Fast 2,7 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in zwei Jobs. Das geht aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit hervor. Zwei Millionen davon sind nach Schätzungen angestellt. Mehr als die Hälfte von ihnen übt neben einer Vollzeitbeschäftigung einen Minijob aus. Vorsicht: Wer nicht aufpasst, kann sich durch den Nebenjob aber eine Abmahnung oder gar eine Kündigung einhandeln. Die Deutsche Anwaltauskunft erklärt, was Sie beachten sollten, bevor Sie nach Feierabend eine zusätzliche Tätigkeit aufnehmen.
Muss man den Arbeitgeber um Erlaubnis fragen, bevor man einen Nebenjob beginnt?
Grundsätzlich steht es jedem Arbeitnehmer frei, einen Nebenjob anzutreten. Der Arbeitgeber darf dies nicht generell im Arbeitsvertrag ausschließen. Erlaubt sind aber Klauseln, die den Arbeitnehmer verpflichten, vor einer Aufnahme eines Nebenjobs den Arbeitgeber zu fragen. „Die Formulierungen im Arbeits- oder Tarifvertrag können ganz unterschiedlich sein“, sagt die Rechtsanwältin Dr. Barbara Reinhard von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Manchmal wird nur eine Anzeige der Information verlangt. In anderen Fällen muss der Chef der Nebentätigkeit ausdrücklich zustimmen.“
Es empfiehlt sich in jedem Fall, vor der Aufnahme eines Nebenjobs einen Blick in den Arbeits- oder Tarifvertrag zu werfen. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte vom Arbeitgeber zudem eine schriftliche Genehmigung für die Nebentätigkeit einholen.
Muss der Arbeitgeber jeden Nebenjob akzeptieren?
Nein. „Grundsätzlich ist es Arbeitnehmern nicht erlaubt, Nebenjobs auszuüben, die eine direkte Konkurrenztätigkeit darstellen“, sagt die Arbeitsrechtlerin Dr. Reinhard. Wer also beispielsweise für einen Paketdienstleister arbeitet, darf nach Feierabend keine Sendungen für ein konkurrierendes Unternehmen ausliefern.
Der Chef muss auch keine Nebenjobs akzeptieren, die sich negativ auf die Arbeitskraft eines Mitarbeiters auswirken. „Wenn der Arbeitnehmer ständig erschöpft ist, weil er nachts einem Zweitjob nachgeht, kann und muss der Arbeitgeber das nicht hinnehmen“, sagt Dr. Reinhard. Jede Tätigkeit, die geeignet sei, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten zu beeinträchtigen oder berechtigten Interessen des Arbeitgebers entgegensteht, könne untersagt werden.
Eine weitere wichtige Beschränkung ergibt sich aus dem Arbeitszeitgesetz. Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer nur acht Stunden pro Tag und 48 Stunden pro Woche arbeiten. Wer neben einem Vollzeitjob Nebentätigkeiten ausübt, kann diese Höchstarbeitszeit schnell überschreiten. Da der Arbeitgeber auch für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes verantwortlich ist, kann er Nebentätigkeiten verbieten, die eine Überschreitung der maximalen Arbeitszeit mit sich bringen. Wer innerhalb seines regulären Jobs die maximale Arbeitszeit regelmäßig ausschöpft, kann also nicht damit rechnen, von seinem Chef den Segen für einen Zweitjob zu erhalten.
Darf man einem Nebenjob nachgehen, wenn man im Urlaub oder krankgeschrieben ist?
„Der Urlaub dient dazu, dass der Arbeitnehmer sich erholt und seine Arbeitskraft wiederhergestellt wird. Aus diesem Grund wird diese Zeit auch vom Arbeitgeber bezahlt“, sagt Dr. Barbara Reinhard vom DAV. Das Bundesarbeitsgesetz verbiete daher eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit während des Urlaubs. Ob eine Tätigkeit in der Urlaubszeit verboten ist, kommt letztlich auf den Einzelfall an: Wer während der Ferien drei Wochen auf einer Baustelle Zementsäcke schleppt, wird sich dabei kaum erholen und kann entsprechend auch kein Verständnis seines Arbeitgebers erwarten. Wer hingegen nur wenige Stunden zusätzlich am Wochenende arbeitet, kann dies auch problemlos während des Urlaubs tun.
Auch eine Krankschreibung bedeutet nicht automatisch, dass der Nebenjob ruhen muss. „Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt immer nur für eine bestimmte Tätigkeit“, sagt Dr. Reinhard. „Entscheidend ist, ob die Erkrankung der jeweils relevanten Arbeitstätigkeit entgegensteht: Ein LKW-Fahrer, der wegen eines Beinbruchs nicht am Steuer sitzen darf, kann zum Beispiel trotzdem in einem Callcenter arbeiten.“ Es spricht also nichts dagegen, den Nebenjob weiterhin auszuüben, wenn er von der Krankschreibung nicht betroffen ist und die Genesung nicht gefährdet.
Kündigung wegen Nebenjob: Nicht ohne Weiteres möglich
Schwierig wird es, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeit in seinem Hauptberuf ausfallen lässt, um seinem Nebenjob nachzugehen. Der Arbeitgeber kann deshalb aber trotzdem nicht ohne Weiteres kündigen. So hat das Landesarbeitsgericht in Köln hat am 7. September 2016 (AZ: 11 Sa 111/16) entschieden. Es ging um eine Frau, die bei einer Schule in Vollzeit als stellvertretende Leiterin arbeitete. Die Schule erteilte ihr eine Genehmigung für eine geringfügige Tätigkeit im Weiterbildungsbereich der Fachseminare.
Die Schulleiterin ließ an einem Unterrichtstag die beiden letzten Stunden ausfallen, um ihrer Nebentätigkeit nachzugehen. Sie schickte die Schüler nach Hause, „damit sie dort eine Lernzeit wahrnehmen“. Als die Schule davon erfuhr, kündigte sie der Lehrerin.
Vor Gericht ging es darum, ob der Arbeitgeber die Mitarbeiterin vor der Kündigung hätte abmahnen müssen. Die Lehrerin bekam in zwei Instanzen recht: Die Schule hätte sie vorher abmahnen müssen. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur dann angebracht, wenn eine Abmahnung nicht dazu führen würde, weitere Pflichtverstöße zu vermeiden. Oder aber das Verhalten des Arbeitnehmers so schwerwiegend ist, dass der Arbeitgeber auch ohne Abmahnung kündigen kann. Beides war hier nicht der Fall.
Ärger mit dem Arbeitgeber? Anwälte für Arbeitsrecht helfen
Sie sind unerlaubt einem Nebenjob nachgegangen und Ihr Hauptarbeitgeber ist dahinter gekommen? Oder hat Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Nebentätigkeit verboten und Sie sind nicht sicher, ob er das Recht dazu hatte? Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Arbeitsrecht können Sie beraten und mit Ihnen gemeinsam entscheiden, wie Sie am besten vorgehen. Experten aus dem gesamten Bundesgebiet finden Sie in unserer Anwaltssuche.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 02.07.2018
- Autor
- pst/red/dpa