Trennungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind oft schmerzhaft. Nicht selten wird über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung in langen Prozessen gestritten. Aufhebungsverträge stellen eine scheinbar friedliche Alternative dar: Beide Seiten einigen sich einvernehmlich, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Wer von seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vorgelegt bekommt, sollte ihn allerdings keinesfalls ungeprüft unterschreiben. Denn im Vergleich zu einer Kündigung bestehen für Arbeitnehmer klare Nachteile: Die Arbeitsagentur wertet die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages in der Regel als Mitwirkung an der Beendigung des Arbeitsverhältnis. Ausnahmen gelten nur, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund dafür vorweisen kann, dass er freiwillig gegangen ist – zum Beispiel, um einer rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung zu entgehen und sich eine Abfindung zu sichern. Liegt kein wichtiger Grund vor, droht das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I wegen einer Sperrzeit von bis zu 12 Wochen. In dieser Zeit erhält man keine Leistungen und zahlt auch nicht in die Rentenversicherung ein. Darüber hinaus mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld – bei einer Sperrzeit von 12 Wochen mindestens um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen grundsätzlich zusteht.
Manchmal kann es trotzdem sinnvoll sein, einem Kündigungsvertrag zuzustimmen. „Ein Aufhebungsvertrag kann für Arbeitnehmer dann sinnvoll sein, wenn sie bereits eine andere Beschäftigung in Aussicht haben und möglichst schnell ihr bisheriges Arbeitsverhältnis beenden wollen“, sagt der Rechtsanwalt Jakob T. Lange vom Deutschen Anwaltverein (DAV).
Urteil: Keine Sperrzeit trotz Aufhebungsvertrag
Selbst langjährige Betriebszugehörigkeit schützt Mitarbeiter nur bedingt vor einer Kündigung. Das kann in bestimmten Situationen aber auch von Vorteil sein. Zum Beispiel dann, wenn sich ein Arbeitnehmer, dessen Unternehmen weitreichende Rationalisierungsmaßnahmen durchläuft, für Aufhebungsvertrag und Abfindung entscheidet. Das besagt eine entsprechende Entscheidung des Bayerischen Landesssozialgerichts (LSG) (AZ: L 9 AL 42/10).
Der Fall: Ein Service-Techniker erfuhr nach 37 Jahren Tätigkeit bei einem Unternehmen, das sein Geschäftsbereich weitreichende Rationalisierungsmaßnahmen durchlaufen würde. Aufgrund seines Alters und der langen Betriebszugehörigkeit war der Mitarbeiter laut Tarifvertrag unkündbar. Er entschied sich trotzdem für eine Abfindung und wechselte für zwei Jahre in eine eingerichtete Transfer-Einheit. Als er anschließend Arbeitslosengeld beantragte, stellte die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit fest. Der Mann habe das unbefristete, unter Kündigungsschutz stehende Arbeitsverhältnis gelöst, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.
Das sah das Gericht anders und hob die Sperrzeit auf. In der Tat habe der Mann einen solchen wichtigen Grund gehabt. Der Arbeitgeber hätte ihm nämlich spätestens zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Transfer-Einheit rechtmäßig kündigen dürfen. Das gelte trotz der „tariflichen Unkündbarkeit“, weil das Arbeitsverhältnis fristgebunden aus wichtigem Grund hätte beendet werden können. Die Zahlung einer Abfindung allein dürfe nicht der Grund für eine Sperrzeit sein.
Es gibt eine Reihe von Gerichtsentscheidungen, die ähnlich wie das Bayerische LSG argumentieren: Arbeitnehmer dürfen, ohne ein Sperrzeit befürchten zu müssen, dann das Arbeitsverhältnis beenden, wenn alternativ eine rechtmäßige Arbeitgeberkündigung spätestens zum gleichen Beendigungszeitpunkt gedroht hätte.
Was im Aufhebungsvertrag stehen sollte
Der Aufhebungsvertrag sollte in jedem Fall individuell mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden und folgende Punkte genau regeln:
- Zeitpunkt: Wann genau endet das Arbeitsverhältnis?
- Begründung: Warum trennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
- Arbeitszeugnis: Welche Benotung erhält der Arbeitnehmer? Auch hierrüber kann verhandelt werden.
- Freistellung: Muss der Arbeitnehmer bis zum letzten Arbeitstag anwesend sein oder wird er für die restliche Zeit freigestellt?
- Vergütung: Hat der Arbeitnehmer trotz seines Ausscheidens Anspruch auf Sonderzahlungen wie Prämien oder Weihnachtsgeld?
- Urlaub: Wie werden bestehende Urlaubsansprüche abgegolten beziehungsweise durch eine Freistellung erfüllt?
- Abfindung: Ob und in welcher Höhe der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, ist oft die wichtigste Frage bei den Verhandlungen um einen Aufhebungsvertrag.
Abfindung: Das sind Ihre Ansprüche
Entgegen anderslautender Gerüchte haben Arbeitnehmer bei einem vorzeitigen Ausscheiden keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung. Auch diese muss im Rahmen des Aufhebungsvertrages verhandelt werden.
Die Höhe der Abfindung kann dabei sehr unterschiedlich sein. „Als grobe Faustformel zur Berechnung der Abfindung legt man zunächst ein halbes durchschnittliches Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit zugrunde. Diese Formel verschiebt sich zu Gunsten des Arbeitnehmers je besser seine Chancen sind den Arbeitsplatz zu behalten“, sagt Rechtsanwalt Jakob T. Lange. Wer zehn Jahre in einem Betrieb gearbeitet hat, würde damit fünf Monatsgehälter Abfindung erhalten. Allerdings gibt es je nach Branche große Abweichungen. „In der Chemieindustrie oder der Finanzbranche werden in der Regel deutlich höhere Abfindungen gezahlt,als in anderen Branchen“, so Jakob T. Lange.
Die Höhe der Abfindung ist immer auch eine Frage des persönlichen Verhandlungsgeschicks. „Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei den Verhandlungen deutlich zu machen, dass man den Arbeitsplatz unbedingt behalten will – auch wenn man bereits einen neuen Job in Aussicht hat“, empfiehlt Rechtsanwalt Lange.
Vom Abfindungsvertrag zu unterscheiden ist übrigens der Abwicklungsvertrag. Dieser wird aufgesetzt, wenn eine Kündigung bereits ausgesprochen und vom Arbeitnehmer akzeptiert wurde, und regelt die genaueren Umstände der Trennung. Auch hier kann eine Abfindung vereinbart werden.
- Datum
- Aktualisiert am
- 28.10.2016
- Autor
- pst