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Echt Recht?

450-Euro-Job: Gilt der Mindestlohn für Minijobber?

Der Mindestlohn gilt ab 2015 - auch für Minijobber. Doch hängen einige Fragen an den 450-Euro-Jobs. © Quelle: DAV

Ab dem 1. Januar 2015 gilt der Mindestlohn. 8,50 Euro gibt es dann stündlich für getane Arbeit – mit wenigen Ausnahmen. Was passiert aber mit den 450-Euro-Jobbern, auch als geringfügig Beschäftigte oder Minijobber bezeichnet? Das fragte unsere Leserin Britta B. Swen Walentowski hat die Antworten.

Liebe Britta B.,

vielen Dank für Ihre interessante Frage. Die Gesetz­gebung zum Mindestlohn wurde medial umfassend begleitet – und dennoch bleiben bei einigen Menschen Fragen offen.

Besonders Arbeit­nehmer wie Sie, die einem 450-Euro-Job nachgehen, fragen sich oft: Bekomme ich weiterhin 450 Euro und muss dementsprechend weniger arbeiten? Die Antwort: Ja, genau so ist es. Die wenigen Mindestlohn-Ausnahmen betreffen vor allem unter 18-Jährige und Prakti­kanten. Für (nahezu) alle anderen Beschäf­tigten gilt der einheitliche gesetzliche Mindestlohn.

Mindestlohn für Minijobber ab 2015 – Übergangsphase aber möglich

Teilweise wird es bis 2017 eine Übergangszeit geben, in der Tarifpartner, also Gewerk­schaften und Arbeit­ge­ber­verbände, auch Stundenlöhne unter 8,50 Euro vereinbaren können; für ihre jeweilige Branche. Das kann auch auf geringfügig Beschäftigte zutreffen.

Derzeit erhalten Minijobber 450 Euro im Monat. Teilt man das durch 8,50 Euro, ergibt dies 52,9 Stunden monatliche Arbeit, womit Minijobber künftig keine 15 Stunden wöchentlich mehr arbeiten dürfen – wie teilweise derzeit.

Um Minijobber weiterhin zu beschäftigen muss also gegebe­nenfalls die Wochen­stun­den­ar­beitszeit reduziert werden – insofern sie nicht ohnehin schon mehr als den Mindestlohn verdienen.

Gesetz­licher Mindestlohn steigt auf 8,84 Euro

Zum 1. Januar 2017 gibt es Neuerungen beim gesetz­lichen Mindestlohn. Dieser beträgt dann 8,84 Euro pro Stunde. Den Mindestlohn erhalten alle volljährigen Arbeit­nehmer mit Ausnahme von Langzeit­ar­beitslosen in den ersten sechs Monaten nach Wieder­aufnahme einer Arbeit. Die weiteren Ausnahmen, die bisher für bestimmte Gruppen von Arbeit­nehmern wie Prakti­kanten galten, bleiben bestehen. Auch für Minijobber gilt der höhere Mindestlohn. Wichtig zu beachten: Der Verdienst des Minijobbers darf trotzdem die Höchst­grenze von 450 Euro monatlich nicht überschreiten. Im Zweifel sollte man also die Arbeitszeit verkürzen. Als Faustregel gilt beim Mindestlohn im Minijob: Künftig können höchstens 50 Stunden und 54 Minuten im Monat gearbeitet werden, wenn man die von Sozial­abgaben befreite Beschäf­tigung nicht riskieren will. (Quelle: dpa)

Viele Minijobber verdienen schon heute mehr 450 Euro brutto

Denn wie viele Minijobber davon überhaupt betroffen sind, ist nicht eindeutig festzu­stellen. Angeblich sollen es bis zu 50 Prozent sein. Allerdings ist der Mindestlohn als Brutto-Stundenlohn angegeben. Einige Minijobber verdienen netto bereits heute mehr.

Natürlich unterscheiden sich die Verdienst­mög­lich­keiten je nach Branche und Arbeitgeber. Daher vermuten Kritiker des Mindestlohns, dass die Schwarz­arbeit in einigen Bereichen zunimmt. Offiziell werde die Stundenzahl reduziert, die früher üblichen zusätz­lichen Arbeits­stunden dann als Schwarz­arbeit trotzdem vom Arbeit­nehmer verlangt – so die Befürchtung. Derzeit lässt sich jedoch noch nicht absehen, inwiefern dies tatsächlich Praxis werden wird.

Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht für Minijobber, die mehr als 450 Euro verdienen

Unter Umständen wirkt sich der Mindestlohn für Minijobber aber sogar negativ aus. Wer künftig mehr als 450 Euro verdient, rutscht in die Sozial­ver­si­che­rungs­pflicht.  Jeder Arbeit­nehmer, der 450,01 Euro oder mehr verdient, müsste dann die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Renten­ver­si­cherung abführen. Zusätzliche Kosten, von denen unter Umständen der Arbeitgeber sogar profitiert. Der Arbeit­nehmer aber findet eventuell netto weniger Geld auf dem Konto wieder, als vor der Zeit des Mindestlohns.

Unwirksamer Arbeits­vertrag: Arbeit­nehmer machen sich nicht strafbar

Wie aber sollen sich Arbeit­nehmer verhalten, wenn ihre Vorgesetzten den Mindestlohn nicht zahlen wollen und ihren Minijobbern einen Vertrag zur Unterschrift vorlegen, der keinen Stundenlohn von 8,50 Euro vorsieht?

Ein Arbeit­nehmer, der einen solchen – unwirksamen – Vertrag unterschreibt, macht sich nicht strafbar. Betroffene können gegebe­nenfalls den Mindestlohn innerhalb der gesetz­lichen Verjäh­rungsfrist auch später noch geltend machen, etwa nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses.

Allerdings gilt mitunter die erwähnte Übergangsphase bis Ende 2016. Arbeit­nehmer sollten sich darüber informieren, ehe sie etwa das Gespräch mit ihren Vorgesetzten suchen.

Einen Königsweg gibt es nicht, um aus dieser misslichen Lage heraus zu kommen. Manchmal hilft ein Gespräch mit dem Chef, doch muss das von Fall zu Fall entschieden werden.

Was Arbeit­nehmer aber stets im Hinterkopf haben sollten: Sie haben einen gesetz­lichen Anspruch auf den Brutto­stun­denlohn von 8,50 – notfalls kann man diesen auch vor Gericht eingefordern.

Verwei­gerung des Mindestlohns: Pflichten und Strafen für Arbeitgeber

Dass aber auch Arbeitgeber ein Interesse daran haben sollten, den Mindestlohn gesetzestreu umzusetzen, zeigt ein Blick auf die möglichen Strafen.

Die sogenannte Finanz­kon­trolle Schwarz­arbeit (FKS) kontrolliert künftig die Einhaltung der Mindestlohn-Zahlungen und darf Einsicht in Lohn- und Meldeun­terlagen von Unternehmen und Betrieben nehmen. Nichtzahlern drohen Geldbußen von bis zu 500.000 Euro. Es handelt sich hierbei um eine Ordnungs­wid­rigkeit.

Unternehmen aus verschiedenen Branchen haben außerdem künftig eine Aufzeich­nungs­pflicht. Das trifft etwa auf den Messebau, die Gastronomie oder das Baugewerbe zu. Sie müssen spätestens am siebten Tag nach der Arbeits­leistung den Beginn, das Ende und die Dauer der geleisteten Arbeit dokumen­tieren.

Gering­fügige Beschäf­ti­gungen müssen dokumentiert werden

Branchen­un­ab­hängig und für Ihre Frage, liebe Britta, entscheidend, müssen Arbeitgeber alle gering­fügigen Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse aufzeichnen und mindestens zwei Jahre aufbewahren.

Ich hoffe, Ihnen damit weiter­ge­holfen zu haben.

Mit freund­lichen Grüßen,

Ihr Swen Walentowski

Haben auch Sie Stress mit Ihrem Arbeitgeber? Hier finden Sie rechtlichen Rat.

Datum
Aktualisiert am
20.12.2016
Autor
Swen Walentowski
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Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Kündigung Vertrag

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