
Im Jahr 2014 wurden 43 Prozent aller Arbeitnehmer in der westdeutschen Privatwirtschaft von einem Betriebsrat vertreten, in Ostdeutschland waren es 33 Prozent. Dass Arbeitnehmer von einem Betriebsrat repräsentiert werden, steht ihnen rechtlich zu. Umgekehrt hat ein Betriebsrat in vielen innerbetrieblichen Angelegenheiten das Recht auf Information, Beratung und zwingende Mitbestimmung.
So muss ein Betriebsrat dann zustimmen, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel einen Mitarbeiter einstellen, eingruppieren, umgruppieren oder versetzen will. Mitspracherechte hat der Betriebsrat auch bei der Lohngestaltung im Unternehmen oder bei Fragen, die die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern berühren, wenn der Arbeitgeber etwa Videokameras im Betrieb installieren lassen will. Bei geplanten Kündigungen von Mitarbeitern muss der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Lesen Sie mehr über die Aufgaben von Betriebsräten.
Was einfach klingt, ist es nicht immer, denn häufig muss ein Betriebsrat die Interessen des Arbeitnehmers gegen den Chef durchsetzen. Daraus können sich heftige Konflikte im Betrieb ergeben. Medien berichten immer wieder über Versuche von Arbeitgebern, die Arbeit von Betriebsräten zu stören oder diese sogar zu unterbinden. Für ein solches Vorgehen hat sich vor einigen Jahren der Begriff „Union Busting“ etabliert.
Betriebsrat und ordentliche Kündigung: Welche Regeln gelten?
Statthaft ist „Union Busting“ nicht, denn Arbeitnehmer haben den bereits erwähnten gesetzlich verankerten Anspruch auf eine Vertretung. Das hat zur Folge, dass es Arbeitgebern nicht nur verboten ist, die Arbeit von Betriebsräten zu stören, sie dürfen etwa auch die Wahl eines Betriebsrates oder dessen Besetzung nicht beeinflussen. Lesen Sie mehr über das Thema Betriebsratswahlen.
Das Betriebsverfassungsgesetz definiert die Rechte und Pflichten von Betriebsräten und zählt dazu neben dem Recht auf freies Arbeiten auch das Recht, sich in der Arbeitszeit fortbilden zu lassen und arbeitsrechtlichen Schutz.
„Mitglieder eines Betriebsrates genießen besonderen Schutz vor Kündigungen“, erklärt der Rechtsanwalt Jakob T. Lange von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Daher ist die Kündigung nach § 15 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) grundsätzlich unzulässig, wenn nicht Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.“
Dieser Sonderkündigungsschutz verhindert also, dass Arbeitnehmervertretern ordentlich gekündigt werden kann und garantiert, dass sie ihrer Tätigkeit nachgehen können, ohne Angst um ihre Stelle oder vor der Willkür des Arbeitgebers haben zu müssen. Daher stehen unter dem Schutz nach § 15 KSchG zumindest zeitweise auch Kandidaten für eine Betriebsratswahl, Wahlinitiatoren und Mitglieder des Wahlvorstands.
Ab wann und wie lange genießt ein Betriebsratsmitglied Sonderkündigungsschutz?
Für amtierende Betriebsratsmitglieder gilt der Schutz vor ordentlichen Kündigungen für ihre gesamte Amtszeit und bis zu einem Jahr nach deren Ende. Unter diesem nachwirkenden Kündigungsschutz steht auch, wer vorzeitig aus dem Betriebsrat ausscheidet.
„Kollegen, die im Vorfeld einer Betriebsratswahl zu einer Versammlung einladen oder beim Arbeitsgericht die Bestellung des Wahlvorstands beantragen, genießen ebenfalls diesen erhöhten Kündigungsschutz“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Lange. „Dieser besteht vom Zeitpunkt der Einladung oder der Antragstellung zur Bestellung eines Wahlvorstandes bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses.“
Wahlbewerber, die es nicht in den Betriebsrat schaffen, sind ein halbes Jahr besonders vor Kündigungen geschützt. Wer in das Gremium gewählt wird, für den greifen die Regeln für amtierende Betriebsratsmitglieder.
Unter welchen Umständen kann einem Betriebsrat gekündigt werden?
Aus dem Sonderkündigungsschutz folgt aber nicht der weit verbreitete Mythos, dass Betriebsräte oder die oben genannten Funktionsträger unkündbar wären. Tatsächlich können Betriebsräte außerordentlich gekündigt werden, wobei die Hürden dafür sehr hoch sind.
Ein Arbeitgeber kann einen Arbeitsnehmervertreter nur aus einem wichtigen Grund, wie es in § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt, fristlos kündigen. Ein solcher Grund könnten unter Umständen ein Betrug oder ein Diebstahl im Unternehmen sein. Es bedarf in jedem Fall eines groben Fehlverhaltens. Dazu kommt: Der geplanten außerordentlichen Kündigung des Kollegen muss nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes der Betriebsrat zustimmen.
Verweigert der Betriebsrat dies, muss der Arbeitgeber ein gerichtliches Verfahren anstrengen, um zunächst die Zustimmung des Betriebsrats vom Gericht ersetzen zu lassen. Erst nach Abschluss dieses Verfahren kann der Arbeitgeber kündigen. „Ein solches Zustimmungsersetzungsverfahren kann unter Umständen durch alle Instanzen der Arbeitsgerichte geführt werden und damit lange dauern und teuer werden. Am Ende muss gegebenenfalls das Bundesarbeitsgericht entscheiden“, sagt Rechtsanwalt Jakob T. Lange.
Bei Betriebsstillegung: Kein Schutz des Betriebsrates vor ordentlicher Kündigung
Die Kündigung eines Betriebsrates ist nur außerordentlich möglich. Ordentlich ist eine solche Kündigung ausnahmsweise aber dann möglich, wenn der Betrieb stillgelegt wird, in dem der Arbeitnehmervertreter tätig ist. Wenn nur seine Abteilung geschlossen wird, muss der Arbeitgeber ihn in einer anderen und auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz unterbringen. Mitglieder eines Betriebsrates haben bei Betriebsstilllegungen gegenüber anderen Arbeitnehmern Vorrang für ihre Weiterbeschäftigung, um so die personelle Zusammensetzung des Gremiums sicherzustellen, wie das Bundesarbeitsgericht 2006 entschieden hat (AZ: 2 AZR 83/05).
Betriebsratsmitglieder müssen für Schulung freigestellt werden
Betriebsräte haben sie auch Anspruch auf Schulungen, sofern diese im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Betriebsrat stehen. Der Arbeitgeber muss die Kosten für die Seminare übernehmen. Schlägt er ein günstigeres vor, muss das Betriebsratsmitglied sich damit nicht zufrieden geben. Steht die beantragte Schulung bezüglich der Kosten nicht auf den ersten Blick in einem erkennbaren Missverhältnis, tritt das Kostenargument zurück. Der Arbeitgeber muss das Betriebsratsmitglied freistellen und die Kosten für die Schulung übernehmen. Das zeigt eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen (25. Februar 2017; AZ: 8 BVGa 3/19), über die die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des DAV informiert.
- Datum
- Aktualisiert am
- 31.01.2020
- Autor
- ime,red/dpa