Gehaltsverhandlung: Haben Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch auf mehr Lohn oder Gehalt?
Arbeitnehmer haben keinen rechtlichen Anspruch auf „automatische“ Lohn- oder Gehaltserhöhungen, wenn für das dem Unternehmen, in dem sie arbeiten, kein Tarifvertrag gilt. Deshalb müssen Arbeitnehmer von Zeit zu Zeit mit ihrem Chef über mehr Geld für ihre Arbeit sprechen. Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es nur, wenn in ihrem Arbeitsvertrag festgelegt ist, dass ihr Lohn oder ihr Gehalt regelmäßig in einer bestimmten Höhe steigt.
Höheres Gehalt: Ist der Arbeitgeber verpflichtet, mehr Lohn zu zahlen?
Die schlichte Antwortet lautet: Nein. Dem Wunsch eines Arbeitnehmers nach einem höheren Lohn oder Gehalt muss der Arbeitgeber nicht nachkommen. Das gilt selbst dann, wenn der Lohn oder das Gehalt eines Arbeitnehmers längere Zeit nicht gestiegen und Gehaltserhöhungen im Unternehmen allgemein üblich sind.
Gehaltserhöhung: Rechtlicher Anspruch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz
Ein rechtlicher Anspruch auf mehr Geld für die eigene Leistung kann sich aber dann ergeben, wenn der Chef anderen, in vergleichbaren Positionen tätigen Mitarbeitern im Unternehmen das Einkommen erhöht, einen Arbeitnehmer aber davon willkürlich und ohne sachlichen Grund ausnimmt. Ein solches Vorgehen könnte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen und dem übergangenen Mitarbeiter deshalb ein Anspruch auf mehr Lohn oder Gehalt zustehen.
Urteil: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Das musste auch Unternehmen aus dem Raum Berlin-Brandenburg erfahren, das ein Leiharbeiter auf höheren Lohn verklagte. Der 52-jährige Arbeitnehmer war für ein Leiharbeitsunternehmen als Haustechniker im Energiemanagement tätig. Er erhielt einen Stundenlohn von elf Euro. Nachdem er festgestellt hatte, dass andere bei dem Leiharbeitsunternehmen beschäftigte Haustechniker einen Stundenlohn von 13 Euro bekamen, verlangte der Mann denselben Stundenlohn. Da der Arbeitgeber ihm dies versagte, klagte er.
Der Arbeitnehmer hatte mit seiner Klage Erfolg. Verdienen bei gleicher Tätigkeit andere Mitarbeiter in einem Betrieb mehr, haben alle den Anspruch auf den höheren Lohn (Arbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 15. Juli 2016, AZ: 28 Ca 6346/16).
Das Gericht betonte zwar den grundsätzlichen Vorrang der Vertragsfreiheit, also des frei ausgehandelten Arbeitsvertrags. Die Verhandlung über einen Arbeitsvertrag müsse „in echter Vertragsparität und voller Freiheit beider Seiten“ geführt werden können. Dies sei aber eben in einer Welt mit vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsverträgen meist nicht der Fall. Es ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag eine Benachteiligung. Daher habe der betroffene Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gleichstellung gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Wer sich bei Steigerungen des Lohnes oder Gehaltes unberechtigt übergangen fühlt, kann sich an eine Rechtsanwältin oder an einen Rechtsanwalt wenden und sich von diesem beraten und über die Rechtslage informieren lassen.
Wie beeinflussen Tarifverträge eine Gehaltsverhandlung?
Ein rechtlicher Anspruch auf regelmäßige Lohn- oder Gehaltserhöhung kann zum Beispiel dann entstehen, wenn Arbeitnehmer in einem tarifgebundenen Unternehmen tätig und selbst Mitglied in der tarifschließenden Gewerkschaft sind. Außerdem muss der aktuelle (Entgelt-) Tarifvertrag eine Erhöhung vorsehen. Auch Haustarifverträge können solche Regeln enthalten.
Gehaltsverhandlung im Vorstellungsgespräch: Nicht zu bescheiden, nicht zu anspruchsvoll
Wie viel Geld ein Beschäftigter für seine Arbeit erhält, ist meist frei verhandelbar. Deshalb sollten sich Arbeitnehmer etwa vor einem Vorstellungsgespräch überlegen, welche Lohn- oder Gehaltshöhe sie mit dem potentiellen Chef verhandeln wollte.
Die Vorstellungen über die Höhe des Geldes, das man verdienen will, sollten realistisch sein, denn mit zu hohen Forderungen katapultiert man sich leicht aus dem Bewerbungsverfahren. Wer sich demgegenüber mit einem zu niedrigen Lohn oder Gehalt zufrieden gibt, braucht oft Jahre, um auf ein angemessenes Entgelt zu kommen.
Daher sollte man sich, um bei der Gehaltsverhandlung gut agieren zu können, vor dem Vorstellungsgespräch eingehend informieren. Zum Beispiel über die branchenüblichen Löhne und Gehälter, das regionale Lohnniveau oder darüber, wie die angestrebte Position in der Regel entlohnt wird. Auch ist es ratsam, die eigene Berufserfahrung zu berücksichtigen.
Kann man Gehaltserhöhungen im Arbeitsvertrag festlegen?
Ja. Wenn man geschickt agiert und sich der künftige Chef darauf einlässt, kann man bereits im Vorstellungsgespräch die Weichen für künftige Gehaltserhöhungen zumindest in den nächsten ein bis drei Jahren stellen, sie mitbesprechen und im Arbeitsvertrag fixieren lassen. Man kann auch festlegen, wann die erste Gehaltserhöhung greifen soll, zum Beispiel bereits nach der Probezeit.
Gehaltserhöhung nach der Probezeit?
Für Arbeitnehmer, die neu in einer Firma zu arbeiten beginnen und deren Arbeitsverträge solche Klauseln nicht enthalten, sieht die Lage aber anders aus. Sie sollten nach dem Ende der Probezeit nicht gleich nach einer Gehaltserhöhung fragen, aber dennoch das Gespräch mit ihrem Chef suchen.
„Inhaltlich sollte es darum gehen, die Leistungen des Arbeitnehmers zu bilanzieren und zu überlegen, was man verbessern kann“, rät der Heidelberger Rechtsanwalt Michael Eckert vom Vorstand des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
„In diesem Gespräch kann man auch überlegen, wann man sich wieder zusammensetzt, um über eine Gehaltserhöhung zu sprechen.“ Dafür sei ein Jahr nach dem Arbeitsbeginn in einem Unternehmen ein guter Zeitpunkt.
In welchen Abständen sollte man um mehr Gehalt verhandeln?
Doch auch Arbeitnehmer, die schon länger in einer Firma arbeiten, müssen in bestimmten zeitlichen Abständen mit ihrem Chef über mehr Lohn oder Gehalt sprechen. „Die Abstände der Gespräche über Gehaltserhöhungen sollten nicht unter einem Jahr liegen“, sagt Arbeitsrechtsexperte Michael Eckert. Gehaltsverhandlungen sollten nur ausnahmsweise in kürzerem Abstand erfolgen. Gerechtfertigt könnte das sein, wenn sich die berufliche Situation des Arbeitnehmers seit der letzten Verhandlung deutlich verändert hat, er zum Beispiel aufgestiegen und nun in einer höheren Position mit mehr Aufgaben tätig ist.
Gehaltsverhandlung: Wie viel mehr Lohn oder Gehalt sollte man fordern?
Wie viel mehr Einkommen man fordern sollte, ist umstritten. „Zehn Prozent mehr Gehalt bei unveränderter Aufgabe im Betrieb halte ich in der Regel für zu viel“, sagt Michael Eckert. Der Arbeitsrechtsexperte rät, sich an den branchenüblichen Gehältern zu orientieren. Auch die allgemeinen Tarifabschlüsse und Tariferhöhungen seien ein guter Leitfaden für die eigenen Forderungen, so Eckert.
Gehaltsgespräch: Nebenleistungen statt mehr Lohn oder Gehalt?
Statt mehr Geld kann man mit dem Chef alternativ auch Nebenleistungen vereinbaren. Darunter können zum Beispiel vermögenswirksame Leistungen fallen, aber auch Weihnachtsgeld, Tankgutscheine, Fahrtkostenerstattungen oder Zuschüsse zur Kinderbetreuung. Manche Nebenleistungen sind als Sachleistungen bis zu einer bestimmten Grenze steuerfrei.
- Datum
- Aktualisiert am
- 06.11.2018
- Autor
- ime,red/dpa