ich vor dem Streit mit dem Vorgesetzen immer Lob für meine Arbeit bekommen hatte. Die von mir betreuten Kunden waren immer zufrieden“, sagt Wehmann.

Ein klärendes Gespräch lehnte der Arbeitgeber ab. Erst nach mehrfacher schrift­licher Auffor­derung erhielt Alina Wehmann ein neues Zeugnis. Ihre Tätigkeiten wurden nun vollständig aufgezählt. Die Firma weigerte sich aber, die mittel­mäßige Gesamtnote zu ändern. Wehmann empfand das schlechte Zeugnis als klaren Nachteil bei der Suche nach einem neuen Job.

Arbeits­zeugnis – das sollte drin stehen

Alle ihre Aufgaben im Job sollten im Zeugnis stehen. Außerdem: eine klare Bewertung aller Fähigkeiten, die in Ihrem Beruf wichtig sind. Ein guter Zeugnistext ist individuell formuliert und sprachlich ansprechend. Vorsicht: Eine übertrieben gute Bewertung kann unglaub­würdig sein. Besser: eine gute bis sehr gute Bewertung, die solide formuliert ist.

Arbeit­nehmer: Recht auf qualifi­ziertes Arbeits­zeugnis

Doch was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber ein zu negatives oder gar kein Arbeits­zeugnis ausstellt? „Arbeit­nehmer in Deutschland haben grundsätzlich das Recht auf ein qualifi­ziertes Arbeits­zeugnis“, sagt Dr. Nathalie Oberthür von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). „Allerdings gibt es keine feste Frist, in der das Zeugnis erteilt werden muss.“

Kein oder zu negatives Arbeits­zeugnis: Klage möglich

Wenn allerdings nach mehrfacher Nachfrage kein Zeugnis ausgestellt wird, sollte der Arbeit­nehmer über eine Klage nachdenken. Schwieriger wird es, wenn ein aus Sicht des Arbeit­nehmers zu schlechtes Zeugnis erteilt wird – wie im Fall von Alina Wehmann. Zwar kann der Arbeit­nehmer darauf klagen, dass das Zeugnis berichtigt wird. Wenn er jedoch eine gute oder sehr gute Bewertung verlangt, muss er diese Leistungen vor Gericht auch nachweisen können.

Dabei ist es wichtig, sich im Vorfeld von einen Anwältin für Arbeitsrecht beraten zu lassen. Ein Anwalt kann Sie beraten und die Erfolgs­aus­sichten einer Klage einschätzen. In der Anwalts­da­tenbank des DAV finden Sie mehr als 60.000 Rechts­anwälte aus ganz Deutschland. In der zugehörigen Anwaltssuche können Sie Expertinnen in Ihrer Nähe finden.

Rechtzeitig um ein Arbeits­zeugnis kümmern

Es gibt für Arbeitgeber auch keinen Anspruch auf bestimmte Formulie­rungen im Zeugnis. Der Arbeitgeber kann selbst entscheiden, ob er mit den Leistungen „voll und ganz zufrieden“ ist oder ein Angestellter „stets zu unserer vollen Zufrie­denheit“ gearbeitet hat.

Trotzdem kann auch ein Rechts­streit um den Inhalt des Arbeits­zeug­nisses sinnvoll sein. „Erfahrungsgemäß wird bei einer solchen Klage der Zeugnis­inhalt einver­nehmlich festgelegt“, so Dr. Oberthür vom DAV. Wer einen Rechts­streit vermeiden möchte, sollte schon vor der Kündigung an das Arbeits­zeugnis denken. Die DAV-Expertin: „Es empfiehlt sich, bereits bei den Verhand­lungen über den Aufhebungs­vertrag den genauen Inhalt des Zeugnisses festzulegen“.

Alina Wehmann war sich sicher, ihre hervor­ra­genden Leistungen beweisen zu können. Sie verzichte nur auf eine Klage gegen ihren alten Arbeitgeber, weil sie Glück hatte: Sie fand auch ohne gutes Arbeits­zeugnis genau den neuen Job, den sie sich wünschte.

Datum
Aktualisiert am
18.11.2016
Autor
pst/red
Bewertungen
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Themen
Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Arbeits­zeugnis

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