
Sie nennt sich „Texas Patti“ und dreht erotische Filme. Dafür heimste sie 2013 sogar den Preis als beste Nachwuchsdarstellerin auf der „Venus“-Messe ein. Im Hauptberuf aber ist „Patti“ Zahnarzthelferin - allerdings derzeit ohne Job. Denn ihr Arbeitgeber hat sie entlassen, offenbar missfiel ihm das filmische Hobby seiner Angestellten.
Ob diese und ähnliche Kündigungen nach dem Kündigungsschutzgesetz legitim sind, ist rechtlich eine schwierige Frage. Zunächst einmal gilt, dass es dem deutschen Arbeitsrecht nach für Kündigungen handfeste Gründe geben muss. Ob vermeintliches Fehlverhalten im Privaten zu diesen Gründen gehört, lässt sich nicht generell sagen. Außerdem gilt: Was ein Arbeitnehmer zu Hause und in seiner Freizeit macht, geht niemanden etwas an, auch den Arbeitgeber nicht.
Aber dieser Grundsatz stößt manchmal an Grenzen. Zum Beispiel dann, wenn ein Mitarbeiter mit seinem privaten Verhalten dem Ruf des Unternehmens schadet, in dem er arbeitet. Oder wenn er damit den Betriebsfrieden stört und Kunden vergrault. Dafür kann schon ein unbedacht eingestelltes Foto auf Facebook reichen, das den Arbeitnehmer sturztrunken auf einer Party zeigt. Ein solches Bild könnte für eine Abmahnung reichen, manchmal auch für eine Kündigung.
Das kann auch dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer durch sein Privatleben arbeitsvertragliche Pflichten verletzt. „Ein Mitarbeiter könnte unter Umständen gekündigt werden, wenn er wegen Alkohol am Steuer seinen Führerschein verliert – er ihn für seinen Job aber dringend braucht und nicht anders eingesetzt werden kann“, sagt der Rechtsanwalt Reinhard Schütte von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „In dem Fall kann er seinen Arbeitsvertrag nicht mehr erfüllen.“
Kündigung wegen Straftaten
Den Job verlieren können auch Arbeitnehmer, die im Privatleben eine Straftat begangen haben. In solchen Fällen droht vor allem denjenigen Mitarbeitern eine Entlassung, die in sogenannten Vertrauensstellungen arbeiten und zum Beispiel das Geld des Unternehmens verwalten. „Wenn ein Bankkassierer ehrenamtlich bei einem Verein als Schatzmeister arbeitet und dabei Geld unterschlägt, könnte ihm unter Umständen sein Arbeitgeber kündigen“, erklärt Rechtsanwalt Reinhard Schütte. Eine Unterschlagung bedeutet einen Vertrauensverlust und diskreditiert den Mitarbeiter in den Augen seines Chefs für den beruflichen Umgang mit Geld.
Besonders aufpassen, was von ihrem Privatleben nach außen dringt, müssen leitende Angestellte und Führungskräfte. Denn ihr privates Fehlverhalten wird von Arbeitsgerichten manchmal strenger beurteilt als das „einfacher“ Mitarbeiter. Führungskräfte gelten nämlich sehr viel stärker als der Otto-Normal-Arbeitnehmer als Aushängeschilder des Unternehmens.
Bei Kündigungen wegen des Privatlebens zählt der Einzelfall
Es gibt also viele private Gründe, die zu Kündigungen führen können. Wichtig zu wissen ist aber, dass private Fehltritte nicht zu einer Entlassung führen müssen. Arbeitsrechtlich kommt es nämlich immer auf den Einzelfall an. Die Hürden für Kündigungen sind dem deutschen Arbeitsrecht nach hoch, Kündigungen sind oft nur als letztes Mittel zulässig und die Interessen der Parteien müssen immer gegeneinander abgewogen werden.
Das gilt unter anderem, wenn das Privatleben mit den Anforderungen kirchlicher Arbeitgeber kollidiert. In einem Fall aus Düsseldorf hatte ein katholisches Krankenhaus einen katholischen Chefarzt entlassen, weil er sich hatten scheiden lassen und erneut geheiratet hatte. Der Arzt reicht Klage ein. Nachdem der Streit durch mehrere Instanzen gegangen war, gab der Europäische Gerichtshof dem Arzt Recht. Die Luxemburger Richter urteilten, dass die Kündigung eine Diskriminierung aufgrund der Religion darstellen könne (AZ: C-68/17). Der Fall wurde an das BAG zurückverwiesen.
Fremdenfeindliche Äußerungen in geschlossener WhatsApp-Gruppe: Keine Kündigung
In einem anderen Fall ging es um eine Kündigung aufgrund von Äußerungen in einer geschlossenen Whats-App-Gruppe. Das Arbeitsgerichts Mainz entschied: Wer in einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe Kollegen rassistische Gedanken weitergibt, muss deswegen nicht mit einer Kündigung rechnen. Er darf darauf vertrauen, dass diese Äußerungen privat und vertraulich sind, also nicht nach außen getragen werden. Über die Entscheidung vom 15. November 2017 informiert die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV (AZ: 4 Ca 1240/17).
Der Mann war bei der Stadt angestellt. Als diese von einem anderen Arbeitnehmer ein Chat-Protokoll erhielt, kündigte sie dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Mitarbeiter sei unter anderem an Abschiebungen beteiligt und begleite in diesem Zusammenhang Asylbewerber und Asylbewerberinnen. Die Ausübung dieser dienstlichen Pflicht sei unvereinbar mit einer ausländerfeindlichen Gesinnung. Der Arbeitnehmer klagte dagegen.
Vor Gericht hatte er mit seiner Kündigungsschutzklage Erfolg: Die Stadt sei weder zur fristlosen noch ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, entschieden die Richter. Die Chats in der WhatsApp-Gruppe seien vertraulich gewesen. Es habe sich um eine geschlossene Gruppe auf WhatsApp gehandelt, so dass jeder Teilnehmer davon habe ausgehen dürfen, dass auch nur die Gruppenmitglieder die Nachrichten läsen.
Hakenkreuz am Arbeitsplatz gezeigt: Kündigung
Das Hakenkreuz ist das wohl bekannteste Symbol des Nationalsozialismus, es ist gesetzlich verboten. Wer am Arbeitsplatz mit einem Hakenkreuz auftaucht, muss mit der Kündigung rechnen. So ging es auch einem Außendienstmitarbeiter im Ordnungsamt Berlin. In einer Pause während der Dienstzeit hatte der Mann in Hitlers ‚Mein Kampf’ gelesen. Das Hakenkreuz auf dem Einband war offen sichtbar.
Sein Arbeitgeber, das Land Berlin, kündigte ihm daraufhin fristlos und begründete die Kündigung mit „einem wiederholten Fehlverhalten, Verstoß gegen die in § 3 Absatz 1 Satz 2 TV-L formulierte Hauptvertragspflicht und dem nicht mehr seitens der Dienststelle vorhandenen Vertrauen auf die korrekte Amtsausübung im Sinne eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung“.
Der Arbeitnehmer klagte gegen seine Kündigung, doch die Gerichte gaben in beiden Instanzen seinem Arbeitgeber Recht (Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. September 2017; AZ: 10 Sa 899/17), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV mitteilt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 12.03.2019
- Autor
- ime,DAV,red/dpa