Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Lehrlinge

Können Auszubildende gekündigt werden?

Auszubildende sind vor Kündigungen meist gut geschützt. © Quelle: Rakusen/gettyimages.de

Auszubildende genießen besonderen Kündigungs­schutz. Meistens zumindest, denn es gibt auch Ausnahmen. Wir zeigen, welche Regeln beim Kündigungs­schutz von Azubis gelten.

Auszubildende sind schwer kündbar. Das liegt daran, dass der Gesetzgeber  den meist jungen Lehrlingen ermöglichen will, ihre Ausbildung zu beenden. Daher wird es, je weiter ein Auszubil­dender sich in seiner Lehre befindet und je näher deren Ende rückt, auch schwerer, ihn zu entlassen. Festgelegt sind diese hohen Hürden im Berufs­bil­dungs­gesetz (BBiG), sie haben sich aber auch durch die Rechtsprechung der deutschen Arbeits­ge­richte etabliert.

„Nach dem Ende der Probezeit stehen Auszubildende unter besonderem Kündigungs­schutz“, betont der Wiesbadener Rechts­anwalt Jakob T. Lange von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Daher könne ein Arbeitgeber, also der Ausbilder, einem Lehrling nur dann außeror­dentlich und fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliege. „Ansonsten kommt eine Kündigung nicht in Betracht.“

Der Deutsche Gewerk­schaftsbund weist in einer Broschüre darauf hin, dass ein Lehrling zum Beispiel dann fristlos gekündigt werden kann, wenn er im Unternehmen etwas stiehlt. Auch etwa rassis­tischen und national­so­zia­lis­tischen Äußerungen oder Handlungen kann eine fristlose Kündigung folgen. Damit müssen auch Auszubildende etwa im Nachbarland Österreich rechnen. Wie Medien am Wochenende berichteten, hat das Unternehmen Porsche einen seiner Lehrlinge umgehend gekündigt, nachdem dieser einen fremdenf­ein­lichen Kommentar auf Facebook gepostet hatte.

Für deutsche Auszubildende hingegen sieht die Rechtslage etwas anders aus. Denn sie können ordentlich kündigen, müssen nach dem BBiG aber eine Frist von vier Wochen einhalten.

Verdachts­kün­digung und Ausbil­dungs­ver­hältnis

Lange Zeit war es umstritten, ob Verdachts­kün­di­gungen im Ausbil­dungs­ver­hältnis zulässig sind. Das Landes­ar­beits­gericht Rheinland-Pfalz zum Beispiel hat im Sommer 2007 den Standpunkt vertreten, dass eine solche Kündigung nur in bestimmten Ausbil­dungs­ver­hält­nissen möglich ist. Damals urteilten die Richter, dass die Verdachts­kün­digung einer Auszubil­denden nicht gerecht­fertigt sei. Ihr warf der Arbeitgeber vor, in der Ausbildung Geld unterschlagen zu haben.

In ihrem Urteil betonten die Richter Urteil, dass eine Verdachts­kün­digung in einem Ausbil­dungs­ver­hältnis nur dann möglich sei, wenn „der besondere Charakter des Ausbil­dungs­ver­hält­nisses eine vertiefte Vertrau­ensbasis zwischen den Vertrags­partnern erfordere“ (AZ: 9 SA 40/07).

Verdachts­kün­digung eines Auszubil­denden vor dem Bundes­ar­beits­gericht

Diese besondere Vertrau­ensbasis spielte auch in einem Urteil eine Rolle, dass das Bundes­ar­beits­gericht (BAG) diesen Februar gefällt hat.Dabei bestätigten die höchsten deutschen Arbeits­richter die Verdachts­kün­digung eines Auszubil­denden (6 AZR 845/13).

Den Richtern lag der Fall eines ehemaligen Auszubil­denden einer Bank vor, den sein Arbeitgeber verdächtigte, dort 500 Euro unterschlagen zu haben. Den Verdacht begründete der Arbeitgeber unter anderem damit, dass der Azubi in einer Anhörung zu den Vorwürfen Wissen gezeigt habe, das er nur haben könne, wenn er das Geld entwendet hätte, sogenanntes Täterwissen. Die Bank kündigte dem Azubi fristlos.

Das sah nicht nur das BAG als gerecht­fertigt an, sondern auch die Vorinstanzen, das Arbeits­gericht Trier und das Landes­ar­beits­gericht Rheinland-Pfalz (AZ: 2 CA 994/11 und AZ:2 SA 490/12).

Kündigung von Auszubil­denden in der Probezeit

Der besondere Kündigungs­schutz von Lehrlingen gilt nicht in der Probezeit, was dazu führt, dass in dieser Zeit ein Ausbilder einem Auszubil­denden sehr leicht kündigen kann. „Der Ausbilder muss dazu noch nicht einmal Fristen beachten – sofern der Berufs­aus­bil­dungs­vertrag keine davon abweichenden Regeln enthält“, sagt der Arbeits­rechts­experte Jakob T. Lange. Wie lange die Probezeit dauert, regelt das BBiG. Sie beträgt einen Monat bis maximal vier Monate.

Der Ausbilder steht aber unter einem sogenannten Maßrege­lungs­verbot. Er darf einen Auszubil­denden also nicht allein deshalb vor die Tür setzen, weil dieser auf Rechte pocht, die ihm zustehen und etwa fordert, dass im Unternehmen das Jugend­ar­beits­schutz­gesetz eingehalten werden muss. Zudem darf der Ausbilder einem Lehrling auch dann nicht kündigen, wenn sich dieser im Mutter­schutz oder in der Elternzeit befindet.

Auszubildende können während der Probezeit kündigen, ohne sich an Fristen halten zu müssen.

Kündigung von Auszubil­denden vor Beginn der Ausbildung

Doch nicht nur während der Probezeit können beide Seiten leicht kündigen. Das gilt auch, bevor die Ausbildung überhaupt begonnen hat, wie das BBiG festlegt und auch das Bundes­ar­beits­gericht 1987 in einem Urteil klarge­stellt hat (AZ: 2 AZR 654/86).

Datum
Aktualisiert am
27.07.2015
Autor
ime
Bewertungen
12879
Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Ausbildung Jugendliche Kündigung

Zurück

Anwältin/Anwalt finden!
Wirtschaft
Paket nicht angekommen: Wer haftet für meine Bestellung?
Leben
Unterschrift: Diese Regeln gelten
Beruf
Das Recht von Arbeitnehmern an Feiertagen
Beruf
Elternzeit: Was Sie jetzt wissen müssen
Geld
Rentenbescheid und Rentenauskunft: Was tun bei Fehlern?
zur
Startseite