Wie müssen Überstunden vergütet werden?
Die Vergütung von Überstunden ist gesetzlich nicht näher geregelt. „Ob und wie zusätzliche Arbeit vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen wird, ergibt sich häufig aus dem Tarifvertrag oder aus dem Arbeitsvertrag“, sagt die Arbeitsrechtlerin Dr. Barbara Reinhard. Bei vielen Arbeitgebern wird der Ausgleich von Überstunden heute durch Freizeitausgleich über Gleitzeit- und Arbeitszeitkonten geregelt.
Fehlt eine solche Regelung, heißt das aber nicht automatisch, dass Arbeitnehmer kein Recht auf die Bezahlung ihrer Überstunden haben. Entscheidend dafür ist die sogenannte Vergütungserwartung, d.h. die Frage, ob der Arbeitnehmer bei der Ableistung der Arbeit stillschweigend davon ausgehen kann, dass die Überstunden bezahlt werden.
Das ist bei vielen Tätigkeiten der Fall – bei Jobs mit hohem Verdienst allerdings meist nicht. „Gut bezahlte Manche Tarif- und Arbeitsverträge sehen für Überstunden auch Zuschläge vor. Einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es aber ebenfalls nicht – außer bei Nachtarbeit.
Sind Klauseln im Arbeitsvertrag gültig, mit denen alle Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind?
Gelegentlich enthalten Arbeitsverträge Formulierungen wie diese: „Mehrarbeit ist mit dem Gehalt abgegolten“. Soll heißen: Für Überstunden gibt es generell keinen finanziellen Ausgleich. Solche pauschalen Vertragsklauseln sind häufig unwirksam.
„Vereinbarungen zur Abgeltung von Mehrarbeit sind in der Regel nur dann gültig, wenn der Umfang der Überstunden näher definiert ist – zum Beispiel zehn Stunden pro Monat“, sagt die Rechtsanwältin Dr. Barbara Reinhard vom DAV.
Das Bundesarbeitsgericht gab 2012 dem Lagerleiter einer Spedition Recht, der laut Arbeitsvertrag für 1.800 Euro Bruttogehalt bei „betrieblichem Erfordernis“ ohne besondere Vergütung zu Mehrarbeit verpflichtet war und auf die Vergütung seiner Überstunden klagte (5 AZR 765/10). Für den Arbeitnehmer müsse erkennbar sein, welche zusätzliche Leistung er dem Arbeitgeber regelmäßig schuldet, so das Gericht.
Zulässig sein können pauschale Klauseln allerdings bei den oben erwähnten gut bezahlten Fach- und Führungskräften. Sie müssen laut geltender Rechtsprechung ein gewisses Maß an Überstunden in Kauf nehmen.
Wie kann eine Vergütung durchgesetzt werden?
Wenn es Unstimmigkeiten über geleistete Überstunden gibt und ein Arbeitnehmer eine Vergütung durchsetzen möchte, kommt es vor allem darauf an, dass die
zusätzliche Arbeit belegt werden kann. „Der Arbeitnehmer ist in so einem Fall grundsätzlich darlegungs- und beweislastpflichtig. Wenn er die Vergütung von Überstunden geltend macht, muss er nachweisen, dass er sie auch geleistet hat“, sagt die Arbeitsrechtlerin Dr. Barbara Reinhard.
Das bedeutet: Im Zweifelsfall muss der Arbeitnehmer für jeden einzelnen Tag belegen können, wann genau er über die tägliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Zudem muss er darlegen können, dass der Arbeitgeber die Mehrarbeit angewiesen oder zumindest gebilligt hat. Als Mehrarbeit können nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts übrigens auch Zeiten zählen, in denen zwar nicht aktiv gearbeitet wird, der Arbeitnehmer aber auch nicht frei über seine Zeit verfügen kann – zum Beispiel, wenn ein Berufskraftfahrer seinen Kollegen auf dem Beifahrersitzt begleitet (AZ: 5 AZR 347/11).
Fallen über einen längeren Zeitraum ungeplante Überstunden an, empfiehlt es sich, die Anordnung der Überstunden vom Arbeitgeber schriftlich bestätigen zu lassen. Zudem sollte ein Arbeitsprotokoll geführt werden, in dem die Mehrarbeit stundengenau aufgeführt ist.
Leser-Umfrage
- Datum
- Aktualisiert am
- 19.02.2018
- Autor
- pst