
Privates und Berufliches soll man bekanntlich trennen. Dass Theorie und Praxis aber oftmals weiter auseinander liegen als Partner im Doppelbett nach 20 Ehejahren, ist weithin bekannt. Und so verwundern die Zahlen nicht, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa 2013 veröffentlichte: Demnach hat sich jeder fünfte Berufstätige schon mal in einen Kollegen verliebt, jeder siebte sogar am Arbeitsplatz die große Liebe gefunden.
Niemand darf eine Beziehung mit Arbeitskollegen verbieten
Wie sieht es rechtlich aus, wenn es zwischen Akten oder im Großraumbüro tatsächlich knistert? Zunächst ist festzuhalten: Verbieten kann die Liebe im Büro niemand – auch nicht der Vorgesetzte. Denn er darf nicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht seiner Angestellten eingreifen. Dennoch sollten Verliebte einiges beachten, wenn sie mit den Flugzeugen im Bauch nicht vor die Tür des Arbeitgebers fliegen wollen.
„Der Chef darf zwar nicht sagen ‚Ihr dürft nicht’, er darf aber sagen ‚Ihr dürft nicht hier’“, sagt Dr. Nathalie Oberthür, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Wer also seine Beziehung am Arbeitsplatz öffentlich macht, sollte auf Küsse, Streicheleien und sonstige Liebkosungen während der Arbeitszeit verzichten – ein schnelles morgendliches Begrüßungsküsschen einmal ausgenommen.
Der Eingangssatz stimmt in gewisser Weise also doch: Berufliches und Privates gehören getrennt. Das kann übrigens auch außerhalb der Arbeitszeiten gelten: Der Chef darf verbieten, dass sich Kollegen in den Räumlichkeiten des Betriebs nahe kommen und beispielsweise die Mittagspause knutschend in der Firmenkantine verbringen.
Der Chef darf in die Arbeitssituation der Verliebten eingreifen
Darüber hinaus kann der Vorgesetzte weitere Maßnahmen ergreifen – im Rahmen seines Direktionsrechts. So kann er die liebenden Kollegen auseinander setzen, sollte er befürchten, dass die Arbeitsleistung leiden könnte. Dafür bedarf es auch keiner vorherigen Vorfälle wie einer offensichtlich verminderten Arbeitsleistung oder Beschwerden von Kollegen. „Diese Maßnahmen dürfen allerdings nicht maßregelnd sein“, so Rechtsanwältin Dr. Oberthür. Eine Versetzung in einen anderen Firmenbereich ist somit ebenfalls möglich – Gehaltseinbußen dürfen damit allerdings nicht einhergehen.
Ob ein gemeinsamer Liebesurlaub möglich ist, entscheidet nicht nur der Geldbeutel: Aus betrieblichen Gründen dürfen für den gleichen Zeitraum eingereichte Urlaubsanträge der beiden Kollegen abgelehnt werden, etwa wenn beide ähnliche Aufgaben haben.
Liebe im Büro: Wann der Chef abmahnen und kündigen darf
Vernachlässigen verliebte Kollegen wegen der Beziehung am Arbeitsplatz ihre beruflichen Pflichten, drohen Konsequenzen und unter Umständen sogar eine Abmahnung – die neue Liebe gilt dabei nicht als Ausrede. „Wenn beispielsweise die romantische Mittagspause im Park eigenmächtig verlängert wurde, darf der Vorgesetzte abmahnen – dabei spielt der Anlass der Verspätung keine Rolle“, sagt Arbeitsrechtsexpertin Dr. Nathalie Oberthür und ergänzt: „Es gibt Pflichten, die ein Arbeitnehmer zu erbringen hat. Wer diesen nicht nachkommt, muss mit einer Abmahnung rechnen.“
Sollten sich diese Dinge wiederholen – verlängerte Mittagspausen oder Knutschen im Büro –, kann der Chef nach vorheriger Abmahnung auch fristlos kündigen. Ob zuvor eine, zwei oder drei Abmahnungen ausgesprochen werden müssen, sei nicht pauschal zu sagen, erklärt die Rechtsanwältin aus Köln: „Es kommt immer auf den konkreten Fall und die Schwere des Vergehens an.“ Theoretisch sei eine fristlose Kündigung auch ohne Vorwarnung erlaubt. Dieser müsste aber schon eine sehr große und geschäftsschädigende Verfehlung vorangegangen sein.
Beziehung am Arbeitsplatz: Sex im Büro ist nicht unbedingt verboten
Liebestrunken und vollgetankt mit Hormonen, können einen letztere schon mal überrollen. Dass es während der Arbeitszeit nicht geht, ist klar. Aber abends, wenn alle Kollegen schon Feierabend haben... Inwiefern Sex dann am Arbeitsplatz erlaubt ist, hängt zunächst davon ab, ob es ein öffentlich zugänglicher Raum ist. In einem Biergarten zum Beispiel sollte darauf verzichtet werden.
Wenn man erwischt werden sollte, muss das zwar nicht unbedingt arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, kann aber den Tatbestand der Erregung öffentlichen Ärgernisses erfüllen. In öffentlich nicht zugänglichen Räumen wie einem Büro, in das man nur mit Schlüssel oder Schlüsselkarte hineinkommt, könnte das möglicherweise etwas anderes sein.
Sollte es der Arbeitgeber nicht grundsätzlich verboten haben und werden auch sonst keine Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wäre es nicht sanktionsfähig, wenn der Chef ein Paar erwischt, erklärt Nathalie Oberthür. Gleichwohl könnte der Chef nach der Erfahrung künftige Liebesspiele untersagen. „Wiederholt sich der Vorfall, muss mit einer Abmahnung gerechnet werden“, sagt die Kölner Rechtsanwältin.
Spezialfall: Wenn der Lehrer mit dem Schüler
Komplizierter wird die Liebe am Arbeitsplatz bei folgendem Szenario: Eine Ausbilderin verliebt sich in ihren Auszubildenden. Auch das ist zunächst nicht verboten, solange diese Liebe einvernehmlich und der Auszubildende über 18 Jahre alt ist. Andernfalls könnte es sich um Misshandlung von Schutzbefohlenen handeln und das ist strafbar.
Nichtsdestotrotz ist es pikant, schließlich besteht eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Auch dann ist eine Beziehung zwar kein Kündigungsgrund, aber es ist womöglich sinnvoll, wenn eine andere Ausbilderin den Auszubildenden betreut – soweit das möglich ist. Aus beiderseitigem Interesse sollte die Ausbilderin das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten suchen, damit alle Beteiligten zu einer einvernehmlichen Lösung kommen.
Zusammenfassung: Wie viel Liebe ist erlaubt?
- Eine Beziehung zu einem Arbeitskollegen ist in der Regel erlaubt – im Betrieb sollten die Gefühle allerdings in Zaum gehalten werden.
- Sollten die Arbeitsleistung oder das Betriebsklima unter der Beziehung leiden, darf der Vorgesetzte im Rahmen seines Diskretionsrechts handeln – etwa, indem er die Verliebten räumlich trennt.
- Auch Abmahnungen sind in diesen Fällen möglich, bei Wiederholungsfällen kann das sogar zur fristlosen Kündigung führen.
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Sie haben im Büro rumgeknutscht und wurden dabei gefilmt? Lesen Sie hier, ob Ihr Chef das darf.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 14.02.2024
- Autor
- ndm/red