Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) weist auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 05. August 2015 (AZ: 2 Sa 132/15) hin. Ein Arbeitnehmer hatte geklagt, nachdem in einer Betriebsvereinbarung (BV) die Neuerung festgelegt worden war, dass die Mitarbeiter für eine Rauchpause am Zeiterfassungsgerät aus- und wieder einstempeln müssen.
Der Lagerarbeiter und Staplerfahrer arbeitete in einem Betrieb, in dem es sich eingebürgert hatte, dass die Mitarbeiter zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne ein- und auszustempeln. Dementsprechend zog der Arbeitgeber für diese Raucherpausen auch keinen Lohn ab.
2006 legte eine Betriebsanweisung fest, dass die Mitarbeiter nur noch auf einer extra eingerichteten Raucherinsel am Haupteingang nahe der Stechuhr rauchen dürften.
Für die Raucherpause muss Stechuhr benutzt werden
2013 folgte eine BV über das Rauchen im Unternehmen. Unter anderem hieß es dort:„Beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen sind die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte gem. Anlage zum Ein- und Ausstempeln zu benutzen.“
Nachdem die BV Anfang 2013 in Kraft getreten war, musste der Mitarbeiter Lohnabzüge hinnehmen: Für den Monat Januar 2013 wurden ihm 210 Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen und nicht vergütet. Er errechnete daraus einen „Fehlbetrag“ in Höhe von 44,41 Euro brutto. Für den Februar waren 96 Minuten (Fehlbetrag: 20,30 Euro) und für den März 572 Minuten (Fehlbetrag: 120,96 Euro). Das sah der Mann nicht ein und klagte.
Unter anderem argumentierte er, dass er aus dem Verhalten des Arbeitgebers habe schließen können, dass die Raucherpausen auch zukünftig weiter bezahlt würden. Über Jahre hinweg seien die Raucherpausen im Umfang von durchschnittlich 60-80 Minuten pro Arbeitnehmer und Tag durch Fortzahlung der Vergütung gebilligt worden. Die neue Betriebsvereinbarung verpflichte die Mitarbeiter lediglich, die örtlichen Zeiterfassungsgeräte zu nutzen.
Die Frage nach einer Entgeltzahlungspflicht für diesen Zeitraum sei davon nicht betroffen. Mit den Raucherpausen verletze er auch seine Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht. In der BV heiße es: „Rauchen ist während der normalen Pausen und ansonsten erlaubt, solange wie bisher betriebliche Belange nicht beeinträchtigt werden.“ Es entspreche daher der betriebsüblichen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses, dass die Mitarbeiter Raucherpausen machen dürften.
Kein Anspruch wegen betrieblicher Übung
Die Richter in zwei Instanzen entschieden, dass der Mann keinen Anspruch auf den vollen Lohn habe. Insbesondere lägen die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht vor.
Der Mann hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass nach Inkrafttreten der BV für Raucherpausen kein Lohn abgezogen würde. Bei den rauchenden Mitarbeitern reduziere sich die Arbeitsleistung täglich um rund 60 bis 80 Minuten, wie der Mann selbst angegeben habe. Dass der Betrieb das geduldet habe, ändere nichts daran, dass die Mitarbeiter die Raucherpausen eigenmächtig in Anspruch genommen hätten. Das stelle eine Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar.
Darüber hinaus wiesen die Richter auf die Ungleichbehandlung von Rauchern und Nichtrauchern hin, da den Rauchern zusätzliche bezahlte Pausen gewährt worden seien. Ein „schützenswertes Vertrauen“, dass dieser gleichheitswidrige Zustand beibehalten werde, habe nicht entstehen können.
- Datum
- Aktualisiert am
- 15.01.2016
- Autor
- Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht