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Arbeit­neh­mer­ver­tretung

Betriebsrat: Ist eine Kündigung möglich?

Wie weit geht der Kündigungsschutz, unter dem ein Betriebsrat steht? © Quelle: Westend61/gettyimages.de

Betriebsräte vertreten die Arbeit­nehmer in einem Unternehmen gegenüber der Geschäfts­leitung und haben damit eine oft schwere Aufgabe. Deshalb besteht für Betriebsräte ein besonderer gesetz­licher Kündigungs­schutz. Aber sind Betriebsräte damit unkündbar?

Im Jahr 2014 wurden 43 Prozent aller Arbeit­nehmer in der westdeutschen Privat­wirt­schaft von einem Betriebsrat vertreten, in Ostdeutschland waren es 33 Prozent. Dass Arbeit­nehmer von einem Betriebsrat repräsentiert werden, steht ihnen rechtlich zu. Umgekehrt hat ein Betriebsrat in vielen innerbe­trieb­lichen Angele­gen­heiten das Recht auf Information, Beratung und zwingende Mitbestimmung.

So muss ein Betriebsrat dann zustimmen, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel einen Mitarbeiter einstellen, eingrup­pieren, umgrup­pieren oder versetzen will. Mitspra­che­rechte hat der Betriebsrat auch bei der Lohnge­staltung im Unternehmen oder bei Fragen, die die Persön­lich­keits­rechte von Mitarbeitern berühren, wenn der Arbeitgeber etwa Videokameras im Betrieb instal­lieren lassen will. Bei geplanten Kündigungen von Mitarbeitern muss der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Lesen Sie mehr über die Aufgaben von Betriebsräten.

Was einfach klingt, ist es nicht immer, denn häufig muss ein Betriebsrat die Interessen des Arbeit­nehmers gegen den Chef durchsetzen. Daraus können sich heftige Konflikte im Betrieb ergeben. Medien berichten immer wieder über Versuche von Arbeit­gebern, die Arbeit von Betriebsräten zu stören oder diese sogar zu unterbinden. Für ein solches Vorgehen hat sich vor einigen Jahren der Begriff „Union Busting“ etabliert.

Betriebsrat und ordentliche Kündigung: Welche Regeln gelten?

Statthaft ist „Union Busting“ nicht, denn Arbeit­nehmer haben den bereits erwähnten gesetzlich verankerten Anspruch auf eine Vertretung. Das hat zur Folge, dass es Arbeit­gebern nicht nur verboten ist, die Arbeit von Betriebsräten zu stören, sie dürfen etwa auch die Wahl eines Betriebsrates oder dessen Besetzung nicht beeinflussen. Lesen Sie mehr über das Thema Betriebs­rats­wahlen.

Das Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz definiert die Rechte und Pflichten von Betriebsräten und zählt dazu neben dem Recht auf freies Arbeiten auch das Recht, sich in der Arbeitszeit fortbilden zu lassen und arbeits­recht­lichen Schutz.

„Mitglieder eines Betriebsrates genießen besonderen Schutz vor Kündigungen“, erklärt der Rechts­anwalt Jakob T. Lange von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Daher ist die Kündigung nach § 15 des Kündigungs­schutz­ge­setzes (KSchG) grundsätzlich unzulässig, wenn nicht Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.“

Dieser Sonder­kün­di­gungs­schutz verhindert also, dass Arbeit­neh­mer­ver­tretern ordentlich gekündigt werden kann und garantiert, dass sie ihrer Tätigkeit nachgehen können, ohne Angst um ihre Stelle oder vor der Willkür des Arbeit­gebers haben zu müssen. Daher stehen unter dem Schutz nach § 15 KSchG zumindest zeitweise auch Kandidaten für eine Betriebs­ratswahl, Wahlin­itiatoren und Mitglieder des Wahlvor­stands.

Ab wann und wie lange genießt ein Betriebs­rats­mitglied Sonder­kün­di­gungs­schutz?

Für amtierende Betriebs­rats­mit­glieder gilt der Schutz vor ordent­lichen Kündigungen für ihre gesamte Amtszeit und bis zu einem Jahr nach deren Ende. Unter diesem nachwir­kenden Kündigungs­schutz steht auch, wer vorzeitig aus dem Betriebsrat ausscheidet.

„Kollegen, die im Vorfeld einer Betriebs­ratswahl zu einer Versammlung einladen oder beim Arbeits­gericht die Bestellung des Wahlvor­stands beantragen, genießen ebenfalls diesen erhöhten Kündigungs­schutz“, sagt der Arbeits­rechts­experte Lange. „Dieser besteht vom Zeitpunkt der Einladung oder der Antrag­stellung zur Bestellung eines Wahlvor­standes bis zur Bekanntgabe des Wahler­geb­nisses.“

Wahlbe­werber, die es nicht in den Betriebsrat schaffen, sind ein halbes Jahr besonders vor Kündigungen geschützt. Wer in das Gremium gewählt wird, für den greifen die Regeln für amtierende Betriebs­rats­mit­glieder.  

Unter welchen Umständen kann einem Betriebsrat gekündigt werden?

Aus dem Sonder­kün­di­gungs­schutz folgt aber nicht der weit verbreitete Mythos, dass Betriebsräte oder die oben genannten Funkti­ons­träger unkündbar wären. Tatsächlich können Betriebsräte außeror­dentlich gekündigt werden, wobei die Hürden dafür sehr hoch sind.  

Ein Arbeitgeber kann einen Arbeits­neh­mer­ver­treter nur aus einem wichtigen Grund, wie es in § 626 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) heißt, fristlos kündigen. Ein solcher Grund könnten unter Umständen ein Betrug oder ein Diebstahl im Unternehmen sein. Es bedarf in jedem Fall eines groben Fehlver­haltens. Dazu kommt: Der geplanten außeror­dent­lichen Kündigung des Kollegen muss nach § 103 des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setzes der Betriebsrat zustimmen.  

Verweigert der Betriebsrat dies, muss der Arbeitgeber ein gericht­liches Verfahren anstrengen, um zunächst die Zustimmung des Betriebsrats vom Gericht ersetzen zu lassen. Erst nach Abschluss dieses Verfahren kann der Arbeitgeber kündigen. „Ein solches Zustim­mungs­er­set­zungs­ver­fahren kann unter Umständen durch alle Instanzen der Arbeits­ge­richte geführt werden und damit lange dauern und teuer werden. Am Ende muss gegebe­nenfalls das Bundes­ar­beits­gericht entscheiden“, sagt Rechts­anwalt Jakob T. Lange.

Bei Betriebs­stil­legung: Kein Schutz des Betriebsrates vor ordent­licher Kündigung

Die Kündigung eines Betriebsrates ist nur außeror­dentlich möglich. Ordentlich ist eine solche Kündigung ausnahmsweise aber dann möglich, wenn der Betrieb stillgelegt wird, in dem der Arbeit­neh­mer­ver­treter tätig ist. Wenn nur seine Abteilung geschlossen wird, muss der Arbeitgeber ihn in einer anderen und auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz unterbringen. Mitglieder eines Betriebsrates haben bei Betriebs­still­le­gungen gegenüber anderen Arbeit­nehmern Vorrang für ihre Weiter­be­schäf­tigung, um so die personelle Zusammen­setzung des Gremiums sicher­zu­stellen, wie das Bundes­ar­beits­gericht 2006 entschieden hat (AZ: 2 AZR 83/05).

Betriebs­rats­mit­glieder müssen für Schulung freige­stellt werden

Betriebsräte haben sie auch Anspruch auf Schulungen, sofern diese im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Betriebsrat stehen. Der Arbeitgeber muss die Kosten für die Seminare übernehmen. Schlägt er ein günstigeres vor, muss das Betriebs­rats­mitglied sich damit nicht zufrieden geben. Steht die beantragte Schulung bezüglich der Kosten nicht auf den ersten Blick in einem erkennbaren Missver­hältnis, tritt das Kosten­ar­gument zurück. Der Arbeitgeber muss das Betriebs­rats­mitglied freistellen und die Kosten für die Schulung übernehmen. Das zeigt eine Entscheidung des Arbeits­ge­richts Aachen (25. Februar 2017; AZ: 8 BVGa 3/19), über die die Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht des DAV informiert.

Datum
Aktualisiert am
31.01.2020
Autor
ime,red/dpa
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Themen
Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Betrieb Betriebsrat Kündigung

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