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EU-Richter

Arbeit­nehmer behält Urlaubs­an­spruch nach dem Tod

Erben haben viele Formalien zu regeln. © Quelle: RichLegg/gettyimages.de

Auch ein Toter hat noch Anspruch auf Urlaub. Wenn ein Arbeits­ver­hältnis durch den Tod endet, vererbt der Verstorbene seinen Urlaubs­an­spruch. Seine Erben erhalten dann einen finanziellen Ausgleich für die nicht genommenen Urlaubstage. Das haben die höchsten EU-Richter in zwei Fällen entschieden.

Ein Arbeit­nehmer verliert mit dem Tod nicht seinen Anspruch auf bezahlten Jahres­urlaub. Seine Witwe kann daher einen finanziellen Ausgleich für Urlaub verlangen, den der Verblichene nicht mehr nehmen konnte. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 12. Juni 2014 in Luxemburg entschieden.

Nationale Gesetze oder „Gepflo­gen­heiten“, wonach der Urlaubs­an­spruch „untergeht, wenn das Arbeits­ver­hältnis durch den Tod des Arbeit­nehmers endet“, seien mit dem EU-Recht nicht vereinbar, befanden die höchsten EU-Richter. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub sei „ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozial­rechts“.

Arbeit­nehmer hat bei seinem Tod 140 Urlaubstage angesammelt

Der EuGH antwortete mit seinem Urteil auf eine Anfrage des Landes­ar­beits­ge­richts in Hamm in Nordrhein-Westfalen. Dieses muss über den Fall eines Arbeit­nehmers entscheiden, der seit 1998 bei einem Unternehmen beschäftigt war. Wegen Krankheit war er von 2009 an nur noch mit Unterbre­chungen arbeitsfähig. Als er im November 2010 starb, hatte er 140,5 Tage Jahres­urlaub angesammelt. Seine Witwe verlangte für diesen Urlaubs­an­spruch einen finanziellen Ausgleich.

EuGH: Urlaubs­an­spruch trotz Krankheit auch nach dem Tod wirksam

Das Gericht verwies darauf, dass ein Arbeit­nehmer auch dann Anspruch auf bezahlten Urlaub hat, wenn dieser vor dem Verlassen eines Unternehmens angefallen ist. Auch wer wegen einer Krankheit gar keinen Urlaub nehmen könne, habe bei Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses Recht auf einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub.

Mit einem „finanziellen Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses durch den Tod“ werde „die praktische Wirksamkeit des Urlaubs­an­spruchs“ sicher­ge­stellt, urteilte der Europäische Gerichtshof: „Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeit­nehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahres­urlaub führen.“ Der Anspruch auf finanzielle Abgeltung hänge auch nicht ab, dass der Betroffene zuvor einen entspre­chenden Antrag gestellt hat.

In einem anderen Verfahren ging es um zwei verstorbene Arbeit­nehmer, die ebenfalls noch nicht alle ihre Urlaubstage genommen hatten. Die beiden Witwen beantragten bei den Arbeit­gebern, eine finanzielle Vergütung für diese Urlaubstage zu erhalten. Die Arbeitgeber weigerten sich zu zahlen, die Fälle kamen vor Gericht.

Die Richter des Bundes­ar­beits­ge­richts wiesen zwar auf die EuGH-Entscheidung von 2014 hin. Es war jedoch fraglich, ob diese Rechtsprechung auch dann gelte, wenn eine solche finanzielle Vergütung nach dem nationalen Recht nicht Teil der Erbmasse wird. Das ist in Deutschland bislang der Fall. Außerdem sei der Sinn des Jahres­urlaubs, dass der Arbeit­nehmer sich erhole. Das sei nach seinem Tod naturgemäß nicht mehr möglich.

EuGH: Finanzieller Ausgleich für Urlaub kann vererbt werden

Die Richter in Luxemburg entschieden allerdings: Die Erben eines verstorbenen Arbeit­nehmers können (trotzdem) einen finanziellen Ausgleich für seinen nicht genommenen Urlaub verlangen.

Dann das Recht eines Arbeit­nehmers auf Urlaub umfasst nicht nur den Anspruch auf Freizeit, sondern auch die Bezahlung in dieser Zeit. Er hat außerdem das Recht auf eine finanzielle Vergütung für die Urlaubstage, die er bei Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht genommen hat. Dieses Geld zählt zum Vermögen des Arbeit­nehmers und kann deshalb auch vererbt werden (Urteil vom 6. November 2018, Rechts­sachen C-569/16 und C-570/16).

Datum
Aktualisiert am
13.11.2018
Autor
dpa/red
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Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Erbschaft Tod

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