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Durcheinander

Vorschüsse: Verspätete Abrechnung führt nicht zur Kündigung

Wenn ohnehin Chaos in der Kasse herrscht, können Arbeitnehmer auch nicht unbedingt für zu späte Abrechnungen verantwortlich gemacht werden. © Quelle: Hendrickson/corbisimages.com

Wer von seinem Arbeitgeber Geld erhält, um etwa Einkäufe zu erledigen, ist verpflichtet, diese ordentlich abzurechnen. Liegt eine Unterschlagung vor, kann einem Arbeit­nehmer gekündigt werden. Was ist aber, wenn auf Seiten des Arbeit­gebers schon bei der Auszahlung erhebliche organi­sa­to­rische Defizite vorliegen?

Wenn der Arbeitgeber schon keine besondere Sorgfalt bei der Auszahlung von Kassen­bei­trägen walten lässt, kann dem Mitarbeiter kein „Schlendrian“ vorgeworfen werden. Kommt es insgesamt zu einer verspäteten Rückzahlung, kann der Betroffene nicht gekündigt werden, so das Arbeits­gericht Berlin am 5. Dezember 2014 (AZ: 28 Ca 13.508/14).

Über Wochen hinweg mehrere pauschale Vorschuss­zah­lungen

Der Mann arbeitet als Hausmeister bei dem Träger einer Kita und einer Schule. Für seine vier Arbeits­stunden pro Woche erhält er 200 Euro monatlich brutto. Über einen Zeitraum von sechs Wochen wurden ihm fünfmal Vorschüsse ausgezahlt, insgesamt 900 Euro. Auf den Vorschuss­quit­tungen wurde der Zweck der Verwendung nicht notiert.

Zwischen­zeitlich hatte der Hausmeister auch nicht über die bereits ausgezahlten Beträge abgerechnet. In der Folge bat ihn der Arbeitgeber, die Abrech­nungen vorzulegen. Schon diese Anforderung war nicht besonders konkret. So lautete die Formulierung, dass es sich um „circa 900 Euro“ handele.

In der Folge kam es zu mehreren Gesprächen mit dem Mann. Der Arbeitgeber warf im „Unterschlagung“ vor und kündigte ihm fristlos. Im Gerichts­ver­fahren ging es außerdem darum, ob und wie der Hausmeister Beträge auf sein eigenes Konto eingezahlt hatte. Letztlich blieb alles streitig.

Keine Kündigung bei verspäteter Abrechung

Die Kündigungs­schutzklage des Mannes war erfolgreich. Allein aufgrund der Verzögerung der Abrechnung sei eine Kündigung in diesem Fall nicht möglich. Als Grund nannte das Gericht das Chaos auf Seiten des Arbeit­gebers. Es sprach von „organi­sa­to­rischen Defiziten“. Diese sah das Gericht darin, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter in einer Serie über Wochen hinweg ohne einzelne Abrech­nungen Geld gab. Auch sei der Zweck auf den Auszah­lungs­quit­tungen nicht notiert worden. Bei der Abrech­nungs­auf­for­derung wurden dem Mitarbeiter auch keine einzelnen Beträge und Verwen­dungs­zwecke genannt. Nicht einmal den exakten Betrag habe der Arbeitgeber beziffern können.

Das Gericht führte aus: „Alles in allem könnte der Streitfall damit Anschau­ungs­ma­terial für jene betriebs­so­zio­logisch allfällige Erfahrung bieten, wie sehr sich zuweilen objektiv greifbare Organi­sa­ti­ons­de­fizite in subjek­ti­vierende Schuld­zu­wei­sungen an einzelne Personen verwandeln können.“ Kurzum könnte man übersetzen: Wer Chaos bei den Auszah­lungen walten lässt, darf sich über Schlendrian nicht wundern.

Nach Ansicht des Gerichts hatte Arbeitgeber schon das Seine nicht dazu beigetragen, um eine Kündigung zu verhindern. Die Kündigung sei nicht gerecht­fertigt, der Arbeitgeber müsse den Mann weiter beschäftigen.

In dem Verfahren wollte der Mann auch erreichen, dass ihm ein Zeugnis ausgestellt würde. Darauf habe er einen Anspruch, entschied das Gericht. Somit musste der Arbeitgeber ihm ein Zwischen­zeugnis ausstellen.

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red/dpa
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Betrieb Kündigung

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