
Eltern müssen ihren Jahresurlaub nicht opfern, um ihr krankes Kind zu pflegen. Denn Mütter und Väter haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, für die Betreuung ihres Nachwuchses Extra-Urlaub zu nehmen. Paragraph 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) legt fest, dass Arbeitnehmer in besonderen Situationen bezahlt bei der Arbeit fehlen dürfen. Das ist etwa zur eigenen Hochzeit oder bei Todesfällen naher Verwandter erlaubt. Dies gilt aber auch für berufstätige Eltern, deren Kinder krank werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht im April 1978 in einem Urteil festgelegt (AZ: 5 AZR 834/76).
In einem Urteil, das an diesem 5. August ergangen ist, hat das Bundesarbeitsgericht präzisiert, dass Eltern fünf Tage lang bezahlt zu Hause bleiben dürfen, wenn ihre Kinder krank werden. Das Urteil betrifft die Eltern, die privat versichert sind und mit ihren Jobs unter den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes fallen. Bisher sah dieser Tarifvertrag vor, dass Eltern nur vier Tage bezahlt zu Hause bleiben dürfen. Jetzt dürfen sie fünf Tage daheim bleiben und diese Zeit auf zwei Kinder aufteilen (AZ: 9 AZR 878/12).
Zahlt der Arbeitgeber?
„Wie viele Tage sich Eltern bezahlt freistellen lassen können, die in anderen Branchen arbeiten, hängt von den dort geltenden Tarifverträgen und vom Arbeitsvertrag ab“, erklärt die Berliner Rechtsanwältin Lisa Griesehop, Mitglied in den Arbeitsgemeinschaften Arbeitsrecht und Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Im Öffentlichen Dienst zahlen Arbeitgeber in der Zeit, in der Mütter oder Väter ihren Sprössling betreuen, den Lohn oder das Gehalt fort. Auch in anderen Branchen ist das der Fall, allerdings nicht immer. „Manche Tarif- und Arbeitsverträge schließen eine solche Kulanz über Sonderregelungen aus“, sagt Griesehop.
Wie lange dürfen Mütter und Väter zu Hause bleiben?
Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, dürfen Eltern dennoch zu Hause bleiben. Diesen gesetzlichen Anspruch haben sie an jeweils zehn Tagen pro Jahr und Kind, bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage. Bei zwei Kindern erhöht sich die Anzahl freier Tage auf jeweils 20 Tage bei Eltern und 40 Tage bei Alleinerziehenden. Die absolute Obergrenze liegt bei 25 bzw. 50 Tagen.
Wann zahlt die gesetzliche Krankenkasse?
In dieser Zeit springt bei gesetzlich Versicherten die Krankenkasse mit dem sogenannten Kinderkrankengeld ein, wenn ihr Kind auch gesetzlich versichert ist. Das sieht Paragraph 45 Sozialgesetzbuch V vor. Demnach zahlt die Krankenkasse Müttern und Vätern ein Kinderkrankengeld von 70 Prozent des Bruttoverdienstes, maximal sind es 90 Prozent des Nettoeinkommens. Eltern bekommen das Kinderkrankengeld allerdings nur unter diesen Voraussetzungen:
- Das Kind ist jünger als zwölf Jahre oder behindert,
- ein Arzt hat die Krankheit bescheinigt,
- die Betreuung ist nötig,
- niemand anders kann das Kind betreuen.
Sind die Eltern in verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen versichert, zahlt die Versicherung der Betreuungsperson das Kinderkrankengeld. Das gilt unabhängig davon, in welcher Krankenkasse das Kind mitversichert ist.
„Wenn das Kind krank ist, muss man das dem Arbeitgeber sofort mitteilen. Arbeitnehmer haben eine Mitteilungspflicht“, sagt Rechtsanwältin Griesehop. „Das ärztliche Attest muss man gleich am ersten Tag der Krankheit an die Krankenkasse schicken.“
Was tun, wenn das Kinderkrankengeld aufgebraucht ist?
Der Anspruch auf Freistellung kann vom Vater auf die Mutter oder umgekehrt übertragen werden. Das kann zum Beispiel dann geschehen, wenn ein Elternteil sich aus beruflichen Gründen nicht um das Kind kümmern kann. Dazu muss aber der Chef des Elternteils sein Okay geben, dem die freien Tage übertragen werden.
Rechtslage bei Kindern über zwölf Jahre
Anspruch auf Kinderkrankengeld haben nur Eltern von Kindern, die jünger als zwölf Jahre sind. Werden ältere Kinder krank, müssen die Eltern entweder Urlaub bei ihrem Arbeitgeber beantragen oder mit dem Chef unbezahlten Urlaub vereinbaren.
Zahlt die private Krankenkasse?
Anders als gesetzliche Krankenkassen zahlen private Krankenkassen kein Kinderkrankengeld. Privat Versicherte können sich zwar trotzdem freinehmen, finanziell gehen sie aber leer aus, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt. Ist ein Elternteil privat versichert und der andere bei einer gesetzlichen Krankenkassen, kommt es darauf an, bei welchem Ehepartner das Kind mitversichert ist.
Darf man auch bei einem kranken Haustier von der Arbeit fernbleiben?
Da für manche Haustierbesitzer das Tier so wichtig und teuer ist, wie der eigene Nachwuchs - gibt es auch ein Sonderurlaubsrecht, wenn Hund oder Katze krank sind?
Barbara Reinhard, Fachanwältin für Arbeitsrecht muss die Hoffnungen von Tierbesitzern enttäuschen: „In diesen Fällen gibt es keinen Sonderurlaubsanspruch.“
Ob Arbeitnehmer entschuldigt der Arbeit fernbleiben dürfen, ist eine andere Frage: “Wenn der Hund wirklich sehr krank ist und es niemanden gibt, der sich um ihn kümmern kann, dann kann Arbeitnehmern aus Tierschutzgründen der Weg zur Arbeit „unmöglich“ sein”, erklärt Reinhard. „Die Interessenabwägung zwischen den Tierbelangen und den Interessen des Arbeitgebers kann dazu führen, dass ich zu Hause bleiben darf“, so die Anwältin. Wer sich in diesen Ausnahmefällen bei dem Arbeitgeber unverzüglich abmeldet und den Hund zum Tierarzt bringt, riskiere nach ihrer Ansicht keine Abmahnung. In Deutschland gelten strenge Vorschriften zum Schutz von Tieren. In der Regel werden Arbeitsgerichte eine Situation deshalb immer an ihrer Notlage bemessen beurteilen. Es wird also ein Kompromiss gesucht, der sowohl die Interessen des Arbeitgebers und das Wohl des Tieres berücksichtigt.
Kündigung in der Probezeit wegen krankem Kind?
Wird ein Mitarbeiter nicht von der Arbeit freigestellt, obwohl er ein krankes Kind betreuen muss, kann er eigenmächtig von der Arbeit fernbleiben. Würde jemand aus diesem Grund gekündigt, wäre das eine unzulässige Maßregelung und damit nichtig. Eine Kündigung während der Krankheit des Kindes kann aber auch wirksam sein.
Das Landesarbeitsgericht in Mainz hatte am 8. November 2016 (AZ: 8 Sa 152/16) über die Kündigung eines alleinerziehenden Vaters in der Probezeit zu entscheiden. Als sein Sohn operiert werden musste, nahm er zunächst Urlaub. Nach der Operation wurde der Junge für rund drei Wochen krank geschrieben. Die Ärzte attestierten die Erforderlichkeit der Betreuung durch seinen Vater.
Der Mann faxte seinem Arbeitgeber noch am gleichen Tag die ärztlichen Bescheinigungen. Am Nachmittag desselben Tages erhielt er von seinem Chef persönlich die schriftliche ordentliche Kündigung. Dagegen klagte der Mann. Der Arbeitgeber sagte hingegen, er sei mit der Leistung des Arbeitnehmers unzufrieden und habe ihn deshalb und nicht aufgrund seines Fernbleibens gekündigt.
Das Gericht gab dem Arbeitgeber recht. Er konnte mit einer entsprechenden E-Mail-Korrespondenz plausibel darlegen, dass er dem Arbeitnehmer aus anderen Gründen gekündigt hatte.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 14.08.2018
- Autor
- ime/red/dpa