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Arbeitnehmerrechte

Sexueller Missbrauch: Kündigung des Vorgesetzten möglich?

Kann ein Arbeitnehmer die Kündigung seines Vorgesetzten verlangen, da dieser ihn sexuell misshandelt haben soll? Das musste ein Gericht klären. © Quelle: baona/gettyimages.de

Manchmal kann es der Arbeitgeber einem Mitarbeiter nicht zumuten, mit einem bestimmten anderen Mitarbeiter zusammen­zu­ar­beiten. Das ist etwa dann der Fall, wenn es zu einem sexuellen Missbrauch gekommen ist. Fraglich ist aber, inwieweit ein Arbeit­nehmer vom Arbeitgeber verlangen kann, den anderen Arbeit­nehmer zu entlassen.

Der Arbeit­nehmer kann nicht unmittelbar verlangen, dass ein anderer Arbeit­nehmer entlassen wird. Er hat aber einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber genau prüft, ob eine Zusammen­arbeit zumutbar ist. Bei einem sexuellen Missbrauch des einen durch den anderen scheint allerdings nur eine Entlassung gerecht­fertigt. Der sexuelle Missbrauch muss aber zur vollen Überzeugung des Gerichtes feststehen. Eine Wahrschein­lichkeit reicht nicht aus. Auch ist das Arbeits­gericht nicht an eine bereits erfolgte strafrechtliche Verurteilung gebunden, so das Arbeits­gericht in Solingen (Urteil vom 20. Januar 2015, AZ: 3 Ca 1356/13)

Vorwurf: Sexueller Missbrauch auf der Dienstreise

Der 25-jährige Mann arbeitete als Werkzeug­me­chaniker. Er behauptete, auf einer Dienstreise von seinem Vorgesetzten sexuell missbraucht worden zu sein. Nach intensivem Alkohol­konsum sei sein Zimmer­schlüssel nicht auffindbar gewesen. Daher habe er bei seinem Vorgesetzten geklopft, um dessen Angebot anzunehmen, in seinem Zimmer zu schlafen. In der Nacht sei es gegen seinen Willen zu sexuellen Handlungen gekommen.

Eine Strafanzeige führte zur Verurteilung des Vorgesetzten wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheits­strafe von zwei Jahren und vier Monaten. Dagegen legte der Mann Rechts­mittel ein.

Er behauptete, dass es zu einver­nehm­lichen sexuellen Handlungen gekommen sei. In der Folge habe der spätere Kläger versucht, eine bessere Stellung im Betrieb und auch eine bessere Bezahlung zu erreichen. Da er keinen Erfolg gehabt habe, habe er sich rächen wollen. Auch wolle der Kläger wohl seine „hetero­se­xuelle Ehre" wieder herstellen.

Entlassung kann nicht unbedingt gefordert werden

Das Arbeits­gericht Solingen hörte mehrere Zeugen an. Danach kam es zu dem Schluss, dass ein sexueller Missbrauch zwar wahrscheinlich sei. Es war jedoch nicht vollends davon überzeugt. Aufgrund dieser verblei­benden Zweifel könne der Kläger auch nicht die Entlassung seines Vorgesetzten verlangen. Überdies könne ein Arbeit­nehmer sowieso nicht „einfach so“ die Entlassung eines anderen Mitarbeiters verlangen. Man habe lediglich einen Anspruch, dass der Arbeitgeber fehlerfrei prüfe, was er tun müsse, damit der andere in Ruhe arbeiten könne. Im vorlie­genden Fall habe der Arbeitgeber den Kläger in eine andere Werkzeughalle versetzt, damit er nicht mehr unmittelbar mit dem Vorgesetzten zusammen­ar­beiten müsse. Auch dürfe der Vorgesetzte nicht mehr ausbilden. Das Gericht erläuterte noch einmal, dass eine Entlassung dann zwingend notwendig gewesen wäre, wenn der sexuelle Missbrauch zweifelsfrei vorgelegen hätte. Da dies nicht der Fall sei, könne der Kläger auch nicht die Entlassung des früheren Vorgesetzten verlangen.

Datum
Aktualisiert am
17.12.2015
Autor
DAV
Bewertungen
126
Themen
Arbeit­nehmer Kündigung Sexuelle Belästigung

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