In Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 26 Millionen Menschen als Arbeitnehmer tätig. Davon arbeiten viele in Kleinbetrieben. Als deren Vorteile nennen zumindest die Nutzer mancher Internetforen zu beruflichen Fragen die familiäre Atmosphäre, den vergleichsweise geringen Arbeitsdruck und den pünktlichen Feierabend. Nur selten kommt zur Sprache, dass das Arbeiten in einem Kleinbetrieb besondere rechtliche Folgen für die Beschäftigten mit sich bringt. Das lässt sich am Beispiel des Kündigungsschutzgesetzes und seiner allgemeinen Kündigungsschutzregeln zeigen.
Das Kündigungsschutzgesetz gilt nämlich nur für Beschäftigte, die in Betrieben arbeiten, in denen regelmäßig mehr als zehn Beschäftigte tätig sind.
Auszubildende werden dabei nicht mitgerechnet. Neben der Betriebsgröße entscheidet auch die Dauer eines Arbeitsverhältnisses darüber, ob für einen Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz greift. Denn selbst wenn in einem Betrieb das Gesetz gilt - ein Arbeitnehmer profitiert erst dann von seinen Regeln, wenn er dort länger als sechs Monate kontinuierlich gearbeitet hat.In der Praxis folgt aus dem Umstand, dass in einem Betrieb das Kündigungsschutzgesetz gilt: Arbeitgeber können Beschäftigte nur unter bestimmten, klar definierten Voraussetzungen kündigen, Kündigungen müssen sozial gerechtfertigt sein.
Kündigungsschutz in Kleinbetrieben
Demgegenüber sieht die Rechtslage für viele Arbeitnehmer, die in kleinen Betrieben tätig sind, anders aus. Denn das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht in Betrieben mit zehn oder weniger Beschäftigten. Eine Besonderheit gibt es hierbei allerdings: Wenn ein Arbeitnehmer bereits zum 31.12.2003 in einem Betrieb tätig war, greift das Kündigungsschutzgesetz ab einem Schwellenwert von fünf Mitarbeitern.
„In diesen Fällen wird aber nicht nach Köpfen gezählt, sondern die Mitarbeiter werden entsprechend ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit berücksichtigt“, erklärt die Wiesbadener Rechtsanwältin Kathrin Schlegel von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Welche wöchentliche Arbeitszeit als „ganzer“ oder „halber“ Arbeitnehmer zählt, ist gesetzlich bestimmt.
Was sind sittenwidrige und treuwidrige Kündigungen?
Doch auch wenn in einem Unternehmen das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt – es gibt auch außerhalb dessen einen Kündigungsschutz, der Arbeitnehmern in Kleinbetrieben nützt und der sich über die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte etabliert hat. Danach sind Arbeitnehmer zum Beispiel davor geschützt, aus willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Gründen gekündigt zu werden. „Eine Kündigung kann zum Beispiel nach Paragraph 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches sittenwidrig sein, wenn der Arbeitgeber sie aus einem verwerflichen Motiv ausspricht“, erklärt die Arbeitsrechtsexpertin Kathrin Schlegel. „Unter ein solches Motiv könnten zum Beispiel Rachsucht oder Vergeltung fallen.“
Daneben dürfen Kündigungen nicht treuwidrig sein. Eine treuwidrige Kündigung liegt vor allem dann vor, wenn ein Arbeitgeber ein oder mehrere Mitarbeiter entlassen muss, jedoch bei seiner Wahl ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außeracht lässt. „Allerdings ist hierbei auch zu beachten, dass ein Arbeitgeber eines Kleinbetriebes eine Kündigung nicht begründen muss“, sagt Rechtsanwältin Kathrin Schlegel.
Diese Regel macht es schwer, herauszufinden, welche Motive hinter einer Kündigung stehen. Diese herauszufinden und vielleicht zu beweisen, dass ein Motiv für eine Kündigung treuwidrig ist, fällt allein dem Arbeitnehmer zu. „Zumindest muss er greifbare Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Treu und Glauben vortragen“, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Schlegel.
Kündigungsschutz außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes: formale Gründe
Neben dem bisher Gesagten gibt es formale Vorgaben, die Kündigungen in kleinen Unternehmen einschränken können. Denn auch hier sind Arbeitgeber verpflichtet, ihre Kündigungen nach bestimmten Formvorgaben auszusprechen, Kündigungen müssen nach Paragraph 623 des BGB zum Beispiel schriftlich verfasst sein. Außerdem ist ein Arbeitgeber nach Paragraph 102 des Betriebsverfassungsgesetzes dazu verpflichtet, vor einer geplanten Kündigung den Betriebsrat anzuhören – wenn es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt.
Sonderkündigungsschutz für besondere Personengruppen
Das Arbeitsrecht sieht generell, und auch für Kleinbetriebe, spezielle Kündigungsverbote vor. „Schwangere und Wöchnerinnen zum Beispiel dürfen nach dem Mutterschutzgesetz nicht gekündigt werden", so Kathrin Schlegel. „Beabsichtigt ein Arbeitgeber etwa eine Schwangere zu kündigen, muss er zunächst die Zustimmung zu einer solchen Kündigung bei den zuständigen Landesämtern beantragen. Erst wenn diese, etwa bei einer Betriebsstilllegung, zustimmen, kann die Kündigung ausgesprochen werden."
Solcher Zustimmung bedürfen auch Arbeitgeber, die Eltern kündigen wollen, die sich in Elternzeit befinden. Für diese Personengruppe ist der Kündigungsschutz im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) niedergelegt. Schwerbehinderte Menschen mit einem Behinderungsgrad von 50 oder ihnen gleichgestellte behinderte Menschen sind nach dem Sozialgesetzbuch IX ebenfalls nur dann kündbar, wenn zuvor das Integrationsamt zugestimmt hat. Den Antrag auf eine Kündigung muss der Arbeitgeber dort beantragen.
Außerdem gibt es einen Sonderkündigungsschutz für Betriebsräte nach dem Kündigungsschutzgesetz. Demnach ist ein Betriebsratsmitglied nicht ordentlich kündbar, seiner außerordentlichen Kündigung muss das Betriebsratsgremium zustimmen. Stimmt das Gremium nicht zu, muss der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung über einen Beschluss des Arbeitsgerichts einholen.
Doch nicht nur Betriebsratsmitglieder sind besonders vor Kündigungen geschützt, sondern auch die Beauftragten für Datenschutz im Unternehmen. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz sind sie ordentlich unkündbar. Unter besonderem Kündigungsschutz stehen auch Arbeitnehmer, die ein politisches Mandat annehmen oder Gemeinderatsmitglieder, wie das Abgeordnetengesetz oder die Hessische Gemeindeordnung vorsieht.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – gilt auch bei Kündigungen im Kleinbetrieb
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), umgangssprachlich oft Antidiskriminierungsgesetz genannt, will Diskriminierungen und Benachteiligungen von Menschen verhindern. Davor geschützt werden sollen sie vor allem in der Arbeitswelt. Demnach darf niemand zum Beispiel wegen seines Alters, Geschlechts oder seiner Religion gekündigt zu werden.
Die Diskriminierungsverbote des AGG gelten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für Kündigungen außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, also auch in Kleinbetrieben. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Juli 2015 erneut klargestellt (AZ: 6 AZR 457/14).
Allerdings: „Der Arbeitnehmer, der eine Kündigung mit dem Argument einer Diskriminierung angreifen will, muss dies beweisen und Indizien darlegen, die einen Rückschluss auf ein diskriminierendes Motiv des kündigenden Arbeitgebers zulassen“, sagt Kathrin Schlegel.
Auch gegen eine diskriminierende Kündigung muss ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang Klage beim Arbeitsgericht erheben. Verstreicht diese Frist, gilt die Kündigung als rechtens.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.05.2016
- Autor
- ime