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Eltern trennen sich

„Auch Oma und Opa haben ein Recht auf Umgang"

Auch nach der Scheidung der Eltern dürfen Opa und Enkel zusammen im Sandkasten buddeln. © Quelle: doctortee/ panthermedia.net

Papa oder Mama ziehen aus – was wird dann aus den Kindern? Ein Interview mit der Berliner Famili­en­rechts­an­wältin Ingeborg Rakete-Dombek über die Folgen von Trennungen und Scheidungen für Eltern und Kinder, das Sorgerecht und den oft strittigen Umgang.

Anwalt­auskunft: Frau Rakete-Dombek, wenn Eltern sich trennen oder scheiden lassen, behalten sie das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder. Was müssen sie zusammen entscheiden, was nicht?

Rakete-Dombek: Nach einer Ehescheidung müssen Eltern die Entschei­dungen gemeinsam treffen, die für das Kind von wesent­licher Bedeutung sind und die im Leben des Kindes nur schwer rückgängig zu machen sind, zum Beispiel: Einschulung, Schulwechsel, ärztliche Behand­lungen oder ein Ortswechsel. Die Dinge des täglichen Lebens wie Essen, Schlafenszeit oder Fernseh­konsum entscheidet aber immer der Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält.

Anwalt­auskunft: Können Sie uns aus Ihrer Erfahrung als Famili­en­rechts­an­wältin die größten Probleme beim Thema Sorgerecht nennen?

Rakete-Dombek: Nach der Trennung müssen sich die Eltern darüber einigen, bei wem die Kinder bleiben sollen. Gleich­zeitig müssen sie vereinbaren, wie der Umgang des anderen, bei dem die Kinder nicht überwiegend sein werden, geregelt wird. Das kann der größte Streitpunkt sein. Im Alltag gibt es oft Probleme, wenn ein Elternteil die Entschei­dungen des anderen nicht akzeptieren will. Dann muss das Famili­en­gericht entscheiden, wem die Befugnis, die streitige Entscheidung zu treffen, übertragen wird.

Anwalt­auskunft: Wie muss man sich ein solches Verfahren vorstellen?

Rakete-Dombek: Das Famili­en­gericht entscheidet auf Antrag eines Elternteils. In dem Verfahren werden die Eltern und die Kinder angehört, oft erhalten die Kinder einen sogenannten Verfah­rens­beistand, einen Anwalt des Kindes. Das Jugendamt wird im Verfahren beteiligt. Häufig muss auch ein Gutachten eingeholt werden, das ermitteln soll, bei wem die Kinder besser aufgehoben sind oder welcher Umgang zu dem anderen Elternteil oder zu Dritten seinem Wohl dient.

Anwalt­auskunft: Das Sorgerecht unterscheidet sich vom Umgangsrecht - wie kann es aussehen?

Rakete-Dombek: Das Umgangsrecht muss nach der Trennung der Eltern manchmal geregelt werden. Es gibt zahllose Modelle, die von den jeweiligen Gegeben­heiten abhängen, zum Beispiel: Leben Eltern und Kinder in der gleichen Stadt, oder einer im Ausland? Wie sind die beruflichen Belastungen der Eltern oder das Alter des Kindes? Vorrangig sind die Eltern aufgerufen, sich darüber zu einigen. Nur wenn sie keine Einigung finden, entscheidet das Famili­en­gericht und regelt den Umgang.

Anwalt­auskunft: Haben außer den Eltern auch andere Umgangs­rechte mit dem Kind?

Rakete-Dombek: Ja, Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn er dem Wohl des Kindes dient. Auch enge Bezugs­personen des Kindes haben ein solches Recht, wenn sie für das Kind tatsächliche Verant­wortung tragen oder getragen haben. Neuerdings hat auch der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn er dem Kindeswohl dient, obwohl ein anderer Mann der rechtliche Vater ist.

Sie haben Fragen zu den Themen Trennung, Scheidung, Sorge- und Umgangsrecht? Hier finden Sie Rechts­an­wäl­tinnen und Rechts­anwälte, die Sie beraten.

Umgangsrecht der Großeltern muss konkret festgelegt werden

Das Umgangsrecht der Großeltern beschäftigt immer wieder die Gerichte. In einem Fall hat das Branden­bur­gische Oberlan­des­gericht entschieden, dass konkret festgelegt werden muss, wann die Großeltern das Kind sehen. Es hat ihnen in diesem Fall die erste Woche in den Herbst­ferien von Samstag zu Samstag als Umgangswoche mit ihrer Enkelin zugesprochen (Entscheidung vom 21. Februar 2014, AZ: 10 UF 159/13 UF). Die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über die Entscheidung.

Die Eltern des Mädchens leben getrennt. Das Kind lebt bei der Mutter, der Umgang mit dem Vater ist geregelt. Die Großeltern väterli­cherseits forderten 2012 Umgang mit ihrer Enkelin an jedem ersten Wochenende eines Monats sowie in den Herbst­ferien desselben Jahres. Dagegen wandte sich die Mutter.

Gericht: Großeltern haben Recht auf Umgang, wenn es dem Kindeswohl dient

Die Großeltern und die Mutter konnten eine Teilei­nigung erzielen. Das Oberlan­des­gericht sprach den Großeltern die erste Woche in den Herbst­ferien von Samstag zu Samstag als Umgangswoche zu. Grundsätzlich haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Enkel, wenn dieser dem Wohl des Kindes diene, erläuterten die Richter. Das sei hier der Fall. Und auch die Interessen der anderen Umgangs­be­rech­tigten widersprächen nicht dem Ferien­umgang der Großeltern väterli­cherseits für eine Woche im Jahr. Es stünden ausreichend weitere Ferien­wochen zur Verfügung.

Der Umgang der Großeltern väterli­cherseits mit dem Kind in den Ferien müsse, anders als in erster Instanz entschieden, konkret geregelt und Art, Ort und Zeit des Umgangs genau festgelegt werden. Es müsse auch konkret geregelt werden, wann der Umgang zeitlich vorgesehen ist, also zum Beispiel in welcher Woche der Herbst­ferien er geplant sei.

Kein Umgang mit den Großeltern, wenn Loyali­täts­konflikt droht

Auch wenn es dem Kindeswohl dient, die Großeltern zu sehen, kann ein Gericht dagegen entscheiden. Zum Beispiel, wenn die Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind in einen Loyali­täts­konflikt geraten kann. So hat das Oberlan­des­gericht Oldenburg am 23.10.2017 entschieden (Beschluss, AZ: 3 UF 120/17).

In dem Fall wollten die Großeltern regelmäßig Zeit mit ihrem sieben­jährigen Enkel verbringen. Gleich­zeitig hatten sie Streit mit der Mutter. Sie sprachen ihr auf die Mailbox, dass sie ihr nicht mehr verzeihen würden. Zudem drohten sie, dem Jungen „die Wahrheit“ zu sagen. Sie forderten einen unbegleiteten Umgang mit dem Kind. Im Beisein der Mutter bei ihr zuhause, wie diese es angeboten hatte, wollten sie das Kind nicht treffen.

Das Amtsgericht Leer sprach sich in erster Instanz dagegen aus. Auch das Oberlan­des­gericht Oldenburg gestattete den Großeltern keinen unbegleiteten Umgang. Den Richtern zufolge sei zu befürchten, dass das Kind in einen Loyali­täts­konflikt gerate. Es gehe bei der Entscheidung allein um das Kindeswohl – welche Partei den Streit begonnen hat, sei hier unerheblich.

EuGH: Begriff Umgangsrecht umfasst auch Großeltern

Das Umgangsrecht schließt generell jedoch auch die Großeltern ein. Das geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 31. Mai 2018 hervor. Der Begriff umfasse nicht nur das Umgangsrecht der Eltern, sondern auch anderer Personen. Voraus­setzung sei, dass die Beziehung zu diesen Personen für das Kind wichtig ist. Dazu zählten insbesondere auch die Großeltern (AZ: C-335/17).

Geklagt hatte eine Bulgarin, deren Enkelsohn bei seinem Vater in Griechenland lebte. Sie beantragte, regelmäßig Zeit mit ihm verbringen zu können. Die bulgarischen Gerichte wiesen ihre Klage allerdings ab, da sie sich nicht für zuständig hielten. Der Brüssel-IIa-Verordnung nach sind die Gerichte am Wohnort des Kindes für Fragen des Umgangs­rechts zuständig. Die Verordnung regelt famili­en­rechtliche Fragen, die mehr als ein europäisches Land betreffen. Das Oberste Kassati­ons­gericht in Bulgarien – die höchste gerichtliche Instanz in Straf‑, Handels‑ und Zivilsachen – legte dem EuGH die Frage vor, ob das Umgangsrecht im Sinne der Verordnung auch für Großeltern gelte. Die Luxembourger Richter bestätigten das.

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Datum
Aktualisiert am
07.01.2015
Autor
red
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3418
Themen
Ehe Kinder­be­treuung Scheidung Trennung

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