Die Deutschen sehen bei der Regulierung der sozialen Plattformen vor allem die Anbieter selbst in der Pflicht: 54 Prozent der Befragten wünscht sich von sozialen Netzwerken eine bessere Filterung beleidigender Beiträge. Vor allem weibliche User befürworten automatische Löschungen und sprechen sich zu 66 Prozent für eine striktere Filterung aus. Bei Männern sind es hingegen 46 Prozent.
Die Ergebnisse offenbaren auch: Die Nutzer sind in dieser Frage gespalten und das vor allem in Bezug auf ihr Alter. Während in der Altersgruppe 18-29 Jahre lediglich 42 Prozent ein härteres Aussieben seitens Facebook & Co. befürworten, sind es in der Altersgruppe 50-60 Jahre 70 Prozent. Bahnt sich hier ein digitaler Generationenkonflikt an?
Beleidigung im Netz: Fast die Hälfte der Befragten würde Anzeige erstatten
Viele Nutzer in sozialen Netzwerken sind bei Diskussionen nicht zimperlich – oft attackieren sich wildfremde Menschen mit wüsten Beleidigungen. Der Studie zufolge würden allerdings 80 Prozent der Befragten bei einer Beleidigung den Verfasser beim Netzwerk melden. Fast die Hälfte (44 Prozent) würde sogar noch weiter gehen und sich mit einer Anzeige bei der Polizei gegen die Diffamierung wehren. Wiederum ein Fünftel der Befragten gibt an, in solchen Fällen einen Anwalt einschalten zu wollen.
Selbst Teil des Problems will der überwältigende Teil der Befragten weder sein, noch werden: Nur sehr wenige Befragte, genauer gesagt drei Prozent, geben an, dass sie den Verfasser zurück beleidigen würden.
Dass Beleidigungen im Netz schlimmer bewertet würden, lässt sich wiederum nicht sagen. Für 70 Prozent der Befragten macht es ihren Angaben zufolge keinen Unterschied, ob sie auf offener Straße beleidigt werden, oder dies im sozialen Netz geschieht.
Beleidigungen und Belästigungen müssen und sollten nicht akzeptiert werden
Trotzdem unterschätzen viele Nutzer die möglichen rechtlichen Konsequenzen von Beleidigungen in sozialen Netzwerken: Mehr als ein Viertel der Befragten (28 Prozent) geht davon aus, dass Beschimpfungen außerhalb des Internets schwerwiegendere rechtliche Folgen haben können als in sozialen Netzwerken.
Das sei laut Rechtsanwalt Swen Walentowski, Sprecher der Deutschen Anwaltauskunft, aber ein schwerer Irrtum. Wenn etwa Persönlichkeitsrechte Dritter betroffen seien, könnten sich diese oft zivilrechtlich zur Wehr setzen. „Dafür muss keiner ins Gefängnis, aber es kann für den Betreffenden schnell sehr, sehr teuer werden“, so Walentowski. Viele Nutzer fühlen sich im Netz auch geschützt durch eine gewisse Distanz und Anonymität, doch dies ist oft ein Trugschluss. Denn echte Anonymität ist im Internet schwerer herzustellen, als viele glauben. Auch die kürzlich veröffentlichte Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2015 zeigte: Die Aufklärungsrate für Internetverbrechen steigt.
Walentowski empfiehlt Betroffenen daher, sich von Beleidigungen und Belästigungen nicht einschüchtern zu lassen und sich zur Wehr zu setzen: „Man sollte sich nicht davon einschüchtern lassen, dass Polizisten und Staatsanwälte in der Praxis viel zu oft und scheinbar hilflos die Schultern zucken, nur um untätig bleiben zu können.“ Wer unverzüglich professionellen, anwaltlichen Rat einhole, könne das Geschehen richtig einordnen und möglichst effektiv bekämpfen.
Automatische Filterung ist für die Meinungsfreiheit problematisch
Die Einrichtung automatisierter Filtersysteme ist nach Auskunft von Swen Walentowski nicht unproblematisch. Es würden von solchen Filterungen auch Beiträge umfasst, bei denen die Grenze zur Rechtswidrigkeit nicht eindeutig überschritten wurde: „Zu den tragenden Säulen unseres freiheitlichen Rechtsstaats gehört die Meinungsfreiheit.“ Der Wunsch nach Kontrolle sei aber nachvollziehbar aufgrund der Auswüchse, vor allem aus der ‚rechten Ecke‘“. Man sollte sich dem aber in eigenen Kommentaren entgegenstellen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.05.2017
- Autor
- DAV