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Hausbesitz

Schäden am Gemein­schafts­ei­gentum - Wer zahlt was?

Ein Schaden am Haus kann schnell teuer werden. © Quelle: doctortee/ panthermedia.net

Eigener Herd ist Goldes wert. Doch wenn im Mehrpar­tei­enhaus mit mehreren Eigentums­woh­nungen etwas kaputtgeht, ist oft unklar, wer für den Schaden aufkommen muss: Wann ist die Gemein­schaft zuständig, wann der einzelne Eigentümer?

Jutta Berger hatte Glück im Unglück. Weihnachten 2012 entdeckte die 36-Jährige aus Krefeld neben der Balkontür ihrer Eigentums­wohnung einen Wasser­schaden. An der Wand bildeten sich riesige Feuchtig­keits­flecken. Erst nach vielen Wochen, in denen mehrere Handwerker und Gutachter sich die Klinke in die Hand gaben, war die Ursache festge­stellt: Unter den Balkon­fliesen wird der Estrich von einer Folie geschützt. Sie war undicht - so konnte Wasser in die Wand laufen.

Berger hatte davon gehört, dass es im Mehrpar­tei­enhaus Gebäudeteile gibt, für die die Gemein­schaftskasse aufkommt. Und dass sie Instand­set­zungs­ar­beiten, die ihre eigene Wohnung betreffen, in der Regel selbst zahlen muss. Nur wo verläuft die Grenze? Erst nach langer Recherche war klar: Die Reparaturen in Bergers Wohnung und am Balkon zahlt die Eigentü­mer­ge­mein­schaft. «Das ist für mich gut ausgegangen», sagt die Frau. Aber es hat mehr als ein Jahr gedauert, die Angele­genheit zu klären.

Regeln können von Haus zu Haus unterschiedlich sein

Das ist nicht allzu verwun­derlich, sagt Rechts­an­wältin Sandra Weeger-Elsner aus Köln. Denn die Unterscheidung, wofür die Wohnge­mein­schaft in einem Mehrpar­tei­enhaus zuständig ist - das sogenannte Gemein­schafts­ei­gentum - und wofür die einzelnen Eigentümer - das Sonder­ei­gentum, könne von Haus zu Haus anderes sein. Außerdem sei die Rechtsprechung nicht einheitlich.

Geregelt wird die Unterscheidung in der Teilungs­er­klärung, die Gemein­schafts- und Sonder­ei­gentum auflistet. «Diese sind im Laufe der Zeit immer ausgefeilter geworden», sagt Weeger-Elsner. «Früher waren sie sehr kurz. Es wurde das Sonder­ei­gentum bestimmt, und der Rest ergab sich aus dem Gesetz.» Heute würde die Liste der Verant­wort­lich­keiten der einzelnen immer länger, auch um von Beginn an Klarheit bei der Unterscheidung zu schaffen und Prozesse zu vermeiden. «Man versucht alles, was regelbar ist, auch zu regeln.»

Für Tapeten und Innenan­strich ist jeder selbst verant­wortlich

Einige Orientie­rungs­punkte zur Unterscheidung gibt das Gesetz vor: «Gemein­schafts­ei­gentum ist laut Gesetz all das, was für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes notwendig ist», erklärt Weeger-Elsner. Dazu gehörten zum Beispiel das Dach, tragende Wände und Decken. Hier ist die Gemein­schaft zuständig und muss alle Kosten tragen, die solche Gebäudeteile betreffen. Beim Sonder­ei­gentum ist für Instand­setzung und -haltung jeder Eigentümer selbst zuständig. Typisches Sonder­ei­gentum seien die Tapete oder der Innenan­strich.

Auch die Teilungs­er­klärung kann nicht jeden Einzelfall regeln. Und so gibt es immer wieder Fälle, die erst vor Gericht geklärt werden. «Es gibt ständig neue Urteile, bis hin zum Bundes­ge­richtshof», sagt Gerold Happ, Geschäfts­führer vom Eigentüm­mer­verband Haus & Grund in Berlin.

So können laut einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs (BGH), (Az.: V ZR 176/10) von 2011 Thermo­stat­ventile Sonder­ei­gentum sein, wenn die Teilungs­er­klärung das so regelt. Nach Aussage von Weeger-Elsner war es vor dem Urteil herrschende Meinung, dass Thermo­stat­ventile zum Gemein­schafts­ei­gentum gehören.

Umgekehrt hat der Bundes­ge­richtshof bekräftigt, dass Wohnungs­ein­gangstüren nicht zum Sonder­ei­gentum gehören (Az.: V ZR 212/12) - eine klagende Eigentümerin, die ihre Tür nach eigenen Vorstel­lungen gestalten wollte, muss sich durch das Urteil an die in der Teilungs­er­klärung vorgegebene Farbwahl halten.

Die Teilungs­er­klärung zählt

Balkone - in der Regel bis auf den Bodenbelag Gemein­schafts­ei­gentum - können kostenmäßig wie Sonder­ei­gentum zu behandeln sein, wenn die Teilungs­er­klärung entspre­chende Bestim­mungen enthält. Eine solche Regelung könnte laut Weeger-Elsner sogar dazu führen, dass die Sonder­ei­gentümer für die Instand­haltung und Instand­setzung aufkommen müssen - auch für die Teile des Balkons, die sonst üblicherweise zum Gemein­schafts­ei­gentum gezählt werden. So bestätigte der BGH (Az.: V ZR 9/12), dass Teilungs­er­klä­rungen rechtens sind, die Balkone im Hinblick auf die Kosten zu Sonder­ei­gentum machen.

Happ verweist auch auf die Dachterrasse. Das Dach sei Gemein­schafts­ei­gentum. Kann die Terrasse aber nur von einer einzigen Wohnung aus betreten werden, liege es nahe, dass die Terrasse zum Sonder­ei­gentum zählt - in der Praxis sei das aber nur der Belag, also Fliesen oder Holzdielen.

Gemein­schaftliche Entschei­dungen können lange dauern

So erklärt sich auch der Fall von Jutta Berger: Die tragende Konstruktion - zum Beispiel Pfeiler und Beton - eines Balkons liegt typischerweise in der Zustän­digkeit der Gemein­schaft. Und damit auch die Folie unter den Fliesen. Nur um die Fliesen muss sich die Frau selbst kümmern. Sie muss eine Moderni­sierung bezahlen, hat aber auch mehr Rechte: Sie kann im Gegenzug etwa den Handwerker auswählen und bestellen. Ist die Gemein­schaft zuständig, kann sich das mitunter lange hinziehen, denn dann muss die Eigentü­mer­ge­mein­schaft die Wahl treffen. Und in der Tat zog sich die Behebung des Feuchtig­keits­schadens hin.

Gestritten wird laut Happ oft über den Fahrstuhl. Wer im Erdgeschoss wohnt, nutzt ihn oft deutlich weniger als die übrigen Hausbe­wohner. Sie können deshalb in der Teilungs­er­klärung davon ausgenommen werden, für Bau, Wartung und Moderni­sierung des Fahrtsuhls zahlen zu müssen. Wenn die Gemein­schaft aber dagegen ist, müssen sie zahlen.

Dagegen können sich die Eigentümer im Erdgeschoss nicht wehren. Denn Eigentü­mer­ge­mein­schaften können die Kosten­ver­teilung in der Teilungs­er­klärung regeln. «Es darf nur keine unbillige Verteilung geben, wie der Gesetzgeber das nennt.»

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
dpa/red
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Themen
Eigentum Wohnung Wohnungskauf

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