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Arbeitnehmer

Zu viel gezahltes Gehalt: Muss man das Geld zurück­zahlen?

Zu viel Gehalt bekommen: Was tun?
© Quelle: Dessauer/fotolia.com

Wenn der Arbeitgeber zu viel Geld zahlt: Für die einen klingt das wie ein Glücksfall, für andere gar wie ein Widerspruch. Es können daraus aber durchaus rechtliche Konflikte entstehen. Nämlich dann, wenn der Fehler auffliegt und der Arbeitgeber das Geld zurück­fordert. Muss man dieser Forderung nachkommen? Und was passiert, wenn man das Geld bereits ausgegeben hat?

In Düsseldorf stand kürzlich eine pensio­nierte Lehrerin vor Gericht, sie musste sich gegen den Vorwurf des Betrugs verant­worten. Sie war einige Jahre zuvor während ihres Arbeits­ver­hält­nisses von Voll- auf Teilzeit (18 statt 41 Stunden pro Woche) gewechselt, hatte aber immer noch das Vollzeit-Gehalt erhalten. Sie hatten das zuständige Landesamt für Besoldung nicht über den Fehler informiert, da sie ihn nach eigenen Angaben nicht bemerkt habe. Sie wurde zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Als Bewährungs­auflage soll sie die zu viel gezahlten 237.000 Euro zurück­zahlen.

Zu viel gezahltes Gehalt muss nicht immer zurück­gezahlt werden

Dass Arbeitgeber versehentlich zu viel Lohn oder Gehalt überweisen, kommt immer wieder vor. Allerdings ist es oft nicht so scheinbar offensichtlich wie im genannten Fall, und es geht häufig nicht um so hohe Summen. Ob der Arbeit­nehmer das Geld zurück­zahlen muss, kommt auf den Einzelfall an. „Grundsätzlich gilt in einem solchen Fall: Der Arbeit­nehmer hat mehr erhalten als ihm zusteht, also müsste er das Geld theoretisch zurück­er­statten“, sagt Rechts­anwalt Micheal Eckert, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) und des DAV-Vorstandes sowie Vorstand des Anwalt­vereins Heidelberg. Es seien allerdings Szenarien denkbar, in denen das zu viel gezahlte Gehalt nicht zurück­gezahlt werden muss.

Dazu müssen drei Bedingungen erfüllt sein:

1. Der Arbeit­nehmer konnte darauf vertrauen, dass das höhere Gehalt seine Richtigkeit hat.

Hat ein Arbeit­nehmer jeden Monat einen anderen Nettobetrag auf dem Gehalts­zettel stehen, fällt ein geringfügig zu hohes Gehalt häufig nicht auf. So leisten beispielsweise Schicht­ar­beiter womöglich nicht jeden Monat die gleiche Anzahl von Stunden, und erhalten für diese aufgrund von Nacht- und Wochen­end­zu­schlägen unterschiedliche Löhne.

2. Im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gehalts hat der Arbeit­nehmer das Geld ausgegeben.

Geht man davon aus, dass das zu viel gezahlte Gehalt seine Berech­tigung hat, spricht aus Sicht des Arbeit­nehmers natürlich nichts dagegen, es auch auszugeben.

In letzterem Fall spricht man von einer Entrei­cherung. Der Arbeit­nehmer wurde zwar ungerecht­fertigt bereichert, hat das Geld aber in gutem Glauben ausgegeben. Der Wert befindet sich auch nicht mehr im Vermögen des Arbeit­nehmers. Diese gutgläubige Entrei­cherung muss der Arbeit­nehmer allerdings beweisen.

3. Der Arbeit­nehmer hat für diese Ausgaben keinen Gegenwert erhalten.

Auch wenn das Geld ausgegeben ist, bedeutet das nicht, dass der Wert sich nicht mehr im Vermögen des Arbeit­nehmers befindet. „Setzt der Arbeit­nehmer das zu viel gezahlte Gehalt ein, um sich zum Beispiel ein Auto oder Aktien zu kaufen oder eine Sonder­tilgung bei einem Kredit vorzunehmen, verbleibt der Wert in seinem Vermögen“, erklärt Rechts­anwalt Eckert. Eine Rückzahlung sei dann theoretisch noch möglich. Anders sehe es aus, wenn man mit dem Geld zum Beispiel eine Reise mache oder einen Restau­rant­besuch bezahle.

Bewährungs­strafe für zu viel gezahltes Gehalt

In einem weiteren Fall von zu viel gezahltem Gehalt wurde eine Lehrerin im März 2017 vom Amtsgericht Düsseldorf wegen Betrugs zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sie war über vier Jahre hinweg für 20 Stunden bezahlt worden, obwohl sie nur zehn gearbeitet hatte. Sie gab an, den Berech­nungen des Besoldungsamtes vertraut zu haben. Nun muss sie das zu viel gezahlte Geld, 77.000 Euro, zurück­zahlen. Zudem muss sie eine Geldstrafe von 2.500 Euro an ein Kinder­hospiz entrichten.

„Geld hat man zu haben“

Anders kann es aussehen, wenn der Arbeit­nehmer das zu viel gezahlte Gehalt zwar bemerkt, aber nichts gesagt hat – vielleicht in der Hoffnung, dass es nicht auffällt. Oder wenn die zu viel gezahlte Summe so hoch ist, dass er etwas hätte merken müssen. Dann muss er das zu viel gezahlte Gehalt zurück­er­statten. Und zwar auch dann, wann er das zu viel gezahlte Gehalt bereits ausgegeben hat, ohne einen Gegenwert dafür zu erhalten. Hier gilt der juristische Grundsatz: Geld hat man zu haben. Das bedeutet: Nur weil der Schuldner – in diesem Fall der Arbeit­nehmer – vielleicht kein Geld mehr hat, heißt das nicht, dass er seine Schuld nicht mehr begleichen muss.

Der Arbeitgeber kann das zu viel gezahlte Gehalt aber nicht einfach vom nächsten regulären Gehalt abziehen oder den Lohn sogar so lange einbehalten, bis die Schuld beglichen ist. Das ist nur in seltenen Ausnah­me­fällen möglich. „In manchen Arbeits­ver­trägen bestehen auch Ausschluss­fristen, nach deren Ablauf der Arbeitgeber das zu viel gezahlte Gehalt nicht mehr zurück­fordern kann“, erklärt der Rechts­anwalt aus Heidelberg. Zudem gelten gesetzliche Verjäh­rungs­fristen. Diese kämen jedoch selten in Betracht, so der Anwalt weiter, da es meist innerhalb weniger Wochen auffalle, wenn der Arbeitgeber zu viel Gehalt gezahlt habe.

Konflikt mit dem Arbeitgeber? Anwalt für Arbeitsrecht einschalten

Ihr Arbeitgeber glaubt, Ihnen zu viel Gehalt gezahlt zu haben, Sie sind aber anderer Meinung? Sie müssen zu viel gezahltes Gehalt zurück­er­statten, haben es aber schon ausgegeben? Oder befinden Sie sich in einem anderen Konflikt mit Ihrem Arbeitgeber, in dem Sie nicht weiter­wissen? Eine Rechts­an­wältin oder ein Rechts­anwalt für Arbeitsrecht kann Sie zum richtigen Vorgehen beraten. Einen Experten in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltssuche.

Datum
Aktualisiert am
07.06.2018
Autor
vhe
Bewertungen
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Themen
Arbeit­nehmer Gehalt Geld

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