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- Seite 1 – Wann müssen Arbeitnehmer Fortbildungskosten zurückzahlen?
- Seite 2 – Rückzahlungsklausel: Höhe der Kosten muss ersichtlich sein
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Eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten, die in Betriebsvereinbarungen festgelegt ist, benachteiligt einen Arbeitnehmer dann unangemessen, wenn die Rückzahlungsklausel nicht differenziert.
Eine solche Klausel ist nur dann wirksam, wenn die Pflicht zur Rückzahlung nur eintritt, wenn der Arbeitnehmer das Nichtbestehen selbst zu verantworten hat. Hier liegt also die rechtliche Grenze von Rückzahlungsverpflichtungen in Betriebsvereinbarungen, so das Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 29. Oktober 2014 (AZ: 17 Sa 274/14). Betroffene Arbeitnehmer haben also Chancen, von der Pflicht zur Rückzahlung loszukommen. Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.
Bildungskosten zurückzahlen müssen kann eine große finanzielle Belastung sein – vor allem, wenn es nicht nur um eine Fortbildung, sondern um ein Studium geht. Das Verwaltungsgericht München hat entschieden, dass eine Ärztin der Bundeswehr einen Teil ihrer Studienkosten zurückerstatten muss. Sie hatte sich für 17 Jahre verpflichtet und auf Kosten der Bundeswehr studiert. Später hatte sie dann den Kriegsdienst verweigert. Die Bundeswehr forderte daraufhin 40 Prozent der Kosten zurück – 56.000 Euro. Dagegen klagte die Frau. Das Verwaltungsgericht gab jedoch der Bundeswehr Recht (Urteil vom 12. Dezember 2017, AZ: M 21 K 16.2406). Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Frau die Bundeswehr freiwillig verlassen habe. Sie durch das Studium außerdem Vorteile in ihrem Leben außerhalb der Bundeswehr. Deshalb müsse sie zahlen.
In dem Fall, der dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen vorlag, nahm der Mitarbeiter an einer „Fortbildung zum Rettungsassistenten“ teil. Die Abschlussprüfung bestand er endgültig nicht.
In der Betriebsvereinbarung gab es eine Rückzahlungsklausel. Nach der Rückzahlungsklausel mussten die Arbeitnehmer die Kosten für eine Fortbildung erstatten, wenn sie ohne Erfolg daran teilgenommen hatten. Die Rückzahlungsklausel differenzierte nicht danach, wer die erfolglose Teilnahme zu verantworten hat. Danach war auch eine Pflicht zur Rückzahlung denkbar, wenn der Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung die Fortbildung nicht bestand.
Das Landesarbeitsgericht in Hannover verpflichtete den Arbeitgeber, die Fortbildungskosten doch zu übernehmen. Der Arbeitnehmer sei durch die Rückzahlungsklausel in der Betriebsvereinbarung unangemessen benachteiligt. Sie differenziere nicht nach den Gründen des Nichtbestehens. Eine Rückzahlungsklausel müsse jedoch am Verhalten des Arbeitnehmers und seiner Verantwortung ansetzen, um gültig zu sein, so das Landesarbeitsgericht.
Dies ist auch die gängige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Wäre die Betriebsvereinbarung von einem Anwalt überprüft worden, hätte der Anwalt den Arbeitgeber darauf hinweisen können, dass die Rückzahlungsklausel unwirksam wäre.
Auch das Arbeitsgericht Köln hat sich mit der Rückzahlungsklausel eines Unternehmens befasst. Demnach sind solchen Klauseln nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer darin die Gründe, aus denen er die Kosten für eine Fortbildung zurückzahlen muss, ebenso wie die Höhe erkennen kann. Die Anforderungen, die an dieses sogenannte Transparenzgebot einer Rückzahlungsvereinbarung zu stellen sind, dürfen jedoch nicht überzogen sein. Außerdem dürfen sie den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.
Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln vom 8. April 2016 (AZ: 1 Ca 1486/15) erklärt die Deutsche Anwaltauskunft die Voraussetzungen. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können sich daran orientieren.
1. Die exakten Kosten der Fortbildung müssen nicht der Höhe nach angegeben werden.
2. Die Berechnungsgrundlagen müssen genau bezeichnet werden. Dies bedeutet, dass die genauen Positionen angegeben werden müssen. Dazu gehören etwa
- Lehrgangsgebühren
- Fahrt- und Unterbringungskosten
- Verpflegungskosten
3. Nicht möglich ist, lediglich „Kosten und Gebühren (Lehrgangs-und Prüfungsgebühren)“ der Fortbildung aufzuführen. Dadurch ist nicht nachzuvollziehen, um welche konkreten „Kosten“ es sich hierbei im Einzelnen handeln soll und wie die einzelnen Kostenpositionen berechnet werden.
4. Üblicherweise sind auch Angaben wie die „eventuell anfallende Stornierungsgebühr“ sei „in voller Höhe zu erstatten“ zu ungenau. Es muss angegeben werden, in welcher Höhe diese Kosten bei einer Fortbildung anfallen können.
Rückzahlungsvereinbarungen, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind zu unkonkret und daher unwirksam.
Eine wirksame Zahlungsklausel differenziert nach dem Verantwortungsbereich der erfolglosen Teilnahme und ist transparent. Es muss für den Arbeitnehmer ersichtlich sein, in welchen Fällen für ihn die Pflicht zur Rückzahlung eintritt. Zudem muss er die Kostenpositionen erkennen können.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass es strenge Anforderungen an die Formulierung von Rückzahlungsklauseln gibt. Zahlreiche gängige Rückzahlungsklauseln dürften unwirksam sein. Eine individuelle Vereinbarung mit dem jeweiligen Mitarbeiter könnte besser sein. Aber auch hier gibt es Grenzen. Betroffene haben also die Möglichkeit, von ihrer Erstattungspflicht befreit zu werden.
Arbeitgeber lassen Rückzahlungsklauseln am besten im Vorfeld von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt prüfen.