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„Wilder Streik"

Unternehmen haben kaum Mittel gegen massenhafte Krankmeldung

Massenhafte Krankschreibung von Arbeitnehmern - Arbeitgeber haben dagegen kaum eine Handhabe. © Quelle: dpa

Bei Tuifly haben sich zahlreiche Piloten und Flugbe­gleiter krank gemeldet. Der Arbeitgeber könnte das als wilden Streik gegen den geplanten Unterneh­mensumbau auffassen. Nur beweisen lässt sich das kaum. Es sei denn, man findet einen „rauchenden Colt“.

Unternehmen haben nach Einschät­zungen von Arbeits­rechts­experten wie dem Berliner Arbeits­rechtler Prof. Robert von Steinau-Steinrück von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) kaum Möglich­keiten, die Krankmel­dungen der Beschäf­tigten zu hinter­fragen oder ihnen gar einen „wilden Streik“ gegen die geplanten Änderungen in ihrem Unternehmen nachzu­weisen. „Kollektive Krankmel­dungen unterhalb von drei Tagen sind ein extrem schlaues Teflon-Mittel, gegen das sich der Arbeitgeber kaum wehren kann“, sagt der Jurist. Dennoch können sich betroffene Unternehmen juristisch beraten und sich die Rechtslage zeigen lassen.

Diese sieht so aus: Falsche Krankmel­dungen erfüllen mach Ansicht vieler Rechts­experten den Straftat­bestand des Betruges, weil sich der Arbeit­nehmer den Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung erschwindelt. Angst vor der Entdeckung muss ein Simulant allerdings kaum haben, denn der Arbeitgeber hat kaum Möglich­keiten zu beweisen, dass der Arbeit­nehmer nicht krank war. In aller Regel muss dieser nur unverzüglich sein Unternehmen über die Krankheit informieren, ein Attest ist erst nach drei Kalendertagen gesetzlich vorgeschrieben.

Der Arbeitgeber kann aber im Einzelfall von Arbeit­nehmern verlangen, bei darauf­fol­genden Krankheits­fällen schon ab dem ersten Tag eine ärztliche Beschei­nigung zu bringen, weist der Jurist auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundes­ar­beits­ge­richts hin. Rückwirkend sei dies aber nicht möglich. Gleichwohl würde er betroffenen Firmen empfehlen, künftig auf sofortige Atteste zu bestehen.

Liegt erst einmal eine ärztliche Beschei­nigung der Krankheit vor, ist der Arbeit­nehmer endgültig auf der sicheren Seite. „Die Atteste haben schon einen sehr hohen Beweiswert“, sagt Steinrück. Wenig Erfolg verspreche die dann noch mögliche Überprüfung durch den medizi­nischen Dienst der Kranken­kassen.

Zum Beweis eines wilden Streiks müsste dem Arbeitgeber schon beispielsweise ein schrift­licher Aufruf der Gewerk­schaft zur kollektiven Krankmeldung in die Hände fallen - ein „rauchender Colt“. „Dann könnte man von der Gewerk­schaft Schaden­ersatz fordern und gegen die Teilnehmer Kündigungen oder Abmahnungen aussprechen“, sagte der Arbeits­rechtler.

Doch nicht nur Unternehmen können von massen­haften Krankmel­dungen ihrer Mitarbeiter betroffen sein. Auch für Kunden kann dies Folgen haben - etwa für Reisende, wenn Flüge aufgrund der personellen Engpässe gestrichen werden müssen. Hier erfahren Sie mehr über mögliche Entschä­di­gungs­zah­lungen.

Datum
Aktualisiert am
11.10.2016
Autor
dpa/red
Bewertungen
615
Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Krankschreibung Streik Unternehmen

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