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Arbeitsplatz

Dienst­kleidung: Was darf der Chef vorschreiben?

Eine Mützenpflicht ausschließlich für männliche Piloten ist eine Diskriminierung, sagt das Bundesarbeitsgericht. © Quelle: Rodriguez/panthermedia.net

Das Bundes­ar­beits­gericht hat entschieden: Es stellt eine Diskri­mi­nierung dar, wenn männliche Lufthansa-Piloten im Gegensatz zu ihren weiblichen Kollegen gezwungen werden, eine Mütze zu tragen. Die Deutsche Anwalt­auskunft beantwortet die wichtigsten Rechts­fragen zum Thema Dienst­kleidung.

Darf der Arbeitgeber eine bestimmte Dienst­kleidung vorschreiben?

Ganz klar: ja. „Im Rahmen seines Direkti­ons­rechts darf der Arbeitgeber Mitarbeiter anweisen, eine bestimmte Kleidung zu tragen“, sagt die Rechts­an­wältin Dr. Nathalie Oberthür von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Eine Bank könne beispielsweise von ihren Angestellten verlangen, im dunklen Anzug und mit Krawatte zur Arbeit zu erscheinen. Dieses Recht des Arbeit­gebers haben auch die Gerichte immer wieder bestätigt.

So zum Beispiel in einer Entscheidung des Arbeits­ge­richts Cottbus (6 Ca 1554/11): Die Geschäfts­führung eines Möbelhauses hatte ihren Mitarbeitern einheitliche Kleidung während der Arbeit vorgeschrieben: schwarze Hosen oder Röcke, weiße Hemden oder Blusen, dunkel­farbige Schuhe. Eine Arbeit­nehmerin weigerte sich und zog wie bisher ihre eigenen Sachen an. Ihr wurde gekündigt. Die Mitarbeiterin klagte vor Gericht - ohne Erfolg.

Muss der Arbeit­nehmer die Arbeits­kleidung selbst bezahlen?

Grundsätzlich muss ein Arbeit­nehmer seine Arbeits­kleidung selbst finanzieren – es sei denn, im Arbeits- oder Tarifvertrag sind andere Regelungen vorgesehen oder es gibt eine entspre­chende „betriebliche Übung“, also eine zwar nicht vertraglich vereinbarte, aber schon lange prakti­zierte Übernahme der Kosten für Arbeits­kleidung durch den Arbeitgeber.

„Häufig gibt es Verein­ba­rungen, nach denen der Arbeitgeber zumindest einen Teil der Kosten für die Arbeits­kleidung übernimmt“, sagt die Arbeits­rechtlerin Dr. Oberthür vom DAV.  Eindeutig ist die Rechtslage bei gesetzlich vorgeschriebener Schutz­kleidung: Diese muss der Arbeitgeber immer zur Verfügung stellen.

Kosten für Berufs­kleidung steuerlich absetzbar?

Nicht in jedem Fall sind die Kosten für Berufs­kleidung steuerlich absetzbar. In einem Fall klagte ein Berufs­musiker von dem Finanz­gericht Münster: Der Kläger ist dienst­ver­traglich verpflichtet, bei Konzerten bestimmte Kleidung zu tragen, unter anderem eine schwarze Hose und ein schwarzes Sakko. Hierfür erhält er vom Arbeitgeber monatlich ein lohnsteu­er­pflichtiges Kleidergeld.

In seiner Einkom­men­steu­er­erklärung machte der Musiker Kosten für die Anschaffung eines schwarzen Sakkos und zweier schwarzer Hosen als Werbungs­kosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese Aufwen­dungen nicht an, weil es sich bei den Kleidungs­stücken nicht um typische Berufs­kleidung handele.

Die Klage des Musikers gegen diese Entscheidung hatte keinen Erfolg. Das Gericht führte in seinem Urteil (Az. 8 K 3646/15 E) aus, dass es sich bei einem schwarzen Sakko und schwarzen Hosen nicht um typische Berufs­kleidung des Klägers, sondern um bürgerliche Kleidung und damit um Kosten der privaten Lebens­führung handele. Damit seien die Aufwen­dungen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht steuerlich abziehbar.

Zählt das Anziehen der Arbeits­kleidung zur Arbeitszeit?

Das kommt darauf an, ob die Arbeits­kleidung erst im Betrieb angezogen werden darf. Nach einem Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richts zählt das Anziehen der Dienst­kleidung dann zur Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber vorschreibt, dass die Kleidung vor Ort angelegt wird (AZ: 5 AZR 678/11).

„Das gilt zum Beispiel für Chirurgen, die ihre sterile OP-Kleidung erst im Krankenhaus anziehen“, sagt Dr. Nathalie Oberthür.  Wenn der Arbeitgeber sich schon zu Hause umziehen kann, zählt dies in der Regel nicht als Arbeitszeit – auch dann nicht, wenn er freiwillig die Kleidung erst an seiner Arbeits­stätte anlegt.

Was gilt bei Frisuren und Körper­schmuck?

Arbeit­nehmer dürfen ihren Mitarbeitern zwar Vorgaben zum Aussehen machen – allerdings nur, wenn berechtigte betriebliche Interessen vorliegen und das Persön­lich­keitsrecht nicht unzulässig eingeschränkt wird.

So entschied beispielsweise das Landes­ar­beits­gericht Köln, dass eine Sicher­heitsfirma ihren Mitarbei­te­rinnen nicht vorschreiben dürfe, in welcher Farbe sie ihre Fingernägel lackieren (AZ: 3 TaBV 15/10). In anderen Fällen haben die Gerichte aber immer wieder entschieden, dass Arbeitgeber Frisuren und Körper­schmuck ablehnen dürfen – vor allem, wenn es um hoheitliche Aufgaben im öffent­lichen Dienst geht.

Für einige Arbeitgeber gehört dazu, dass Mitarbeiter glatt rasiert zur Arbeit kommen. Sind solche Vorschriften erlaubt? Wie so oft kommt es darauf an. Sollte es am Arbeitsplatz einen guten Grund für ein Bartverbot geben, kann es erlaubt sein. Zum Beispiel in Betrieben mit besonderen Hygiene­vor­schriften, wenn zum Beispiel Lebens­mittel verarbeitet werden. Gleiches gilt für Sicher­heits­be­denken. Zum Beispiel, wenn ein Angestellter an Maschinen tätig ist, in denen sich ein Bart verfangen kann.

Ein Unternehmen muss gute Gründe vorbringen, um einzelnen Mitarbeitern Gesichts­be­haarung verbieten zu dürfen. Es gibt allerdings einen andere Möglichkeit für Chefs, die in ihrem Unternehmen partout keine Bärte dulden wollen: Eine Betriebs­ver­ein­barung, die ein bestimmtes Aussehen vorschreibt. Diese Verein­barung gilt dann als verbindlich für alle Beschäf­tigten. Darin können sich der Betriebsrat und das Unternehmen zum Beispiel auf bestimmte Kleidung und Details wie die Frisur oder auch die Art eines Bartes verständigen.

In 2018 hatte eine Bewerberin erfolglos gegen die Entscheidung der Bundes­polizei geklagt, sie wegen einer großflä­chigen Tätowierung am Unterarm nicht zum Auswahl­ver­fahren für den gehobenen Polizei­voll­zugs­dienst zuzulassen. Großflächige Tattoos könnten zu einem Autori­täts­verlust führen, so das Verwal­tungs­gericht Darmstadt (AZ: 1 L 528/14.DA.) – ein generelles Verbot von (kleinen) Tätowie­rungen sei aber nicht zulässig.

Bereits 2003 scheiterte ein Polizist mit einer Klage vor dem Koblenzer Oberver­wal­tungs­gericht: Er wollte durchsetzen, bei der Arbeit einen Pferde­schwanz tragen zu dürfen. Das Gericht berief sich auf Umfragen, nach denen lange Haare bei Polizisten in weiten Kreisen der Bevölkerung auf geringe Akzeptanz stießen (AZ: 2 B 11357/03.OVG).

Darf der Chef künstliche Fingernägel verbieten?

Zum Weisungsrecht des Arbeit­gebers kann es auch gehören, künstliche Fingernägel zu untersagen. Darüber informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht des DAV und verweist auf eine Entscheidung des Arbeits­ge­richts Aachen vom 21. Februar 2019 (AZ: 1 Ca 1909/18). Geklagt hatte eine Frau, die als Helferin im Sozialen Dienst in einem Altenheim tätig war. Dort war das Tragen langer Fingernägel, lackierter oder künstlicher Nägel und von Gelnägeln aus hygienischen Gründen während der Arbeitszeit untersagt. Die Frau, die selbst Gelnägel trug, klagte, unter anderem mit dem Argument, die Anweisung wirke sich massiv auf ihr Privatleben aus – allerdings ohne Erfolg.

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Datum
Aktualisiert am
04.02.2020
Autor
pst/red,red/dpa,DAV
Bewertungen
6733
Themen
Abmahnung Arbeit Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Kündigung

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