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Ärger mit dem Chef

Fall Tuchel: Arbeit­neh­mer­pflichten bei Kündigung

Einen Arbeitnehmer wegen mangelnder Leistungen zu entlassen ist gar nicht so einfach. © Quelle: Pannell/corbisimages.com

Nicht nur Arbeitgeber müssen sich an Regeln halten, wenn sie einem Angestellten kündigen wollen. Was derzeit der Mainzer Trainer Thomas Tuchel spürt: Auch Arbeit­nehmer haben Pflichten gegenüber ihren Chefs und können nicht einfach zu Hause bleiben oder ihre Arbeit einstellen. Die Anwalt­auskunft erklärt.

Thomas Tuchel will nicht mehr. Der Trainer des FSV Mainz 05 hört auf – sein Arbeits­vertrag mit dem Verein läuft aber noch bis zum Sommer 2015. Im Profisport ist es üblich, befristete Zeitverträge zu schließen; in Tuchels Fall gültig bis Ende Juni 2015. Und damit Profifuß­baller, -basket­baller oder auch deren Trainer nicht vor Ende des Vertrags einfach frühzeitig kündigen können, existiert keine zusätzliche Passage im Arbeits­vertrag, die diese Option zulässt. Was also tun?

Tuchels Arbeitgeber könnte sich bereit­erklären, den Vertrag in beider­seitigem Einver­ständnis vorzeitig aufzulösen, doch dazu sind die Chefs bei Mainz 05 nicht bereit. So scheint alles auf eine andere Lösung hinauszulaufen: Unbezahlter Urlaub, das Arbeitsverhältnis bleibt aber bis zum Ablauf des Zeitvertrages bestehen.

Der Profisport ist ein spezielles Terrain im Arbeitsrecht. Doch auch festan­ge­stellte Arbeit­nehmer dürfen nicht so einfach der Arbeit fernbleiben, schließlich besteht ein Vertrags­ver­hältnis. Es drohen Schadens­er­satz­zah­lungen oder Gehalts­ausfälle. Doch zeigt sich auch in dieser Frage: Das Recht gewährt Arbeit­nehmern in Deutschland einen umfassenden Schutz..

Mögliche Folgen der Arbeits­ver­wei­gerung

„Es gibt keine Möglichkeit, jemanden zum Arbeiten zu zwingen“, sagt Dr. Hans-Georg Meier. Der Rechts­anwalt ist Mitglied im Geschäfts­füh­renden Ausschuss Arbeitsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) und ergänzt: „Eine Verpflichtung, die Arbeit auszuführen, gibt es eigentlich nicht.“ Wer davon aber ableitet, den Stift fallen lassen und den PC herunter­zu­fahren zu können, sollte gewarnt sein. Rechts­anwalt Meier: „Sehr wohl kann sich aber ein Arbeit­nehmer schaden­er­satz­pflichtig machen.“

Entgangene Gewinne oder ein verlorener Auftrag: Die Schaden­er­satz­pflicht des Arbeit­nehmers muss der Arbeitgeber zwar nachweisen, zur Beweis­erleich­terung geben die Gerichte aber unter Umständen eine Schätzung des entstandenen Schadens ab. Nichts­des­totrotz bleibt der Nachweis schwierig, insbesondere für Chefs von Bürobe­trieben oder im Öffent­lichen Dienst.

Häufig Vertrags­strafen im Arbeits­vertrag

Um mühselige Ausein­an­der­set­zungen mit Mitarbeiten zu vermeiden, schreiben viele Arbeitgeber in die Verträge sogenannte Vertrags­stra­fen­re­ge­lungen, die in einem solchen Fall greifen. „Bei einem Vertragsbruch darf die Höhe der Strafzahlung in der Regel höchstens ein Brutto­mo­nats­gehalt betragen“, erklärt der Arbeits­rechts­experte Dr. Hans-Georg Meier. Er ergänzt aber: Wenn die entspre­chende Regelung den Arbeit­nehmer unange­messen benach­teilige, sei dieser gesamte Passus ungültig.

Unabhängig von einem entstandenen Schaden greift eine solche Regelung also in jedem Fall, so der Arbeit­nehmer unentschuldigt nicht zur Arbeit kommt und der Arbeits­vertrag diese Regelung enthält. Sollte der entstandene Schaden aber höher sein als die im Vertrag vereinbarte Höchst­strafe, kann eine weiter­gehende Zahlung auf den Arbeit­nehmer zukommen.

50 Prozent Arbeits­leistung reichen

Sollte ein Arbeit­nehmer aus Trotz zwar zur Arbeit erscheinen, seine Arbeits­leistung aber nicht erbringen, hat der Arbeit­nehmer schlechte Karten, ihm das auch nachzu­weisen. Dr. Hans-Georg Meier vom Geschäfts­füh­renden Ausschuss Arbeitsrecht im DAV: „Bevor einem Angestellten gekündigt werden kann, muss der Chef nachweisen, dass dieser nur 50 Prozent der Durchschnitts­leistung des gesamten Betriebs erbringt“ – bei den allermeisten Tätigkeiten nahezu unmöglich, denn allein eine Durchschnitts­leistung zu errechnen und nachvoll­ziehbar aufzuführen ist kompliziert.

Etwas anderes ist es, wenn der Angestellte mit seiner Faulheit vor Freunden oder Kollegen prahlt und dem Arbeitgeber hierfür Beweise vorliegen. Das wäre ein Kündigungsgrund. Dass Menschen unterschiedlich leistungsfähig sind, aber grundsätzlich nicht. „Um das heraus­zu­finden, gibt es die Probezeit“, so Meier.

Vertrag unterschrieben und vor dem ersten Tag wieder gekündigt? 

Ein besonderer Fall ist der folgende: Ein guter Job, Vertrag unterschrieben – doch dann kommt das bessere Angebot. Dennoch muss der Arbeitgeber im Normalfall den neuen Job erst mal antreten. „Er kann ihn vorher kündigen, doch muss die Kündigungsfrist eingehalten werden“, sagt Rechts­anwalt Meier. Allerdings gibt es auch Verträge, in denen die Kündigung vor dem Beginn des Arbeits­ver­hält­nisses ausgeschlossen ist. Dann ist der erste Tag im neuen Job der Anfang vom Ende.

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Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
ndm
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Themen
Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Kündigung Urlaub Vertrag

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