
In der Regel müssen sie das nicht. Es kommt allerdings auf die Regelung im Tarifvertrag an. Auch wenn sich der Arbeitgeber dazu verpflichtet, von arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Abmahnungen und Entlassungen abzusehen (Maßregelungsverbotsverzicht), bedeutet dies nicht automatisch, dass er alle wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen muss. Streikende können dann also nicht die ausgezahlte Streikbruchprämie verlangen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juli 2016 (AZ: 19 Sa 629/16), über die die die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Arbeitsrecht: Regeln bei Streikbruchprämie und Maßregelungsverbotsverzicht
Bei einem Nahverkehrsbetrieb im Land Brandenburg wurde für acht Tage gestreikt. Der Arbeitgeber versuchte über einen Aushang am schwarzen Brett, die Arbeitnehmer dazu zu bewegen, den Arbeitskampf zu brechen. Er bot ihnen 30 Euro Streikbruchprämie pro Tag an, wenn sie sich nicht daran beteiligten.
Nachdem die Arbeitskampfmaßnahmen nach acht Tagen geendet hatten, gab es eine Änderung im Tarifvertrag. Danach verzichtete der Arbeitgeber auf arbeitsrechtliche Maßnahmen („Abmahnung, Entlassung oder Ähnliches“) aus Anlass des Streiks. Der Kläger, der am Streik teilgenommen hatte, vertrat mit Blick auf diese Vereinbarung die Auffassung, dass er ebenfalls Anspruch auf die Streikbruchprämie von insgesamt 240 Euro habe. Er dürfe schließlich – nach tariflicher Vereinbarung – nicht schlechter gestellt werden als die Streikbrecher.
Urteil: keine Streikbruchprämie für Streikende
Das sah das Gericht jedoch anders. Die Vereinbarung im Tarifvertrag führe nicht automatisch dazu, dass alle wirtschaftliche Ungleichheiten ausgeglichen werden müssten. Dies betreffe auch Verdiensteinbußen. Die Formulierung, dass man von Abmahnung, Kündigung und Ähnlichem absehe, umfasse schon vom Wortlaut her nicht, dass dazu auch der Ausgleich der Streikbruchprämie gehöre. Dies sei eine völlig andere Ebene.
Außerdem sollen diese „Maßregelungsverbote“ grundsätzlich der Wiederherstellung des Arbeitsfriedens nach einem Streik dienen, so das Gericht. „Meist beteiligen sich nicht alle Arbeitnehmer an Arbeitskampfmaßnahmen“, so die Richter. Dies führe zu einer Spaltung der Belegschaft. Deshalb sei es notwendig, den Arbeitsfrieden im Betrieb wiederherzustellen.
Daraus folge jedoch nicht automatisch, dass alle Maßnahmen wieder ausgeglichen werden müssten. Das Maßregelungsverbot gelte nicht grenzenlos, sondern habe sich am Wortlaut zu orientieren.
- Datum
- Aktualisiert am
- 05.09.2017
- Autor
- red