Der Gesetzgeber hat klare Grenzen gezogen: Eine selbstbefreiende Strafanzeige rettet Steuerhinterzieher nur dann vor einer Verurteilung, wenn alles auf den Tisch kommt. Steuersünder „dürfen nichts verbergen, wenn sie in einem Ermittlungsverfahren ohne Strafe davonkommen wollen“, sagt Rechtsanwalt Sebastian Korts aus der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltverein.
Die meisten Selbstanzeiger kommen ohne Prozess davon
"Die meisten Selbstanzeigen gehen durch", sagt Korts. Die Statistik gibt ihm Recht: Das Bundesministerium für Finanzen hat für 2012 aufgeschlüsselt, dass die Finanzämter bundesweit rund 70.000 Strafverfahren wegen Steuerdelikten nachgegangen sind. 6.000 dieser Fälle landeten vor Gericht und wurden auch verurteilt - in rund 300 Fällen wurde eine Freiheitsstrafe verhängt.
„Ein Fall landet immer nur dann vor Gericht, wenn wir nicht mehr die Möglichkeit haben mit der Alternative durchzudringen, dass der Fall eingestellt wird“, erklärt Korts: „Ein Gerichtsverfahren ist das Worst-Case-Szenario. Da muss im Vorfeld schon einiges kaputt gegangen sein.“ Auf den Fall Hoeneß angesprochen und warum der Bayern-Manager trotz Selbstanzeige vor Gericht landet, antwortet Korts: „Es kann wohl nur so sein, dass die Selbstanzeige nicht richtig oder nicht vollständig war.“
Das wollen Bund und Länder ändern
Auf den Tisch kommt bislang alles, was sich in den fünf Jahren vor der Selbstanzeige an Steuersünden angehäuft hat. Auf die Jahre davor hat der Fiskus keinen Zugriff. Das soll sich ändern. Bund und Länder fordern entgegen der Verjährungsfrist, dass Steuersünder Einnahmen und Ausgaben künftig einer Dekade offenlegen müssen: zehn Jahre.
Zudem sollen die Grenzen zur „schweren Steuerhinterziehung“ enger gezogen werden. Galt bislang erst als schwerer Steuersünder, wer mehr als 50 000 Euro hinterzogen hatte, soll dieser Betrag zukünftig niedriger angesetzt werden.
So gehen die Fahnder vor: Überraschungsmoment Hausdurchsuchung
Aller Anfang im Steuerstrafverfahren ist der Verdacht und der basiert häufig auf einer anonymen Anzeige beim Finanzamt. „Das kann zum Beispiel die Ehefrau sein, die sich innerhalb eines Scheidungsverfahrens an ihrem Mann rächen will oder aber ein Mitarbeiter im Unternehmen“, erzählt Rechtsanwalt Korts aus der Praxis. Der Betroffene bekommt davon im Zweifel erst dann mit, wenn die Fahnder mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür stehen. Dass nach erstem Verdacht ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, muss das Finanzamt dem Betroffenen erst mal nicht offenbaren: Vor allem dann nicht, wenn die Beamten mutmaßen, der Verdächtige könne versuchen, Beweise verschwinden zu lassen.
Kooperieren oder Aussage verweigern?
Beides! Stehen die Fahnder bereits im heimischen Arbeitszimmer, stellen sich Verdächtige besser, wenn sie kooperieren: Wenn sie den Beamten zeigen, wo sie gesuchte Unterlagen finden, können nebenbei auch weitere Zufallsfunde vermieden werden. Letztlich dürfen Steuerpflichtige nicht angehalten werden, Dokumente freiwillig herauszugeben. Im Zweifel müssen die Beamten beschlagnahmen.
Auf Fragen der Steuerfahnder sollte man hingegen erst mal nicht eingehen. Wie bei jeder strafrechtlichen Ermittlung haben Verdächtige das Recht zu schweigen. Anstatt sich um Kopf und Kragen zu reden, sollte besser ein Fachanwalt für Steuerrecht auf die Fragen der Fahnder eingehen. Während einer Hausdurchsuchung dürfen Beschuldigte jederzeit einen Anwalt zu Rate ziehen. "Zur Not kann auch ein Familienangehöriger angerufen werden, der sich um einen Rechtsanwalt kümmert", sagt Steuerrechtler Korts.
Den Fall vor den Gerichtstüren abfangen
Ist der Beschuldigte der Steuerhinterziehung überführt, kann der Fall gegen Geldauflagen eingestellt werden, ehe die Fahnder an die Staatsanwaltschaft übergeben: Die Strafakte wird geschlossen, wenn die strafbefreiende Selbstanzeige korrekt gestellt und die hinterzogene Steuer nachentrichtet wurde. Eine Geldstrafe müssen Steuerhinterzieher nicht befürchten. Allerdings wird ab einem hinterzogenen Betrag von über 50.000 Euro eine Geldauflage in Höhe von 5% der hinterzogenen Steuern fällig.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- kgl