Hier eine Flasche Wein, dort ein Strauß Blumen, da eine Konzertkarte: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft und bei Geschäftsbeziehungen womöglich auch die Zusammenarbeit. Letzteres ist aber heikel: Wer zu teure Geschenke annimmt, setzt sich womöglich dem Vorwurf aus, bestechlich zu sein.
Eine klare gesetzliche Regelung fehlt bei der Frage, was noch als Aufmerksamkeit und was schon als Bestechung gilt. Zwar sagt § 299 StGB, dass bei einem beruflichen Verhältnis nichts angenommen werden dürfe, was eine Gegenleistung im Sinne eines Wettbewerbsvorteils mit sich bringe. Ein erlaubter Höchstwert eines Geschenks nennt das Gesetz jedoch nicht.
Geschenk erhalten und Zweifel? Immer Vorgesetzte fragen
Als ungefähre obere Grenze eines Geschenkwerts gilt gemeinhin eine Preisspanne zwischen 20 und 40 Euro. Diese Orientierungshöhe gibt etwa der Versicherungskonzern Allianz in seinem unternehmenseigenen Verhaltenskodex an. Viele Unternehmen untersagen ihren Mitarbeitern komplett, Geschenke von Kunden zu akzeptieren. Manche erlauben Kleinigkeiten, die maximal zehn bis 20 Euro kosten.
„Der Arbeitgeber muss einen Rahmen setzen. Wenn der Arbeitnehmer diesen Rahmen nicht kennt, muss er bei seinen Vorgesetzten nachfragen“, sagt Nathalie Oberthür von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Das gelte allerdings nicht bei jedem Geschenk. Bei Kleinigkeiten wie einem Schreibblock oder einem einfachen Kugelschreiber müsse der Arbeitgeber in der Regel nicht gefragt werden. Vorausgesetzt, es gibt kein generelles Verbot, Geschenke anzunehmen.
Da es auf den Einzelfall ankommt, kann aber auch ein Geschenk über 50 Euro und mehr erlaubt sein, etwa wenn sich ein Geschäftskunde für 30 Jahre gute Zusammenarbeit bedankt. Aber auch hier gilt: Im Zweifel fragen. Wer unsicher ist, sollte sowieso die Vorgesetzten aber auch sich selbst immer fragen: Verändert die Annahme des Geschenks das Verhältnis zwischen mir und dem Geschäftspartner?
Verdacht der Bestechlichkeit: Fristloste Kündigung
Mit solchen Regeln wollen Arbeitgeber vermeiden, dass Arbeitnehmer von Kunden beeinflusst werden, erklärt die Rechtsanwältin: „Bei einem Einkäufer in einem Unternehmen könnten Geschenke von bestimmten Kunden zu Interessenkonflikten führen.“
Generell verboten sind Geschenke nicht, Bargeld ausgenommen. Auch eine Eintrittskarte für ein Fußballspiel kann noch erlaubt sein – zumindest dann, wenn es keinen Zusammenhang zwischen dem Geschenk und der konkreten Tätigkeit des Mitarbeiters gibt. Rechtsanwältin Oberthür erklärt: „Entscheidend ist, wie beeinflussbar ein Arbeitnehmer in seiner Funktion durch ein Geschenk ist.“
Besonders bei reinen Unterhaltungsveranstaltungen wie Konzerten oder Sportevents sei der Grat zwischen einer höflichen Aufmerksamkeit und Bestechung allerdings schmal, so Nathalie Oberthür. Und weiter: „Sollte einem Arbeitnehmer Bestechlichkeit nachgewiesen werden oder auch nur der dringende Verdacht bestehen, droht die fristlose Kündigung.“
Viele Unternehmen haben eigene, detaillierte Compliance-Richtlinien
Arbeitnehmer sollten sich daher zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, spätestens aber mit dem ersten Geschenk eines Geschäftskunden über die gängige Praxis im Unternehmen informieren. Seit dem Bekanntwerden der Siemens-Korruptionsaffäre im Jahr 2006 haben die meisten Unternehmen ihre betriebsinternen Compliance-Richtlinien inzwischen klar strukturiert und ausformuliert.
Eine Entwicklung, die Rechtsanwältin Oberthür begrüßt: „Wie wichtig es ist, sich nicht dem Vorwurf der Bestechlichkeit ausgesetzt zu sehen, haben die Unternehmen verstanden. Somit braucht es auch keine zusätzlichen Vorgaben des Gesetzgebers in diesem Bereich.“ In eigenen Compliance-Richtlinien oder Verhaltensnormen formulieren die Unternehmen, welche Zuwendungen angenommen werden dürfen und welche besser dankend abzulehnen sind.
Selbstständige Unternehmer: Geschenke steuerfrei bis zehn Euro
Auch Arbeitgeber können Geschenke von ihren Mitarbeitern annehmen, wenn das Geschenk passend ist und nicht der Eindruck entsteht, dass sie demjenigen deshalb einen Vorteil gewähren. Zu bedenken gibt es dabei einige steuerrechtliche Vorgaben.
Für selbstständige Unternehmer ist es einfacher: Sie dürfen Geschenke von Auftraggebern akzeptieren – müssen aber eine steuerliche Freigrenze von bis zu zehn Euro beachten. Teurere Geschenke müssen als Betriebseinnahme aufgeführt werden.
Wann sollte ich zum Anwalt gehen?
Fazit: Nahezu jedes mittelgroße Unternehmen hat aber inzwischen Richtlinien oder Verhaltenskodexe, in denen die Regeln bei Geschenken recht klar geregelt sind. Arbeitnehmer sollten sich unbedingt daran halten. Gibt es keine festgelegten Regeln, sind kleine Geschenke meist kein Problem. All jene, deren Wert ins Zweistellige geht, sollten mit den Vorgesetzten besprochen werden. Insbesondere Einladungen zu Unterhaltungsveranstaltungen sollten im Zweifelsfall dankend abgelehnt werden. Wem Bestechung nachgewiesen werden kann, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen.
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