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- Seite 1 – Was gilt, wenn Betriebsrat bei Betriebsänderung umgangen wird?
- Seite 2 – Informationen für die Belegschaft: Wie darf ein Betriebsrat informieren?
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Anstehende Änderungen im Betrieb, Gesetze, Betriebsratswahlen: Ein Betriebsrat muss die Möglichkeit haben, die Belegschaft adäquat zu informieren. In der Regel reicht es aus, die Informationen am schwarzen Brett auszuhängen. Der Betriebsrat kann zum Beispiel aber auch die elektronische Kommunikation nutzen und Informationen über einen Newsletter versenden.
Wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter mit Hilfe von LED-Bildschirmen informiert, hat der Betriebsrat aber nicht unbedingt einen Anspruch auf eine solche Informationsquelle. Der Arbeitgeber muss daher einem Betriebsrat nicht einen LED-Bildschirm zur Verfügung stellen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat am 13. April 2016 (AZ: 23 BV 671/15) ein solches Ansinnen und einen solchen Anspruch eines Betriebsrates mit der Begründung verwehrt, dass der vom Arbeitgeber genutzte LED-Bildschirm Informationen auch für andere Personen wie etwa Besucher bereithält und nicht exklusiv nur Information für die Belegschaft.
In Unternehmen, in denen es einen Betriebsrat gibt, muss der Arbeitgeber diesen bei der Kündigung eines Mitarbeiters beteiligen. Im Zweifel auch jedes Mal, sofern es mehrere Kündigungserklärungen gibt. Bezieht der Arbeitgeber die Arbeitnehmervertretung nicht ein, ist die Kündigung eines Mitarbeiters zunächst unwirksam. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10. November 2016 (AZ: 3Ca826/16).
In dem Fall übergab der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine Kopie der Kündigung und ließ den Arbeitnehmer den Empfang des Schreibens mit seiner Unterschrift bestätigen. Daran war der Betriebsrat beteiligt. Später erhielt der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben im Original per Post. Hier war die Arbeitnehmervertretung nicht mehr eingebunden.
Dies bemängelte das Arbeitsgericht. Es entschied, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat hätte einbinden müssen. Das sei bei einer Kündigung des Arbeitgebers jedes Mal notwendig, wenn erkennbar eine Rechtswirkung aus einer Handlung hervorgehen solle. Das sei hier der Fall gewesen. Die Anwaltsauskunft weist darauf hin, dass der Betriebsrat bei sämtlichen Kündigungsschritte einbezogen werden muss.
In Betrieben mit Betriebsrat oder bei Arbeitgebern mit Personalrat müssen diese bei der Kündigung eines Arbeitnehmers angehört werden. Dabei ist der Arbeitgeber verpflichtet, objektiv richtige Angaben zu machen. Macht der Arbeitgeber gegenüber dem Personalrat wissentlich falsche Angaben, ist die Kündigung unwirksam. Das geht aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 5. Oktober 2016 hervor (AZ: 1 Ca 685/16).
In dem Fall sollte einer Arbeitnehmerin krankheitsbedingt gekündigt werden. Gegenüber dem Personalrat gab der Arbeitgeber an, dass die Frau verheiratet sei. Weiter fügte er an: „Unterhaltsverpflichtungen bestehen unseres Wissens nicht“. Diese Angabe war aber objektiv falsch, und dies war dem Arbeitgeber auch bewusst.
Das Gericht entschied deshalb, dass die Kündigungsanhörung unwirksam war. Dies habe zur Folge, dass auch die Kündigung der Arbeitnehmerin unwirksam sei. Dies sei selbst dann der Fall, wenn dem Personalrat die bestehende Unterhaltsverpflichtung bekannt sei.
Ist ein Arbeitnehmer als leitender Angestellter tätig, ist bei Einstellung oder Kündigung die Anhörung des Betriebsrats nicht erforderlich. Für ihn gilt auch das Kündigungsschutzgesetz nicht. Ob ein Mitarbeiter als leitender Angestellter gilt, kommt auf seine tatsächliche Stellung und seine Befugnisse im Unternehmen an.
Ein Chefarzt der Chirurgie im Krankenhaus ist beispielsweise nicht allein aufgrund dieser Stellung schon leitender Angestellter. Voraussetzung ist vielmehr, dass er nach dem Arbeitsvertrag und der tatsächlichen Stellung in der Klinik der Leitungs- und Führungsebene zuzurechnen ist. Auch muss er Unternehmens- oder Betriebsentscheidungen entweder selbst treffen oder maßgeblich vorbereiten. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. April 2016 (AZ: 5BV24/15), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV berichtet.
Arbeitgeber haben grundsätzlich eine unternehmerische Freiheit – auch hinsichtlich des Einsatzes von Personal. Diese Freiheit tritt jedoch dann zurück, wenn Arbeitnehmer in ihrem Recht auf eigene körperliche Unversehrtheit betroffen sind. Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter schützen.
Eine von Betriebsrat und Arbeitgeber eingesetzte Einigungsstelle kann eine Mindestbesetzung mit Pflegepersonal in einem Krankenhaus vorgeben. Voraussetzung ist, dass es ansonsten zu einer Gesundheitsgefährdung der Arbeitnehmer durch Überlastung käme. An eine solche Vorgabe muss sich der Arbeitgeber dann auch halten. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel vom 26. Juli 2017 (AZ: 7 BV 67c/16).
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter. Er und der Arbeitgeber können bei Bedarf eine Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten bilden. Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Vertretern jeder Seite und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf den sich beide Seiten einigen müssen. Kann keine Einigung erzielt werden, ergeht ein „Spruch“ mit Stimmenmehrheit. Dieser Spruch wirkt und muss auch von der unterlegenen Seite umgesetzt werden.
Betriebsvereinbarung schließen Betriebsrat und Arbeitgeber. Darin können auch die Regeln für ein Abfindungsprogramm vereinbart werden. Die Änderung der Betriebsvereinbarung müssen beide Seiten, also Arbeitgeber und Betriebsrat, schriftlich bestätigen. Eine reine E-Mail als Bestätigungsschreiben durch den Betriebsrat reicht nicht.
Kommt es bei einem freiwilligen Abfindungsprogramm, das in einer Betriebsvereinbarung fixiert ist, nachträglich zu Änderungen, ohne dass schriftlich festzuhalten, können Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Teilnahme an diesem Programm haben. Dieser Anspruch kann aber an faktische Grenzen stoßen, so das Landesarbeitsgericht Hannover am 27. Juni 2016 (AZ: 1 Sa 1019/15).
Einigt sich ein Unternehmen oder Konzern mit dem Betriebsrat über die Weiterführung bestimmter Standorte, kann der Arbeitgeber die Schließung eines Standorts später nicht erzwingen. Die Vereinbarung, den Standort nicht zu schließen, ist für ihn bindend. Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat nicht zwingen, solche Verhandlungen zu führen und auch nicht über das Gericht eine Einigungsstelle einsetzen lassen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. Mai 2017 (AZ: 8 TaBV 32/17), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des DAV mitteilt.
Gelingt es auf einer Betriebsversammlung nicht, einen Wahlvorstand für die Betriebsratswahl zu bestimmen, kann ein Gericht dies tun. Das gilt auch dann, wenn die Mitarbeiter sich auf der Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes nicht einig werden. Und die Wahl deshalb vertagt wird. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht informiert über eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 22. Januar 2020 (AZ: 3 TaBV 23/19).
In dem Fall ging es um ein Unternehmen, das noch keinen Betriebsrat hatte. Drei wahlberechtigte Arbeitnehmer luden zu einer Betriebsversammlung ein. Dort sollte ein Wahlvorstand gewählt werden. Auf der Betriebsversammlung diskutierten die Anwesenden kontrovers. Sie beschlossen schließlich mehrheitlich, die Betriebsversammlung – ohne konkrete Verabredung eines weiteren Termins – zu vertagen. Im Anschluss wandten sich die einladenden Arbeitnehmer an das Arbeitsgericht in Lübeck. Sie beantragten die Bestellung des Wahlvorstands durch das Gericht. Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht entschied.