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Schutz vor Kündigungen auch im Kleinbetrieb?

In Kleinbetrieben greift das Kündigungsschutzgesetz häufig nicht. Sind Beschäftigte über andere Regeln geschützt? © Quelle: Hero Images/corbisimages.com

In vielen Betrieben greift das Kündigungs­schutz­gesetz nicht. Doch was bedeutet das für die Beschäf­tigten, die dort arbeiten? Sind sie Kündigungen schutzlos ausgeliefert?

In Deutschland sind nach Angaben des Statis­tischen Bundesamtes rund 26 Millionen Menschen als Arbeit­nehmer tätig. Davon arbeiten viele in Kleinbe­trieben. Als deren Vorteile nennen zumindest die Nutzer mancher Internetforen zu beruflichen Fragen die familiäre Atmosphäre, den vergleichsweise geringen Arbeitsdruck und den pünktlichen Feierabend. Nur selten kommt zur Sprache, dass das Arbeiten in einem Kleinbetrieb besondere rechtliche Folgen für die Beschäf­tigten mit sich bringt. Das lässt sich am Beispiel des Kündigungs­schutz­ge­setzes und seiner allgemeinen Kündigungs­schutz­regeln zeigen.

Das Kündigungs­schutz­gesetz gilt nämlich nur für Beschäftigte, die in Betrieben arbeiten, in denen regelmäßig mehr als zehn Beschäftigte tätig sind.

Auszubildende werden dabei nicht mitgerechnet. Neben der Betriebsgröße entscheidet auch die Dauer eines Arbeits­ver­hält­nisses darüber, ob für einen Arbeit­nehmer das Kündigungs­schutz­gesetz greift. Denn selbst wenn in einem Betrieb das Gesetz gilt - ein Arbeit­nehmer profitiert erst dann von seinen Regeln, wenn er dort länger als sechs Monate kontinu­ierlich gearbeitet hat.

In der Praxis folgt aus dem Umstand, dass in einem Betrieb das Kündigungs­schutz­gesetz gilt: Arbeitgeber können Beschäftigte nur unter bestimmten, klar definierten Voraus­set­zungen kündigen, Kündigungen müssen sozial gerecht­fertigt sein.

Kündigungs­schutz in Kleinbe­trieben

Demgegenüber sieht die Rechtslage für viele Arbeit­nehmer, die in kleinen Betrieben tätig sind, anders aus. Denn das Kündigungs­schutz­gesetz gilt nicht in Betrieben mit zehn oder weniger Beschäf­tigten. Eine Besonderheit gibt es hierbei allerdings: Wenn ein Arbeit­nehmer bereits zum 31.12.2003 in einem Betrieb tätig war, greift das Kündigungs­schutz­gesetz ab einem Schwel­lenwert von fünf Mitarbeitern.

„In diesen Fällen wird aber nicht nach Köpfen gezählt, sondern die Mitarbeiter werden entsprechend ihrer regelmäßigen wöchent­lichen Arbeitszeit berück­sichtigt“, erklärt die Wiesbadener Rechts­an­wältin Kathrin Schlegel von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Welche wöchentliche Arbeitszeit als „ganzer“ oder „halber“ Arbeit­nehmer zählt, ist gesetzlich bestimmt.

Was sind sitten­widrige und treuwidrige Kündigungen?

Doch auch wenn in einem Unternehmen das Kündigungs­schutz­gesetz nicht gilt – es gibt auch außerhalb dessen einen Kündigungs­schutz, der Arbeit­nehmern in Kleinbe­trieben nützt  und der sich über die Rechtsprechung der Arbeits­ge­richte etabliert hat. Danach sind Arbeit­nehmer zum Beispiel davor geschützt, aus willkür­lichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Gründen gekündigt zu werden. „Eine Kündigung kann zum Beispiel nach Paragraph 242 des Bürger­lichen Gesetz­buches sitten­widrig sein, wenn der Arbeitgeber sie aus einem verwerf­lichen Motiv ausspricht“, erklärt die Arbeits­rechts­expertin Kathrin Schlegel. „Unter ein solches Motiv könnten zum Beispiel Rachsucht oder Vergeltung fallen.“

Daneben dürfen Kündigungen nicht treuwidrig sein. Eine treuwidrige Kündigung liegt vor allem dann vor, wenn ein Arbeitgeber ein oder mehrere Mitarbeiter entlassen muss, jedoch bei seiner Wahl ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außeracht lässt. „Allerdings ist hierbei auch zu beachten, dass ein Arbeitgeber eines Kleinbe­triebes eine Kündigung nicht begründen muss“, sagt Rechts­an­wältin Kathrin Schlegel.

Diese Regel macht es schwer, heraus­zu­finden, welche Motive hinter einer Kündigung stehen. Diese heraus­zu­finden und vielleicht zu beweisen, dass ein Motiv für eine Kündigung treuwidrig ist, fällt allein dem Arbeit­nehmer zu. „Zumindest muss er greifbare Anhalts­punkte für einen Verstoß gegen Treu und Glauben vortragen“, sagt die Fachan­wältin für Arbeitsrecht Kathrin Schlegel.

Kündigungs­schutz außerhalb des Kündigungs­schutz­ge­setzes: formale Gründe

Neben dem bisher Gesagten gibt es formale Vorgaben, die Kündigungen in kleinen Unternehmen einschränken können. Denn auch hier sind Arbeitgeber verpflichtet, ihre Kündigungen nach bestimmten Formvorgaben auszusprechen, Kündigungen müssen nach Paragraph 623 des BGB zum Beispiel schriftlich verfasst sein. Außerdem ist ein Arbeitgeber nach Paragraph 102 des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setzes dazu verpflichtet, vor einer geplanten Kündigung den Betriebsrat anzuhören – wenn es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt.

Sonder­kün­di­gungs­schutz für besondere Personen­gruppen

Das Arbeitsrecht sieht generell, und auch für Kleinbe­triebe, spezielle Kündigungs­verbote vor. „Schwangere und Wöchne­rinnen zum Beispiel dürfen nach dem Mutter­schutz­gesetz nicht gekündigt werden", so Kathrin Schlegel. „Beabsichtigt ein Arbeitgeber etwa eine Schwangere zu kündigen, muss er zunächst die Zustimmung zu einer solchen Kündigung bei den zuständigen Landes­ämtern beantragen. Erst wenn diese, etwa bei einer Betriebs­still­legung, zustimmen, kann die Kündigung ausgesprochen werden."

Solcher Zustimmung bedürfen auch Arbeitgeber, die Eltern kündigen wollen, die sich in Elternzeit befinden. Für diese Personen­gruppe ist der Kündigungs­schutz im Bundes­el­terngeld- und Eltern­zeit­gesetz (BEEG)  nieder­gelegt. Schwer­be­hinderte Menschen mit einem Behinde­rungsgrad von 50 oder ihnen gleich­ge­stellte behinderte Menschen sind nach dem Sozial­ge­setzbuch IX ebenfalls nur dann kündbar, wenn zuvor das Integra­ti­onsamt zugestimmt hat. Den Antrag auf eine Kündigung muss der Arbeitgeber dort beantragen.

Außerdem gibt es einen Sonder­kün­di­gungs­schutz für Betriebsräte nach dem Kündigungs­schutz­gesetz. Demnach ist ein Betriebs­rats­mitglied nicht ordentlich kündbar, seiner außeror­dent­lichen Kündigung muss das Betriebs­rats­gremium zustimmen. Stimmt das Gremium nicht zu, muss der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung über einen Beschluss des Arbeits­ge­richts einholen.

Doch nicht nur Betriebs­rats­mit­glieder sind besonders vor Kündigungen geschützt, sondern auch die Beauftragten für Datenschutz im Unternehmen. Nach dem Bundes­da­ten­schutz­gesetz sind sie ordentlich unkündbar. Unter besonderem Kündigungs­schutz stehen auch Arbeit­nehmer, die ein politisches Mandat annehmen oder Gemein­de­rats­mit­glieder, wie das Abgeord­ne­ten­gesetz oder die Hessische Gemein­de­ordnung vorsieht.

Allgemeines Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG) – gilt auch bei Kündigungen im Kleinbetrieb

Das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG), umgangs­sprachlich oft Antidis­kri­mi­nie­rungs­gesetz genannt, will Diskri­mi­nie­rungen und Benach­tei­li­gungen von Menschen verhindern. Davor geschützt werden sollen sie vor allem in der Arbeitswelt. Demnach darf niemand zum Beispiel wegen seines Alters, Geschlechts oder seiner Religion gekündigt zu werden.

Die Diskri­mi­nie­rungs­verbote des AGG gelten nach der Rechtsprechung des Bundes­ar­beits­ge­richts auch für Kündigungen außerhalb des Kündigungs­schutz­ge­setzes, also auch in Kleinbe­trieben. Das hat das Bundes­ar­beits­gericht im Juli 2015 erneut klarge­stellt (AZ: 6 AZR 457/14).

Allerdings: „Der Arbeit­nehmer, der eine Kündigung mit dem Argument einer Diskri­mi­nierung angreifen will, muss dies beweisen und Indizien darlegen, die einen Rückschluss auf ein diskri­mi­nie­rendes Motiv des kündigenden Arbeit­gebers zulassen“, sagt Kathrin Schlegel.

Auch gegen eine diskri­mi­nierende Kündigung muss ein Arbeit­nehmer innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang Klage beim Arbeits­gericht erheben. Verstreicht diese Frist, gilt die Kündigung als rechtens.

Datum
Aktualisiert am
24.05.2016
Autor
ime
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Themen
Arbeit­nehmer Betrieb Kündigung Kündigungs­schutz Mutter­schutz

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