
Das Thema treibt Arbeitnehmer um: Ist es gerecht, dass manche aus der Belegschaft mehr Urlaub nehmen dürfen als andere, nur weil sie älter sind? Deutschlands oberste Arbeitsrichter haben diese Frage heute für private Unternehmen bejaht. Sie haben entschieden: Unter bestimmten Bedingungen ist es erlaubt, den Urlaubsanspruch in einem Betrieb nach Alter zu staffeln, das kann nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig sein. Um ältere Mitarbeiter zu schützen, habe der Arbeitgeber einen Ermessensspielraum auch bei der Urlaubsgestaltung. Dieser sei hier nicht überschritten, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) (AZ: 9 AZR 956/12).
Geklagt hatten sieben Mitarbeiter eines rheinland-pfälzischen Schuhherstellers. Sie sahen sich durch die betriebliche Regel zum gestaffelten Urlaub je nach Alter benachteiligt. In ihrem Betrieb bekommen Ältere ab 58 Jahren 36 Urlaubstage pro Jahr, Jüngere hingegen 34 Tage. Diese Betriebspolitik erklärt das Unternehmen mit seiner Pflicht zur Fürsorge für ältere Mitarbeiter. Diese leisteten bei der Produktion von Schuhen körperlich ermüdende und teilweise schwere Arbeit. Sie benötigten daher über das Jahr betrachtet längere Erholungszeiten als Jüngere. Zwei Urlaubstage seien hierfür angemessen.
Die Kläger kritisierten diese Argumente und wollten vor Gericht erzwingen, ebenfalls 36 Urlaubstage zu bekommen. Damit aber waren sie bereits im September 2012 vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gescheitert (AZ: 6 Sa 709/11).
Unterschiedlich lange Jahresurlaube – wie sieht die Rechtslage aus?
Wie lange Arbeitnehmer Urlaub nehmen dürfen, regelt ihr Arbeitsvertrag. Teilweise greifen auch tarifliche Regeln. Das Bundesurlaubsgesetz sieht einen Mindesturlaub von 20 Tagen vor, bezogen auf eine Fünftagewoche. In der Praxis haben sich die Urlaube der Arbeitnehmer hierzulande zwischen 25 und 30 Tagen eingependelt.
„Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet nicht grundsätzlich, Älteren mehr Urlaub zu geben als Jüngeren“, erklärt der Rechtsanwalt Michael Eckert vom Vorstand des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Aber eine ungleiche Behandlung müsse gerechtfertigt sein.
„In dem heute verhandelten Fall ist unterschiedlich viel Urlaub legitim, weil hier die Beschäftigten schwere körperliche Arbeit verrichten. Dass die Älteren unter ihnen deshalb mehr Erholung brauchen, ist sachlich begründet“, sagt Arbeitsrechtsexperte Michael Eckert. „Außerdem geht es nur um zwei Tage Mehrurlaub.“ Damit habe der Arbeitgeber seinen Gestaltungsspielraum für den eigenen Betrieb nicht überschritten.
Öffentlicher Dienst: Kein Mehrurlaub für Ältere
Anders sah es etwa beim Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes aus, zu dem das Bundesarbeitsgericht 2012 entschieden hat. Damals verwarf das Gericht die altersabhängige Urlaubsstaffelung für die staatlich Beschäftigten und stellte klar: Mehr Urlaub für Ältere diskriminiere Jüngere in unzulässiger Weise (AZ: 9 AZR 529/10). „Dieses Urteil unterscheidet sich von dem heute ergangenen insofern, als der Mehranspruch im Öffentlichen Dienst zum Beispiel schon mit 40 begann und nicht wie hier erst mit 58 Jahren“, sagt Michael Eckert. „Das ist sachlich nicht gerechtfertigt. Außerdem betraf dieser Anspruch zum Beispiel auch Leute, die am Schreibtisch und nicht vor allem physisch arbeiten.“
Wegen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts von 2012 haben Angestellte im Öffentlichen Dienst der Länder seit 2013 einheitlich 30 Tage Urlaub im Jahr, Auszubildende 27 Tage. Der Öffentliche Dienst von Bund und Kommunen ist mit seinem Tarifabschluss vom April 2014 nachgezogen und gesteht nun Angestellten 30 Tage Urlaub pro Jahr zu, Auszubildenden 28 Tage.
Trotz des heute ergangenen Urteils muss klar sein, dass es gesetzlich nur ausnahmsweise erlaubt ist, Arbeitnehmer ungleich zu behandeln. Das sollten Arbeitgeber beachten, wenn sie etwa Arbeitsverträge aushandeln.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 22.10.2014
- Autor
- red/dpa