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Urteil

Kirchliche Einrich­tungen dürfen Kopftuch verbieten

In bestimmten Berufen dürfen Arbeitgeber das Kopftuch verbieten. © Quelle: ERproductions Ltd/gettyimages.de

Sie hätte sogar die Haube einer Nonne getragen, um ihr Haar vor fremden Blicken zu schützen: Eine muslimische Kranken­schwester wollte in einer evange­lischen Klinik ein Kopftuch tragen, die Leitung sagte Nein. Nun hatte Deutschlands höchstes Arbeits­gericht das Wort.

Kirchliche Einrich­tungen dürfen ihren Mitarbei­te­rinnen in der Regel verbieten, im Dienst ein islamisches Kopftuch zu tragen. Das hat das Bundes­ar­beits­gericht in Erfurt am Mittwoch entschieden. Die Richter stellten das Selbst­be­stim­mungsrecht der Kirchen damit über das indivi­duelle Recht auf Religi­ons­freiheit. Mitarbeiter in kirchlichen Einrich­tungen seien mindestens zu neutralem Verhalten verpflichtet, erklärte eine Gerichts­spre­cherin.

Damit sei das Kopftuch als Symbol des islamischen Glaubens in der Regel nicht vereinbar, entschied der Fünfte Senat (AZ: 5 AZR 611/12). Im Einzelfall könne eine Entscheidung aber auch anders ausfallen, zum Beispiel wenn jemand in einem Labor arbeite und wenig Kontakt zu Außenste­henden habe, sagte die Sprecherin. Die konkrete Klage einer muslimischen Kranken­schwester verwiesen die Richter allerdings zurück an das Landes­ar­beits­gericht Hamm.

BAG verhandelt erstmals Kopftuch­streit bei kirchlichem Arbeitgeber

Das Bundes­ar­beits­gericht verhandelte erstmals einen Kopftuch­streit bei einem kirchlichen Arbeitgeber. Bisher gab es höchst­rich­terliche Entschei­dungen nur zum Umgang mit dem Kopftuch in privaten und staatlichen Einrich­tungen. Einer Verkäuferin darf das Kopftuch nicht verboten werden, einer Lehrerin an einer staatlichen Schule schon.

Die 36-jährige Klägerin streitet seit mehreren Jahren mit einer Klinik in Bochum, die von einer evange­lischen Stiftung getragen wird. Die Frau hatte dort jahrelang ohne Kopfbe­deckung gearbeitet. Nach einer längeren Jobpause wegen Elternzeit und Krankschreibung wollte sie 2010 an ihren Arbeitsplatz zurück­kehren - nun mit Kopftuch. Die Klinik lehnte das ab.

Vor Gericht verteidigte die Frau ihr Kopftuch: „Es sollte die weiblichen Reize bedecken." Sie habe der Klinik auch Alternativen angeboten, zum Beispiel eine Kappe, die Haube einer Nonne oder ein weißes Kopftuch passend zum Kittel. Ihr Anwalt Abdullah Emili sagte, seine Mandantin habe sich seit ihrer Ausbildung in der Klinik viel mit dem Leiden der Patienten und dem Tod beschäftigt. „Sie ist praktisch durch den Job religiöser geworden."

Kopftuch als Symbol des Islam

Aus Sicht des Anwalts der Klinik, Sascha Leese, kommt es auf die Größe oder Farbe des Kopftuchs aber am Ende nicht an. Es bleibe ein Symbol des Islams. Die Klinik beruft sich auf das kirchliche Selbst­be­stim­mungsrecht, wonach Kirchen ihre Angele­gen­heiten selbst ordnen dürfen. Das Krankenhaus verlangt von seinen nicht-christ­lichen Mitarbeitern Neutralität. „Wir erwarten nicht, dass sie sich offen zum christ­lichen Glauben bekennen", sagte Anwalt Leese.

Das Bundes­ar­beits­gericht verwies den Fall nun zurück an die Vorinstanz. Nach Ansicht der Erfurter Richter ist unklar, ob die Frau überhaupt arbeitsfähig war, als sie ihren Dienst wieder antreten wollte. Ihr Arzt hatte eine Wieder­ein­glie­derung vorgeschlagen. Die Frau war nach der Auffor­derung, kein Kopftuch mehr zu tragen, nicht mehr zum Dienst gekommen. Sie forderte nun ihren seither ausste­henden Lohn. Das Krankenhaus hatte ihr nicht gekündigt.

Für die Richter ist auch nicht geklärt, ob es sich bei der Klinik wirklich um eine Einrichtung der evange­lischen Kirche handelt. Die Klinik bezeichne sich als evange­lische Einrichtung, sagte die Gerichts­spre­cherin. Getragen werde sie aber von einer gemein­nützigen Gesell­schaft, deren Gesell­schafter in den Vorinstanzen nicht genau benannt worden seien. In dem Fall müsse geklärt werden, ob die Kirche einen ausrei­chenden Einfluss auf die Arbeit in der Klinik hat.

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Datum
Aktualisiert am
25.09.2014
Autor
dpa
Bewertungen
568
Themen
Krankenhaus Persön­lich­keits­rechte

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