Berufs­tätige Eltern

Kranke Kinder: Wann Eltern zu Hause bleiben dürfen

Krankheiten gehören zum Kinderalltag. Eltern dürfen zu Hause bleiben, um ihren Sprössling zu betreuen. © Quelle: Lane/corbisimages.com

Gerade kleine Kinder sind oft krank. Das wissen alle Eltern. Was viele berufs­tätige Eltern aber nicht wissen: Muss ihr Chef ihnen freigeben, damit sie ihr krankes Kind pflegen können? Und: Wer zahlt in dieser Zeit den Lohn oder das Gehalt? Die Deutsche Anwalt­auskunft zeigt, welche Rechte berufs­tätige Eltern haben.

Eltern müssen ihren Jahres­urlaub nicht opfern, um ihr krankes Kind zu pflegen. Denn Mütter und Väter haben einen gesetz­lichen Anspruch darauf, für die Betreuung ihres Nachwuchses Extra-Urlaub zu nehmen. Paragraph 616 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) legt fest, dass Arbeit­nehmer in besonderen Situationen bezahlt bei der Arbeit fehlen dürfen. Das ist etwa zur eigenen Hochzeit oder bei Todesfällen naher Verwandter erlaubt. Dies gilt aber auch für berufs­tätige Eltern, deren Kinder krank werden. Das hat das Bundes­ar­beits­gericht im April 1978 in einem Urteil festgelegt (AZ: 5 AZR 834/76).

In einem Urteil, das an diesem 5. August ergangen ist, hat das Bundes­ar­beits­gericht präzisiert, dass Eltern fünf Tage lang bezahlt zu Hause bleiben dürfen, wenn ihre Kinder krank werden. Das Urteil betrifft die Eltern, die privat versichert sind und mit ihren Jobs unter den Tarifvertrag des Öffent­lichen Dienstes fallen. Bisher sah dieser Tarifvertrag vor, dass Eltern nur vier Tage bezahlt zu Hause bleiben dürfen. Jetzt dürfen sie fünf Tage daheim bleiben und diese Zeit auf zwei Kinder aufteilen (AZ: 9 AZR 878/12).

Zahlt der Arbeitgeber?

„Wie viele Tage sich Eltern bezahlt freistellen lassen können, die in anderen Branchen arbeiten, hängt von den dort geltenden Tarifver­trägen und vom Arbeits­vertrag ab“, erklärt die Berliner Rechts­an­wältin Lisa Griesehop, Mitglied in den Arbeits­ge­mein­schaften Arbeitsrecht und Sozialrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Im Öffent­lichen Dienst zahlen Arbeitgeber in der Zeit, in der Mütter oder Väter ihren Sprössling betreuen, den Lohn oder das Gehalt fort. Auch in anderen Branchen ist das der Fall, allerdings nicht immer. „Manche Tarif- und Arbeits­verträge schließen eine solche Kulanz über Sonder­re­ge­lungen aus“, sagt Griesehop.

Wie lange dürfen Mütter und Väter zu Hause bleiben?

Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, dürfen Eltern dennoch zu Hause bleiben. Diesen gesetz­lichen Anspruch haben sie an jeweils zehn Tagen pro Jahr und Kind, bei Allein­er­zie­henden sind es 20 Tage. Bei zwei Kindern erhöht sich die Anzahl freier Tage auf jeweils 20 Tage bei Eltern und 40 Tage bei Allein­er­zie­henden. Die absolute Obergrenze liegt bei 25 bzw. 50 Tagen.

Wann zahlt die gesetzliche Krankenkasse?

In dieser Zeit springt bei gesetzlich Versicherten die Krankenkasse mit dem sogenannten Kinder­kran­kengeld ein, wenn ihr Kind auch gesetzlich versichert ist. Das sieht Paragraph 45 Sozial­ge­setzbuch V vor. Demnach zahlt die Krankenkasse Müttern und Vätern ein Kinder­kran­kengeld von 70 Prozent des Brutto­ver­dienstes, maximal sind es 90 Prozent des Nettoein­kommens. Eltern bekommen das Kinder­kran­kengeld allerdings nur unter diesen Voraus­set­zungen:

- Das Kind ist jünger als zwölf Jahre oder behindert,

- ein Arzt hat die Krankheit bescheinigt,

- die Betreuung ist nötig,

- niemand anders kann das Kind betreuen.

Sind die Eltern in verschiedenen gesetz­lichen Kranken­kassen versichert, zahlt die Versicherung der Betreu­ungs­person das Kinder­kran­kengeld. Das gilt unabhängig davon, in welcher Krankenkasse das Kind mitver­sichert ist.

„Wenn das Kind krank ist, muss man das dem Arbeitgeber sofort mitteilen. Arbeit­nehmer haben eine Mittei­lungs­pflicht“, sagt Rechts­an­wältin Griesehop. „Das ärztliche Attest muss man gleich am ersten Tag der Krankheit an die Krankenkasse schicken.“

Was tun, wenn das Kinder­kran­kengeld aufgebraucht ist?

Der Anspruch auf Freistellung kann vom Vater auf die Mutter oder umgekehrt übertragen werden. Das kann zum Beispiel dann geschehen, wenn ein Elternteil sich aus beruflichen Gründen nicht um das Kind kümmern kann. Dazu muss aber der Chef des Elternteils sein Okay geben, dem die freien Tage übertragen werden.

Rechtslage bei Kindern über zwölf Jahre

Anspruch auf Kinder­kran­kengeld haben nur Eltern von Kindern, die jünger als zwölf Jahre sind. Werden ältere Kinder krank, müssen die Eltern entweder Urlaub bei ihrem Arbeitgeber beantragen oder mit dem Chef unbezahlten Urlaub vereinbaren.

Zahlt die private Krankenkasse?

Anders als gesetzliche Kranken­kassen zahlen private Kranken­kassen kein Kinder­kran­kengeld. Privat Versicherte können sich zwar trotzdem freinehmen, finanziell gehen sie aber leer aus, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt. Ist ein Elternteil privat versichert und der andere bei einer gesetz­lichen Kranken­kassen, kommt es darauf an, bei welchem Ehepartner das Kind mitver­sichert ist.

Darf man auch bei einem kranken Haustier von der Arbeit fernbleiben?

Da für manche Haustier­be­sitzer das Tier so wichtig und teuer ist, wie der eigene Nachwuchs - gibt es auch ein Sonder­ur­laubsrecht, wenn Hund oder Katze krank sind?

Barbara Reinhard, Fachan­wältin für Arbeitsrecht muss die Hoffnungen von Tierbe­sitzern enttäuschen: „In diesen Fällen gibt es keinen Sonder­ur­laubs­an­spruch.“

Ob Arbeit­nehmer entschuldigt der Arbeit fernbleiben dürfen, ist eine andere Frage: “Wenn der Hund wirklich sehr krank ist und es niemanden gibt, der sich um ihn kümmern kann, dann kann Arbeit­nehmern aus Tierschutz­gründen der Weg zur Arbeit „unmöglich“ sein”, erklärt Reinhard. „Die Interes­sen­ab­wägung zwischen den Tierbelangen und den Interessen des Arbeit­gebers kann dazu führen, dass ich zu Hause bleiben darf“, so die Anwältin. Wer sich in diesen Ausnah­me­fällen bei dem Arbeitgeber unverzüglich abmeldet und den Hund zum Tierarzt bringt, riskiere nach ihrer Ansicht keine Abmahnung. In Deutschland gelten strenge Vorschriften zum Schutz von Tieren. In der Regel werden Arbeits­ge­richte eine Situation deshalb immer an ihrer Notlage bemessen beurteilen. Es wird also ein Kompromiss gesucht, der sowohl die Interessen des Arbeit­gebers und das Wohl des Tieres berück­sichtigt.

Kündigung in der Probezeit wegen krankem Kind?

Wird ein Mitarbeiter nicht von der Arbeit freige­stellt, obwohl er ein krankes Kind betreuen muss, kann er eigenmächtig von der Arbeit fernbleiben. Würde jemand aus diesem Grund gekündigt, wäre das eine unzulässige Maßregelung und damit nichtig. Eine Kündigung während der Krankheit des Kindes kann aber auch wirksam sein.

Das Landes­ar­beits­gericht in Mainz hatte am 8. November 2016 (AZ: 8 Sa 152/16) über die Kündigung eines allein­er­zie­henden Vaters in der Probezeit zu entscheiden. Als sein Sohn operiert werden musste, nahm er zunächst Urlaub. Nach der Operation wurde der Junge für rund drei Wochen krank geschrieben. Die Ärzte attestierten die Erforder­lichkeit der Betreuung durch seinen Vater.

Der Mann faxte seinem Arbeitgeber noch am gleichen Tag die ärztlichen Beschei­ni­gungen. Am Nachmittag desselben Tages erhielt er von seinem Chef persönlich die schriftliche ordentliche Kündigung. Dagegen klagte der Mann. Der Arbeitgeber sagte hingegen, er sei mit der Leistung des Arbeit­nehmers unzufrieden und habe ihn deshalb und nicht aufgrund seines Fernbleibens gekündigt.

Das Gericht gab dem Arbeitgeber recht. Er konnte mit einer entspre­chenden E-Mail-Korrespondenz plausibel darlegen, dass er dem Arbeit­nehmer aus anderen Gründen gekündigt hatte.

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